Über die Entwicklung der Rspr. zu den Teilen 4–7 VV aus den Jahren 2020/2021 wurde zuletzt in AGS 2022, 145 ff. berichtet. Die nachfolgende Übersicht enthält eine Zusammenstellung der im Anschluss daran ergangenen bzw. bekannt gewordenen Rspr. Es sind auch die mit § 14 RVG zusammenhängenden Entscheidungen enthalten. Der Stand des Beitrags ist Anfang Februar 2023.

 
Hinweis
 
Norm Gericht/Fundstelle Inhalt
I. Paragrafenteil
§ 10 RVG BGH, Urt. v. 3.3.2022 – IX ZR 78/20, AGS 2022, 350 [Hansens] = NJW 2022, 2038 = zfs 2022, 581 m. Anm. Hansens Es kann mit dem Mandanten vereinbart werden, dass der Rechtsanwalt sein Honorar einfordern und durchsetzen kann, ohne den Mandanten eine Berechnung mit näheren Angaben mitteilen zu müssen.
  OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27.10.2022 – I-3 W 111/22, AGS 2022, 545 Eine Honorarberechnung nach § 10 Abs. 1 S. 1 RVG geht dem Mandanten nicht in der erforderlichen schriftlichen Form zu, wenn die Berechnung vom Rechtsanwalt mit einfacher Signatur über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) an das Gericht übermittelt und dem Mandanten vom Gericht als Ausdruck zugeleitet wird.
§ 11 RVG LG München, Beschl. v. 11.8.2022 – 4 O 10692/20, JurBüro 2022, 582 Die Hebegebühr kann im Vergütungsverfahren nach § 11 RVG festgesetzt werden.
§ 14 RVG LG Hamburg, Beschl. v. 6.4.2022 – 628 Qs 19/21, AGS 2022, 403 Der Rechtsanwalt darf nicht ohne Abwägung der Bemessungskriterien stets die Mittelgebühr abrechnen. Die Mittelgebühr ist lediglich Ausgangspunkt der Ermessensausübung des Rechtsanwalts. Soweit eines der Kriterien des § 14 Abs. 1 S. 1 RVG von dem Durchschnitt abweicht, ist dies Anlass für den Rechtsanwalt, von der Mittelgebühr nach oben oder nach unten abzuweichen. In diesem Sinne ist ein Verfahren, welches bis zur Hauptverhandlung einen Aktenumfang von 62 Blatt aufweist und in dem sich das Beweisprogramm im Wesentlichen in zwei Zeugen erschöpft, als unterdurchschnittlich zu bewerten; jedenfalls soweit kein anderes Bemessungskriterium nach oben hin von der Norm abweicht. Dies gilt auch dann, wenn es im Rahmen des gleichen Lebenssachverhalts eine Gegenanzeige des mutmaßlich Geschädigten – und damit ein "gegenläufiges Ermittlungsverfahren" – gibt.
  LG Ravensburg, Beschl. v. 16.5.2022 – 1 Qs 19/22, AGS 2022, 304 Zur Festsetzung von Verfahrensgebühr und Terminsgebühr für den Nebenklägervertreter in einem amtsgerichtlichen Verfahren in Höhe der Mittelgebühr.
Strafverfahren LG Cottbus, Beschl. v. 20.1.2022 – 24 Kls 34/20, AGS 2022, 113

1. Die Terminsgebühr für den gerichtlichen Termin erfasst neben der Teilnahme an gerichtlichen Terminen, noch solche Tätigkeiten, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der konkreten Vorbereitung des Termins stehen, wie z.B. die nochmalige Aktendurchsicht oder die Überprüfung, ob alle in der Anklageschrift oder vom Verteidiger benannten Zeugen geladen wurden. Alle sonstigen Tätigkeiten des Rechtsanwalts, die der Vorbereitung bzw. der Verteidigung in der Hauptverhandlung gelten, wie z.B. eine nochmalige Besprechung mit dem Mandanten oder Befassung mit Zeugenaussagen etc., werden hingegen von der Verfahrensgebühr Nr. 4112 VV abgegolten.

2. Als durchschnittlich und damit grds. die Mittelgebühr rechtfertigend ist eine ca. 5-stündige Hauptverhandlung vor der Strafkammer anzusehen.

3. Die Dauer der Teilnahme eines Rechtsanwalts an der Hauptverhandlung bestimmt sich aus dem in der Sitzungsniederschrift vermerkten tatsächlichen Beginn der Sitzung. Gem. § 243 Abs. 1 S. 1 StPO beginnt die Hauptverhandlung mit dem Aufruf der Sache. Verzögerungen können sich insoweit nicht auf die Terminsgebühr auswirken.
  OLG Düsseldorf RVGreport 2012, 378 = AGS 2012, 566 = StRR 2012, 238 = NStZ-RR 2012, 264 = JurBüro 2012, 424 Bußgeldverfahren, die erstinstanzlich vor dem OLG verhandelt werden, sind in der Regel bedeutend.
Bußgeldverfahren LG Heilbronn, Beschl. v. 21.3.2022 – 8 Qs 12/22, Rpfleger 2022, 482

1. In den "Normalfällen", in denen sämtliche nach § 14 Abs. 1 S. 1 RVG zu berücksichtigenden Umstände durchschnittlicher Art sind, wird von der Mittelgebühr ausgegangen.

2. Jedoch kann jedes der Bemessungskriterien des § 14 Abs. 1 S. 1 RVG Anlass sein, vom Mittelwert nach oben oder unten abzuweichen. Dabei kann das geringere Gewicht eines Merkmals das überragende Gewicht eines anderen Merkmals kompensieren.
  AG Offenbach, Beschl. v. 15.7.2021 – 275 Owi 248/21, AGS 2021, 556 [N. Schneider] = JurBüro 2022, 22 Bei einem Verkehrsordnungswidrigkeitenverfahren, dem ein standardisiertes Messverfahren zugrunde liegt und das bereits bei der Behörde wegen Verjährung eingestellt wird, sind in der Regel Gebühren deutlich unterhalb der Mittelgebühr festzusetzen.
  AG Paderborn, Urt. v. 7.12.2021 – 51a C 113/21, AGS 2022, 255 [Burhoff]

1. Auch bei straßenverkehrsrechtlichen Bußgeldverfahren ist grds. der Ansatz der Mittelgebühr als Ausgangspunkt gerechtfertigt.

2. Eine Angelegenheit mit dem Vorwurf eines Rotlichtverstoßes ist durchschnittlich.

3. Zur Bemessung der Terminsgebühr, wenn streitig ist, wie lange d...

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