Nicht selten kommt es bei der außergerichtlichen Schadensregulierung dazu, dass der Versicherer Teilzahlungen leistet und man sich dann auf eine abschließende Schlusszahlung einigt.

Hinsichtlich der Geschäftsgebühr ergeben sich keine Probleme. Der Gegenstandswert der Geschäftsgebühr bemisst sich nach der Summe aller Schadenspositionen, die der Anwalt geltend machen sollte. Diese Geschäftsgebühr ist dann nach dem sog. Erledigungswert zu erstatten, also nach dem Gesamtwert aller Schadenspositionen, die vom Versicherer reguliert worden sind.

Mit der Einigungsgebühr verhält es sich dagegen differenzierter. Die Einigungsgebühr fällt nämlich nur aus denjenigen Schadenspositionen an, über die man sich geeinigt hat. Sind zuvor Teilzahlungen geleistet worden, so ist zu differenzieren:

  Haben die Teilzahlungen zu einer Erfüllung bestimmter Schadenspositionen geführt, dann sind diese damit aus dem Streit und können von der Schlusszahlung nicht mehr erfasst sein.
  Sind die Teilzahlungen dagegen ohne Erfüllungswirkung geleistet worden, also als Vorschuss zur beliebigen Verrechnung, dann sind alle Schadenspositionen weiterhin im Streit geblieben und folglich durch die Schlusszahlung einigungsweise erledigt worden.
 

Beispiel

Der Anwalt macht für den Geschädigten geltend:

 
Sachschaden 8.000,00 EUR
Kostenpauschale 30,00 EUR
Wertminderung 500,00 EUR
Mietwagenkosten 1.000,00 EUR
Schmerzensgeld 800,00 EUR
Gesamt 10.330,00 EUR

a) Der Versicherer zahlt den Sachschaden, die Kostenpauschale und die Wertminderung mit insgesamt 8.530,00 EUR.

Später einigt man sich, dass auf Mietwagenkosten und Schmerzensgeld ein Betrag i.H.v. 1.200,00 EUR gezahlt werde.

Die Geschäftsgebühr ist für den Anwalt angefallen aus dem Gesamtbetrag, also aus 10.330,00 EUR.

Die Einigungsgebühr ist dagegen nur aus dem Wert von Mietwagenkosten und Schmerzensgeld angefallen, also aus 1.800,00 EUR.

Zu erstatten ist die Geschäftsgebühr aus dem Gesamtwert aller berechtigten Ansprüche, also aus 9.730,00 EUR.

Die Einigungsgebühr ist zu erstatten aus dem Betrag, der aufgrund der Einigung gezahlt worden ist, also aus 1.200,00 EUR.

Die Abrechnung mit dem Mandanten sieht daher wie folgt aus:

 
1. 1,3-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV   785,20 EUR
  (Wert: 10.730,00 EUR)    
2. 1,5-Einigungsgebühr, Nr. 1000 VV   225,00 EUR
  (Wert: 1.800,00 EUR)    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.030,20 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   195,74 EUR
  Gesamt   1.225,94 EUR

Zu erstatten ist folgende Vergütung:

 
1. 1,3-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV   725,40 EUR
  (Wert: 9.730,00 EUR)    
2. 1,5-Einigungsgebühr, Nr. 1000 VV   172,50 EUR
  (Wert: 1.200,00 EUR)    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 917,90 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   174,40 EUR
  Gesamt   1.092,30 EUR

b) Der Versicherer zahlt 8.000,00 EUR akonto zur beliebigen Verrechnung. Später einigt sich der Anwalt mit dem Versicherer, dass zum Ausgleich aller Schadenspositionen noch weitere 1.200,00 EUR gezahlt werden.

Die Zahlung zur beliebigen Verrechnung hat keine Erfüllungswirkung, sodass nach wie vor sämtliche Schadensersatzansprüche im Streit geblieben sind. Erst durch die Einigung auf eine Schlusszahlung ist Erfüllungswirkung eingetreten. Daher ist in diesem Fall der Gesamtwert für die Einigungsgebühr maßgebend.

Abzurechnen ist also gegenüber dem Mandanten wie folgt:

 
1. 1,3-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV     785,20 EUR
  (Wert: 10.730,00 EUR)      
2. 1,5-Einigungsgebühr, Nr. 1000 VV     906,00 EUR
  (Wert: 10.730,00 EUR)      
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV     20,00 EUR
  Zwischensumme 1.711,20 EUR    
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV     325,13 EUR
  Gesamt     2.036,33 EUR

Hiervon zu erstatten sind vom gegnerischen Versicherer:

 
1. 1,3-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV     725,40 EUR
  (Wert: 9.730,00 EUR)      
2. 1,5-Einigungsgebühr, Nr. 1000 VV     837,00 EUR
  (Wert: 9.730,00 EUR)      
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV     20,00 EUR
  Zwischensumme 1.582,40 EUR    
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV     300,66 EUR
  Gesamt     1.883,06 EUR

Rechtsanwalt Norbert Schneider

AGS 5/2020, S. 224 - 225

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