1. Grundsatz

Der Entscheidung des OVG Sachsen-Anhalt ist zuzustimmen. Hat das Erstgericht – hier das VG Halle (Saale) – die Beschwerde gegen seine Entscheidung nicht gem. § 68 Abs. 1 S. 2 GKG zugelassen, muss der Wert des Beschwerdegegenstandes den Betrag von 200,00 EUR übersteigen, also mindestens 200,01 EUR betragen. Zu Recht weist das OVG Sachsen-Anhalt darauf hin, dass es für die Bemessung des Beschwerdewertes nicht auf die Differenz zwischen dem begehrten und dem festgesetzten Streitwert ankommt, sondern auf die Differenz der Kosten, die sich nach dem festgesetzten Streitwert einerseits und dem mit der Beschwerde begehrten Streitwert andererseits ergeben (so bereits der 1. Senat des LSG Sachsen-Anhalt AGS 2013, 427 und der 2. Senat hier).

2. Fallgestaltungen

a) Beschwerde des Rechtsanwalts im eigenen Namen

Gem. § 32 Abs. 1 RVG ist die für die Gerichtsgebühren maßgebende gerichtliche Festsetzung des Streitwertes auch für die Berechnung der Gebühren des Rechtsanwalts maßgebend. Deshalb räumt § 32 Abs. 2 S. 1 RVG dem Rechtsanwalt das Recht ein, die Festsetzung des Streitwertes zu beantragen und gegen eine erfolgte Streitwertfestsetzung Rechtsmittel aus eigenem Recht einzulegen. Auch die im eigenen Namen von dem Rechtsanwalt eingelegte Beschwerde ist über § 32 Abs. 2 RVG nach § 68 Abs. 1 S. 1 GKG nur dann zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 EUR übersteigt. Dieser Beschwerdewert errechnet sich aus dem Unterschiedsbetrag zwischen der entstandenen und voraussichtlich noch entstehenden Gesamtvergütung des Rechtsanwalts, die sich aufgrund der bisherigen Festsetzung gerade für diesen Anwalt als Beschwerdeführer ergibt und der entstandenen und voraussichtlich entstehenden Gesamtvergütung, die sich nach dem behaupteten und vom Anwalt mit seiner Beschwerde erstrebten Streitwert ergibt (OLG Düsseldorf JurBüro 2021, 307).

b) Beschwerde des PKH-Anwalts im eigenen Namen

Legt der einer Partei im Wege der PKH oder VKH beigeordnete Rechtsanwalt gem. § 32 Abs. 2 S. 1 RVG die Beschwerde gegen die gerichtliche Streitwertfestsetzung im eigenen Namen ein, gilt das vorstehend unter III. 2. a) Gesagte ebenso. Dabei sind der Berechnung des Beschwerdewertes die Anwaltsgebühren nach der Wahlanwaltsgebühren-Tabelle des § 13 RVG und nicht die (ggf. niedrigeren) Gebühren nach der PKH-/VKH-Anwaltsgebührentabelle des § 49 RVG zugrunde zu legen (NK-GK/N. Schneider, 2. Aufl., § 68 GKG Rn 55).

c) Beschwerde der Partei

Legt die Partei selbst Beschwerde ein oder wird sie hierbei von ihrem Prozessbevollmächtigten vertreten, bemisst sich der Beschwerdewert wie folgt:

Maßgeblich ist zunächst die Differenz der Anwaltsgebühren, die die Partei ihrem Prozessbevollmächtigten schuldet, berechnet nach dem festgesetzten und dem begehrten Wert.
Ist die Partei Kostenschuldner der Gerichtskosten (sei es als Erstschuldner gem. § 22 GKG oder als Zweitschuldner nach § 29 GKG), bemisst sich der Beschwerdewert ferner nach der Differenz der Gerichtsgebühren nach dem festgesetzten Streitwert einerseits und dem begehrten Streitwert andererseits.
Ist die beschwerdeführende Partei ferner verpflichtet, dem Gegner die Kosten des Rechtsstreits/gerichtlichen Verfahrens zu erstatten, ist für die Bemessung des Beschwerdewertes auch die Differenz des Erstattungsbetrags nach dem festgesetzten Streitwert einerseits und dem beantragten Streitwert andererseits maßgebend (NK-GK/N. Schneider, a.a.O.).

Sind in dem betreffenden Fall alle drei Varianten einschlägig, so berechnet sich der Beschwerdewert aus der Summe der jeweils zu ermittelnden Differenzbeträge.

d) Beschwerde der Staatskasse

Die Beschwerde der Staatskasse kann zulässiger Weise einmal auf Erhöhung des Streitwertes gerichtet sein, weil dies bei den streitwertabhängigen Gerichtsgebühren zu einem höheren Gebührenbetrag führt. Die Beschwerde der Staatskasse kann jedoch auch mit dem Ziel der Herabsetzung des Streitwertes zulässig sein, etwa wenn einer Partei PKH/VKH unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten bewilligt worden ist. In beiden Fällen berechnet sich der Beschwerdewert aus der Differenz der Gerichtsgebühren nach dem festgesetzten Streitwert einerseits und dem von der Staatskasse für zutreffend erachteten Streitwert andererseits.

Ist einer Partei oder einem Beteiligten PKH/VKH bewilligt worden, ist zusätzlich als Beschwerdewert die Differenz zwischen den Wahlanwaltsgebühren nach dem festgesetzten Streitwert einerseits und dem für richtig erachteten Streitwert andererseits hinzuzurechnen. Auch hier sind die ggf. niedrigeren PKH-/VKH-Anwaltsgebühren nach der Tabelle des § 49 RVG für die Berechnung des Beschwerdewertes nicht maßgeblich. Dem PKH-/VKH-Anwalt stehen zwar aus der Staatskasse grds. nur die Wertgebühren nach der Tabelle des § 49 RVG zu. Unter den in § 50 RVG genannten Voraussetzungen kann dem beigeordneten Rechtsanwalt auch eine weitere Vergütung aus der Staatskasse zustehen, die sich dann nach der Wahlanwaltsgebührentabelle des § 13 RVG berechnet und von der dann die ausgezahlten PKH-An...

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