Die Klägerin begehrt als Bevollmächtigte von Frau B. in einem Widerspruchsverfahren gegenüber dem Beklagten die Erstattung ihrer Kosten; zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beklagte diesen Kostenerstattungsanspruch mit Forderungen gegenüber der Widerspruchsführerin aufrechnen durfte.

Die Klägerin ist Rechtsanwältin und vertrat Frau B. bei einem Widerspruch gegen einen Bescheid des Beklagten v.18.9.2012. In diesem Widerspruchsverfahren erließ der Beklagte mit Datum v. 12.6.2013 einen Teilabhilfe- und Widerspruchsbescheid, der eine Erstattung der zur Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu 17 % vorsah. Der Widerspruchsführerin war für dieses Verfahren Beratungshilfe bewilligt worden.

Die Klägerin stellte dem Beklagten (in eigenem Namen) die streitigen Kosten i.H.v. 52,60 EUR in Rechnung. Dazu erklärte der Beklagte, die Kosten seien dem Grunde nach erstattungsfähig. Er erkläre jedoch die Aufrechnung des Kostenerstattungsanspruchs mit einer ihr gegenüber noch bestehenden Rückzahlungsforderung aus einem Darlehen an sie. Dieses Schreiben übermittelte der Beklagte der Klägerin mit Schreiben v. 24.7.2013.

Dem lag ein bestandskräftiger Darlehensbescheid des Beklagten v. 12.3.2009 gegenüber der Widerspruchsführerin über die Gewährung eines Darlehens i.H.v. 3.700,00 EUR zugrunde. Zur Tilgung dieses Darlehens heißt es in diesem Bescheid, dass ab dem 1.4.2009 Raten i.H.v. 50,00 EUR monatlich von den zustehenden Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende einbehalten werde. Falls die Widerspruchsführerin aus dem Leistungsbezug ausscheide, bevor das Darlehen vollständig getilgt sei, würde der Restbetrag mit gesondertem Bescheid zurückgefordert. Außerdem heißt es, dass sich der Vermieter verpflichtet habe, die Geschäftsanteile nach Beendigung des Mietverhältnisses ausschließlich an den Hochtaunuskreis zu erstatten, wenn und soweit ihm keine Ansprüche aus dem Mietvertrag mehr zustünden. Diese Verpflichtung entfalle, sobald die Widerspruchsführerin das Darlehen in voller Höhe getilgt habe; der Anspruch auf Rückzahlung der Geschäftsanteile stehe dann der Widerspruchsführerin zu. Sei das Darlehen bei Beendigung des Mietverhältnisses teilweise getilgt, bleibe der Vermieter zwar zur Zahlung des Darlehens an den Hochtaunuskreis verpflichtet. Die Widerspruchsführerin habe aber einen Anspruch darauf, dass der Hochtaunuskreis die Geschäftsanteile – vorbehaltlich etwaiger Forderungen des Vermieters – bis zur Höhe des getilgten Betrages an sie weiterleite. Bis zur Erklärung der Aufrechnung mit Schreiben v. 24.7.2013 wurden auf diese Weise insgesamt 2.000,00 EUR getilgt.

Nachdem der Beklagte die Auszahlung der Kosten an die Klägerin endgültig abgelehnt hatte, erhob die Klägerin beim SG Klage.

Die Klägerin trug im Wesentlichen vor, die Aufrechnung des Erstattungsanspruchs sei ausgeschlossen, da der Anspruch durch die Gewährung einer Beratungshilfe v. gem. § 9 BerHG auf sie übergegangen sei. Der Beklagte trat dem entgegen. Die Aufrechnung sei wirksam erklärt worden. In Fällen des gesetzlichen Forderungsübergangs bleibe zugunsten des schutzwürdigen Schuldners dessen Aufrechnungsmöglichkeit auch gegenüber dem Neugläubiger (hier der Klägerin) bestehen.

Das SG verurteilte den Beklagten, an die Klägerin 52,60 EUR zuzüglich Zinsen zu zahlen und ließ die Berufung zu.

Zur Begründung führte das SG aus, die allgemeine Leistungsklage sei zulässig und begründet, § 54 Abs. 5 SGG. Die Klägerin habe einen Anspruch auf (anteilige) Zahlung ihrer Vergütung. Das Gericht folge aus eigener Überzeugung den rechtlichen Ausführungen des SG Berlin, Urt. v. 29.3.2016 – S 190 AS 3757/15, in einem vergleichbaren Verfahren.

Grds. stehe der Anspruch auf Übernahme der Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung einschließlich der Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwaltes für ein isoliertes Widerspruchsverfahren nach § 63 Abs. 1 S. 1 i.V.m. Abs. 2 SGB X zwar nur der Widerspruchsführerin gegenüber dem Beklagten, nicht dagegen der Rechtsanwältin im eigenen Namen zu (vgl. BSG, Urt. v. 25.2.2010 – B 11 AL 24/08 R [= AGS 2010, 434]; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 2.4.2012 – L 19 AS 312/12 B). Vorliegend seien jedoch die Voraussetzungen des Forderungsüberganges gem. § 9 S. 2 BerHG erfüllt, der auch Kostenerstattungsansprüche nach § 63 SGB X für die Vertretung in einem sozialrechtlichen Widerspruchsverfahren erfasse (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschl. v. 13.5.2014 – L 11 AS 1360/12 NZB). Nach dieser Vorschrift gehe ein Anspruch des Rechtsuchenden gegen seinen Gegner auf Ersatz der Rechtsverfolgungskosten in Höhe der gesetzlichen Rechtsanwaltsgebühren auf den Rechtsanwalt über. Hierbei handele es sich um einen gesetzlichen Anspruchsübergang, bei dem der Rechtsuchende sein Recht verliere und der Rechtsanwalt dieses Recht erwerbe. Der Rechtsanwalt trete damit an die Stelle des Rechtsuchenden als Gläubiger des Ersatzanspruchs (LSG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 6.5.2015 – L 6 AS 34/15 [= AGS 2015, 546]).

Die geltend gemachte Erstattungsforderung hinsichtlich der Auf...

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