Ich habe so meine Bedenken, ob die Entscheidung des OLG Naumburg richtig ist. Bei der Erstattungsfähigkeit von Kosten, die durch Einschaltung eines Terminsvertreters entstanden sind, muss zwischen zwei verschiedenen Fallgestaltungen unterschieden werden.

1. Der Mandant beauftragt den Terminsvertreter selbst

Beauftragt der Mandant entweder durch eigene Erklärungen oder vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten den Terminsvertreter im eigenen (also des Mandanten) Namen, so schuldet der Mandant dem Terminsvertreter aus dem damit zustande gekommenen Anwaltsdienstvertrag die gesetzliche Vergütung nach Maßgabe der Nrn. 3401 ff. VV. Daneben schuldet der Mandant natürlich auch die Vergütung seines Prozessbevollmächtigten. Durch diese Art der Vertretung, nämlich einerseits durch den Prozessbevollmächtigten und andererseits durch den Terminsvertreter, entstehen im Regelfall Mehrkosten. Diese Mehrkosten sind grds. nur erstattungsfähig, wenn einmal die Voraussetzung für die Erstattung von Terminsreisekosten für den Prozessbevollmächtigten vorliegen und die durch die Einschaltung des Terminsvertreters entstandenen Mehrkosten die hierdurch ersparten Terminsreisekosten des Prozessbevollmächtigten nicht wesentlich, nicht über 10 %, übersteigen (BGH AGS 2015, 241 = RVGreport 2015, 267 [Hansens]; BGH RVGreport 2012, 423 [Ders.]; BGH RVGreport 2006, 275 [Ders.]).

Ein solcher Fall hat hier nicht vorgelegen.

2. Der Prozessbevollmächtigte beauftragt den Terminsvertreter im eigenen Namen

In vielen Fällen und auch im Fall des OLG Naumburg hier beauftragt der Prozessbevollmächtigte den Terminsvertreter im eigenen Namen. Die Vergütung des Terminsvertreters richtet sich dann nach der internen Vereinbarung zwischen dem Hauptbevollmächtigten und dem Terminsvertreter. Dabei können auch die sonst für einen Auftrag des Terminsvertreters durch die Partei anfallenden gesetzlichen Gebühren und Auslagen unterschritten werden (BGH AGS 2001, 51 = BRAGOreport 2001, 26 [Hansens]). Es kommt auch vor, dass für die Tätigkeit des Terminsvertreters im Auftrag des Prozessbevollmächtigten keine Vergütung vereinbart wird, wenn der Terminsvertreter etwa "kollegialiter" tätig wird (Gerold/Schmidt/Mayer, RVG, 25. Aufl., 2021, § 5 Rn 8).

Ob vorliegend die beiden von den Prozessbevollmächtigten der Klägerin im eigenen Namen beauftragten Terminsvertreter aufgrund der internen Vereinbarung zwischen den Anwälten überhaupt einen Vergütungsanspruch hatten und welche Höhe dieser ggfs. hatte, wird vom OLG Naumburg nicht mitgeteilt.

a) Mandant hat keine Kosten

In dieser Fallgestaltung schuldet der Mandant dem Vertreter mangels Bestehens eines Vertragsverhältnisses nichts. Denn gesetzliche Gebühren und Auslagen für den Terminsvertreter fallen nur dann an, wenn der Terminsvertreter von dem Mandanten selbst oder in dessen Namen beauftragt worden ist (BGH AGS 2011, 568 = RVGreport 2011, 398 [Hansens] = zfs 2011, 582; OLG Koblenz AGS 2016, 152 und AGS 2018, 156). Dies hat nach der ganz überwiegenden Auffassung in der Rspr. zur Folge, dass dem Mandanten für die Tätigkeit des Terminsvertreters keine Kosten entstanden sind und Kosten auch nicht mit dem Hinweis auf fiktive, durch die Beauftragung des Terminsvertreters ersparte Reisekosten des Prozessbevollmächtigten geltend gemacht werden können. Fiktive, also ersparte, Kosten können nämlich nur anstelle von tatsächlich angefallenen Kosten erstattungsfähig sein, die der Partei für die Terminswahrnehmung durch einen von ihr nicht beauftragten Terminsvertreter jedoch gerade nicht entstanden sind (OLG Stuttgart AGS 2017, 540 = RVGreport 2017, 428 [Hansens]; LAG Berlin-Brandenburg AGS 2019, 436 m. Anm. N. Schneider = RVGreport 2019, 261 [Hansens]; LAG Nürnberg AGS 2019, 574 m. Anm. N. Schneider; LG Flensburg RVGreport 2018, 388 [Ders.]; OLG Koblenz AGS 2013, 150 und AGS 2016, 152; OLG Hamm, Beschl. v. 15.10.2019 – 25 W 242/19; Hansens, RVGreport 2012, 122 f., 131, 248 f.; Saenger/Gierl, ZPO, 9. Aufl., 2021, § 91 Rn 56; Bischof/Jungbauer, RVG, 8. Aufl., 2018, Nr. 3401 VV Rn 63 ff.).

b) Ersparte Terminsreisekosten erstattungsfähig

Demgegenüber hält eine in der Lit. vertretene Minderauffassung unter unterschiedlichen Voraussetzungen die für den Terminsvertreter vom Prozessbevollmächtigten gezahlte Vergütung in Höhe ersparter, also fiktiver, Terminsreisekosten des Prozessbevollmächtigten für erstattungsfähig (Enders, JurBüro 2007, 1, 3; AnwK-RVG/N. Schneider, 9. Aufl., 2021, § 5 Rn 28 f.; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 25. Aufl., 2021, Nr. 3401 VV Rn 137a und b). Dies wird teilweise damit begründet, der Prozessbevollmächtigte, der die Aufwendungen für den Terminsvertreter aus seiner eigenen Vergütung bestreite, erspare dem Mandanten anderweitige Kosten. Diese Auffassung billigt dem erstattungsberechtigten Mandanten einen Kostenerstattungsanspruch dann zu, wenn seinem Prozessbevollmächtigten durch die Terminsvertretung tatsächlich Mehrkosten anfallen. Dies sei der Fall, wenn die über § 5 RVG verdiente Vergütung des Prozessbevollmächtigten...

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