Einführung

Wegen der Vergütung bei Prozesskosten- und Beratungshilfe ist in den vergangenen Monaten zahlreiche aktuelle Rspr. ergangen. Sie hat teilweise bestehende Rechtsauffassungen bestätigt, aber glücklicherweise zum Teil auch bestehende Streitfragen geklärt, wie etwa zum Vergütungsumfang aus der Staatskasse bei Abschluss eines Mehrvergleichs. Im Folgenden soll auf die wichtigsten aktuellen Entscheidungen hingewiesen werden.

1. Tätigkeit im PKH-Überprüfungsverfahren

Ist Prozesskostenhilfe (PKH) bewilligt, so kann das Gericht nach § 120a Abs. 1 S. 1 ZPO die PKH-Bewilligung abändern, wenn sich die wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse der PKH-Partei verändert haben. Bezieht die Partei ein laufendes monatliches Einkommen, liegt eine wesentliche Einkommensverbesserung nur vor, wenn die Differenz zum bisherigen Bruttoeinkommen nicht nur einmalig 100 EUR übersteigt (§ 120a Abs. 2 S. 2 ZPO). Eine Abänderung zum Nachteil der PKH-Partei ist nur statthaft, wenn seit der rechtskräftigen Entscheidung oder der sonstigen Beendigung des Verfahrens vier Jahre vergangen sind (§ 120a Abs. 1 S. 4 ZPO). Die Gerichte führen entsprechende Abänderungsverfahren regelmäßig durch, wobei die PKH-Partei verpflichtet ist, der Aufforderung des Gerichts nachkommen muss, Auskunft über die wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse Auskunft zu geben.

War die PKH-Partei in dem Verfahren durch einen Anwalt vertreten, so wird dieser oftmals in dem Abänderungs- oder Aufhebungsverfahren nach §§ 120a, 124 ZPO tätig. Das OLG Nürnberg[1] hat hierzu entschieden, dass der beigeordnete PKH-Anwalt für seine Tätigkeit in einem solchen Verfahren, keine gesonderte Vergütung geltend machen kann. Der Anwalt kann sich dabei auch nicht auf § 15 Abs. 5 S. 2 RVG berufen, wonach eine gesonderte Vergütung gefordert werden kann, wenn der frühere Auftrag seit mehr als zwei Kalenderjahren erledigt ist.[2] Der Auftrag zur Vertretung im PKH-Verfahren i.S.d. § 15 Abs. 5 S. 2 RVG ist nach Auffassung des OLG Nürnberg erst erledigt, wenn seit der Beendigung des Hauptverfahrens vier Jahre vergangen sind.

Eine gesonderte Vergütung kann deshalb auch dann nicht gefordert werden, wenn der Anwalt innerhalb der Vierjahresfrist mehrfach in einem Abänderungsverfahren tätig gewesen ist. Auch die Pauschale der Nr. 7000 VV kann nicht gefordert werden.

 

Beispiel

In einer Familiensache wegen Umgangsrecht wird VKH bewilligt und ein Anwalt beigeordnet. Das Verfahren wird 2018 durch streitige Endentscheidung beendet. Im Jahr 2020 wird ein VKH-Abänderungsverfahren (§ 120a ZPO) durchgeführt. Der Anwalt übersendet das ausgefüllte VKH-Formular an das Gericht. Eine Abänderung der VKH-Entscheidung erfolgt nicht.

Der Anwalt erhält folgende Vergütung aus der Staatskasse:

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV 261,30 EUR
  (Wert: 3.000,00 EUR)  
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV 241,20 EUR
  (Wert: 3.000,00 EUR)  
3. Postpauschale, Nr. 7002 VV 20,00 EUR
4. Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV 99,28 EUR
Gesamt 621,78 EUR

Für die Tätigkeit im VKH-Abänderungsverfahren erhält der Anwalt keine gesonderte Vergütung.

2. Vereinbarung eines Erfolgshonorars und Aufhebung der Beiordnung

§ 4a Abs. 1 S. 1 RVG sieht vor, dass ein Erfolgshonorar nur vereinbart werden darf, wenn der Auftraggeber ansonsten aufgrund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse von der Rechtsverfolgung abgehalten werden würde. Bei dieser Betrachtung hat nach § 4a Abs. 1 S. 3 RVG unberücksichtigt zu bleiben, dass der Auftraggeber Beratungshilfe oder PKH/VKH in Anspruch nehmen kann. Entspricht die Vergütungsvereinbarungen den Anforderungen des § 4a Abs. 1 RVG nicht, kann aus ihr keine höhere als die gesetzliche Vergütung gefordert werden (§ 4b S. 1 RVG).

Die Rspr. hat jüngst mehrfach entschieden, dass im Falle des Abschlusses einer Vergütungsvereinbarung PKH bewilligt werden kann, es aber nicht zwingend der Beiordnung eines Anwalts bedarf.[3] Dies entspreche auch Sinn und Zweck des § 4a Abs. 1 S. 3 RVG, deren Ziel es sei, Rechtsanwälten für eine Leistung, die zu einem erheblichen Vermögenszuwachs beim Antragsteller führt, eine angemessene Vergütung zukommen zu lassen. Zudem solle die Regelung Anreize schaffen, auch Mandate nicht bemittelter Rechtssuchender mit dem gebotenen Aufwand zu betreuen. Nach Auffassung des OLG Hamm[4] würden diese gesetzgeberischen Ziele nicht erreicht, wenn es der bedürftigen Partei verwehrt wäre, PKH hinsichtlich der Gerichtskosten zu beantragen, auf die Beiordnung eines Rechtsanwalts aber zu verzichten, da nicht jeder Anwalt zu einer Vertretung für die geringeren PKH-Gebühren des § 49 RVG bereit sei.

Der Abschluss eines Erfolgshonorars stellt somit nach Ansicht des OLG Hamm einen wichtigen Grund i.S.d. § 48 Abs. 2 BRAO dar, sodass der Anwalt die Aufhebung der Beiordnung beantragen kann.

Bestätigt hat das OLG Hamm zugleich, dass auch § 3a RVG dem Abschluss der Vergütungsvereinbarung und einer Aufhebung der Beiordnung nicht entgegensteht. Diese Regelung bewirkt in jedem Fall nur eine teilweise Nichtigkeit der Vereinbarung, soweit eine höhere als die gesetzliche Vergütun...

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