Die Erhebung der Verjährungseinrede durch die Vertreterin der Staatskasse stellt nach Auffassung des OLG Hamm auch keine unzulässige Rechtsausübung i.S.v. § 242 BGB dar. Eine unzulässige Rechtsausübung sei nur dann anzunehmen, wenn besondere Umstände vorlägen, die die Einrede als groben Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen ließen (Beck OK BGB/Henrich: Stand: 1.2.2023, § 214 BGB Rn 9). Voraussetzung hierfür sei, dass der Schuldner den Gläubiger durch sein Verhalten objektiv – sei es auch unabsichtlich – davon abgehalten habe, verjährungshemmende Maßnahmen zu ergreifen und die spätere Verjährungseinrede unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls mit dem Gebot von Treu und Glauben unvereinbar wäre (BGH NJW-RR 2022, 740 m.w.N.). Insofern sei ein strenger Maßstab anzulegen (BGH, Beschl. v. 6.11.2018 – XI ZR 369/18).

Hiervon ausgehend könne vorliegend ein grober Treueverstoß nicht darin erblickt werden, dass das LG Bochum den am 14.12.2023 eingegangenen Antrag nicht verjährungsfristwahrend bis zum 31.12.2023 an das OLG weitergeleitet habe. Da die Prüfung der Verjährungsfrist nicht zu den Aufgaben des LG gehöre, käme ein grober Treueverstoß allenfalls dann in Betracht, wenn sich dem LG die Eilbedürftigkeit der Weiterleitung hätte aufdrängen müssen und es gleichwohl die unverzügliche Weiterleitung des Antrags unterlassen habe. Dies sei indes nicht der Fall. Im Pauschvergütungsantrag werde zum einen nicht auf die Eilbedürftigkeit der Angelegenheit hingewiesen. Zum anderen hätten unter Berücksichtigung der Weihnachtsfeiertage zwischen Antragseingang und Ablauf der Verjährungsfrist lediglich neun Arbeitstage gelegen. Dass in dieser Zeitspanne keine Weiterleitung an das OLG erfolgt, stelle jedenfalls bei mangelndem Hinweis auf die Eilbedürftigkeit keine grobe Treuwidrigkeit dar.

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