Entscheidungsstichwort (Thema)

Erstattung der Gebühren des Rechtsanwalts für ein isoliertes Widerspruchsverfahren

 

Orientierungssatz

1. Entscheidungsreif ist ein PKH-Gesuch, wenn ein Antragsteller einen bewilligungsreifen Antrag vorgelegt hat und der Gegner Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt hat. Bewilligungsreife und Entscheidungsreife können auseinanderfallen.

2. Bei dem Anspruch des beauftragten Rechtsanwalts für ein isoliertes Widerspruchsverfahren nach § 63 SGB 10 handelt es sich um einen Aufwendungsersatzanspruch des Widerspruchsführers gegenüber der Behörde. Nach § 10 RVG muss der Rechtsanwalt eine Berechnung der Gebühren und Auslagen aufstellen. Ist eine Berechnung des Vergütungsanspruchs des Bevollmächtigten für das Betreiben des Widerspruchsverfahrens gegenüber dem Mandanten noch nicht erfolgt, so ist eine Erstattungspflicht der Behörde gegenüber dem bevollmächtigten Anwalt ausgeschlossen.

 

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 30.01.2012 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Die Beschwerde ist unbegründet.

Die von der Klägerin eingeleitete Rechtsverfolgung hat zum Zeitpunkt der Entscheidung des erstinstanzlichen Gerichts, dem 30.01.2012, keine hinreichende Aussicht auf Erfolg geboten. Zu diesem Zeitpunkt ist die Klage wegen fehlenden Rechtschutzbedürfnisses unzulässig gewesen. Denn der Beklagte hat am 10.10.2011 nach Eingang einer Kostenerrechnung der Prozessbevollmächtigten die Kosten des isolierten Widerspruchsverfahrens nach § 63 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) in Höhe von 309,40 EUR an die Prozessbevollmächtigte überwiesen. Damit ist das Rechtschutzbedürfnis der Klägerin entfallen.

Auch wenn für die Prüfung der Erfolgsaussicht nicht auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (vgl. hierzu Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 73a Rn 7d m.w.N.; vgl. auch Kalthoehner/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 5. Aufl., Rn 420 mit der Wiedergabe des Meinungsstandes), sondern auf den der Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfegesuchs abgestellt wird (vgl. so LSG NRW Beschlüsse vom 20.09.2011 - L 19 AS 1510/11 B = juris Rn 19; BayLSG Beschluss vom 19.03.2009 - L 7 AS 64/09 B = juris Rn 14), hat die Klage, gerichtet auf die Übernahme von Kosten eines isolierten Widerspruchsverfahrens nach § 63 SGB X in Höhe von 309,40 EUR, vorliegend keine hinreichende Aussicht auf Erfolg geboten. Entscheidungsreif ist ein Prozesskostenhilfegesuch, wenn ein Antragsteller einen bewilligungsreifen Antrag vorgelegt hat (vgl. hierzu BVerfG Beschluss vom 14.04.2010 - 1 BvR 362/10) und der Gegner nach § 73a SGG i.V.m. § 118 Abs. 1 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt hat. Hier hat der Beklagte vor Ablauf seiner Stellungnahmefrist, die frühestens mit dem Eingang der vom Sozialgericht am 27.09.2011 versandten Klageschrift zu laufen begonnen hat, die Klägerin am 10.10.2011 klaglos gestellt. Der Zeitpunkt der Entscheidungsreife und der der Bewilligungsreife kann auseinanderfallen.

Auch zum Zeitpunkt der Bewilligungsreife des Prozesskostenhilfeantrags am 22.09.2011, dem Zeitpunkt der Vorlage einer vollständig ausgefüllten Erklärung der Klägerin über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach § 117 ZPO, hat die Klage entgegen der Auffassung der Bevollmächtigten der Klägerin keine Erfolgsaussicht geboten.

Bei dem Anspruch des Hilfebedürftigen auf Übernahme der Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung einschließlich der Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts für ein isolierten Widerspruchsverfahren nach § 63 Abs. 1, 2, 3 SGB X handelt es sich nicht um einen Anspruch, den ein Rechtsanwalt im eigenen Namen gegenüber dem Beklagten geltend machen kann, sondern um einen Aufwendungsersatzanspruch des Mandanten gegenüber dem Beklagten (BSG Urteil vom 25.02.2010 - B 11 AL 24/08 R = juris Rn 16). Aufwendungen zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung i.S.v. § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X sind grundsätzlich nur solche Gebühren und Auslagen, die ein Rechtsanwalt seinem Mandanten in Rechnung stellt (vgl. BSG Urteile vom 21.12.2009 - B 14 AS 83/08 R = juris Rn 16 und vom 01.07.2009 - B 4 AS 21/09 R = juris Rn 15). Nach § 10 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) muss der Rechtsanwalt eine Berechnung der Gebühren und Auslagen aufstellen. Ohne die Berechnung entsteht keine Zahlungspflicht des Auftraggebers und kein Schuldnerverzug (Hartmann, Kostenrecht, 42 Aufl., § 10 Rn 4; Gerold/Schmidt, RVG, 19 Aufl. § 10 Rn 14). Eine Berechnung des Vergütungsanspruchs der Prozessbevollmächtigten für das Betreiben eines Widerspruchsverfahrens im Auftrag der Klägerin nach § 10 RVG ist vor Erstellung der Kostenrechnung im Oktober 2011 nicht erfolgt. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des erstinstanzlichen Gerichts Bezug genommen (§142 Abs. 2 Satz 3 SGG). Mithin sind der Klägerin bis zum Erhalt der Kostenrechnung für das Betreiben des Widerspruchsverfahren keine Aufwendungen für die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts entstand...

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