Entscheidungsstichwort (Thema)

Höhe der dem im Wege der Beratungshilfe dem mandatierten Rechtsanwalt zu erstattenden Gebühren für dessen Tätigkeit in einem Widerspruchsverfahren

 

Orientierungssatz

1. Die Berufung gegen ein erstinstanzliches Urteil ist u. a. nach § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG bei grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.

2. Die Übernahme eines Betreuungshilfemandats durch einen Rechtsanwalt führt dazu, dass dieser gegenüber seinem Mandanten anstelle des üblichen Gebührenanspruchs lediglich Anspruch auf Zahlung der Beratungshilfegebühr in Höhe von 10.- €. gemäß § 44 S. 2 RVG i. V. m. Nr. 2500 VV RVG sowie gegenüber der Staatskasse die Gebührenansprüche nach § 44 RVG i. V. m. Nr. 2501 ff. VV RVG hat. Als Ausgleich für diese Beschränkung des Gebührenanspruchs sieht das Beratungshilfegesetz den Forderungsübergang nach § 9 S. 2 BerHG vor. Danach geht ein etwaiger Kostenerstattungsanspruch des Rechtsuchenden gegen den Gegner auf den Bevollmächtigten über.

3. Bei einem Direktzugang nach § 6 Abs. 2 BerHG erfolgt die Gewährung von Beratungshilfe direkt durch den in Anspruch genommenen Rechtsanwalt. Lediglich hinsichtlich eines etwaigen Anspruchs gegen die Staatskasse auf Zahlung der Gebühren nach § 44 RVG i. V. m. Nr. 2501 ff. VV RVG bedarf es noch einer gerichtlichen Entscheidung. Dementsprechend trägt bei Übernahme eines Beratungshilfemandats im Wege des sog. Direktzugangs der beauftragte Rechtsanwalt das Risiko, wenn die Voraussetzungen eines Beratungshilfeanspruchs nicht vorliegen und infolgedessen ein Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse nicht entsteht. Bereits die Übernahme des Beratungshilfemandats führt zur Begrenzung des Gebührenanspruchs auf die Gebührensätze nach Nr. 2500 ff. VV RVG sowie gleichzeitig zum Forderungsübergang nach § 9 S. 2 BerHG.

4. Die Frage abrechnungsfähiger Aufwendungen des im Rahmen der Beratungshilfe tätig gewordenen Rechtsanwalts beantworten sich direkt aus dem Gesetz und sind damit nicht mehr klärungsbedürftig, mit der Folge, dass eine Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nicht zuzulassen ist.

 

Tenor

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Hildesheim vom 10. Oktober 2012 wird zurückgewiesen.

Kosten für das Beschwerdeverfahren sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts (SG) Hildesheim vom 10. Oktober 2012, durch das ihre Klage auf Verurteilung des Beklagten zur Zahlung weiterer Kosten für das Widerspruchsverfahren abgewiesen worden ist.

Die 1985 geborene Klägerin steht im laufenden Bezug von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II). Für die Zeit vom 1. Januar bis 31. März 2010 verfügte der Beklagte mit Sanktionsbescheid vom 16. Dezember 2008 eine Absenkung der laufenden Leistungen. Die Klägerin beauftragte daraufhin Rechtsanwalt F. mit der Wahrnehmung ihrer Interessen. Hierbei handelte es sich “unbestritten um ein Beratungshilfemandat„ (vgl. Beschwerdebegründung der Klägerin vom 13. März 2013). Aufgrund des vom Bevollmächtigten der Klägerin eingelegten Widerspruchs hob der Beklagte den Sanktionsbescheid auf und übernahm gleichzeitig die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung entstandenen notwendigen Aufwendungen (unter Anerkennung der Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten, Abhilfebescheid vom 19. Mai 2010).

Den vom Bevollmächtigten der Klägerin für das Widerspruchsverfahren geltend gemachten Gebührenanspruch von 355,93 Euro kürzte der Beklagte auf 309,40 Euro. Dies begründete er damit, dass die in Rechnung gestellten Kosten für 144 Ablichtungen (39,01 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer = 46,53 Euro) nicht übernommen werden könnten. Es seien lediglich Computerscans in Dateiform erstellt worden (PDF-Datei) und keine Fotokopien. Auch sei es nicht erforderlich gewesen, die gesamte Fallakte der Klägerin einzuscannen (Kostenfestsetzungsbescheid vom 8. Dezember 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Februar 2011).

Die von der Klägerin hiergegen am 4. März 2011 eingelegte Klage hat das SG mit der Begründung abgewiesen, dass der streitbefangene Kostenerstattungsanspruch nicht der Klägerin, sondern ihrem Prozessbevollmächtigten zustehe. Dies ergebe sich aus § 9 Beratungshilfegesetz (BerHG). Die Klägerin sei dementsprechend für den geltend gemachten Anspruch nicht aktiv legitimiert. Ebenso wenig sei der Anspruch durch die Klägerin zulässigerweise in Prozessstandschaft für ihren Bevollmächtigten anhängig gemacht worden. Aufgrund der fehlenden Aktivlegitimation der Klägerin könne es dahinstehen, dass die Kostenentscheidung des Beklagten auch in der Sache nicht zu beanstanden sei. Die Erstattung von Auslagen für Ablichtungen setzte voraus, dass die Anfertigung von Kopien zur sachgemäßen Bearbeitung der Rechtssache geboten sei. Diese Voraussetzung sei weder “ansatzweise substantiiert noch belegt„ worden (Urteil vom 10. Oktober 2012).

Gegen das der Klägeri...

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