1. Verfahrensrechtliches

Das OLG Celle war sich bei seiner Entscheidung in verfahrensrechtlicher Hinsicht wohl nicht ganz sicher. Dies ergibt sich bereits aus dem Tenor seines Beschlusses, in dem es auszugsweise heißt:

Zitat

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss … wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen,

Am Ende der Beschlussgründe heißt es:

Zitat

"Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gem. § 574 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor."

Dies ist in mehrfacher Hinsicht unrichtig. Den Antrag auf Gewährung eines Vorschusses hat – gem. § 47 Abs. 1 S. 1 RVG – verfahrensrechtlich völlig zutreffend der Prozessbevollmächtigte des Klägers gestellt. Diesen Antrag hat das LG Hannover zurückgewiesen. Wenn tatsächlich – wie es im Beschlusstenor heißt – der Kläger die Beschwerde eingelegt hätte, wäre sie unzulässig gewesen, weil er bei diesem Antrag seines Prozessbevollmächtigten an dem Verfahren gar nicht beteiligt und demzufolge durch die ablehnende Entscheidung des LG Hannover auch nicht beschwert gewesen wäre. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Beschwerde im eigenen Namen eingelegt hat.

Jedenfalls hinsichtlich des anwendbaren Verfahrensrechts – so war sich das OLG Celle sicher – hat es insoweit zu Recht auf § 56 Abs. 2 RVG i.V.m. § 33 Abs. 3 RVG verwiesen. Bei seinen weiteren Nebenentscheidungen sind dem OLG Celle jedoch die einschlägigen Rechtsvorschriften entglitten. Ein zulässiger Rechtsbehelf gegen die Entscheidung des Beschwerdegerichts wäre nur dann, wenn das LG als Beschwerdegericht entschieden hat, gem. § 56 Abs. 2 S. 1 RVG i.V.m. § 33 Abs. 6 S. 1 RVG die weitere Beschwerde. Ferner ist dem OLG Celle die Verweisung in § 56 Abs. 2 S. 1 RVG auf § 33 Abs. 4 S. 3 RVG nicht aufgefallen, wonach eine Beschwerde an einen Obersten Gerichtshof des Bundes nicht stattfindet. Aus diesen Regelungen folgt, dass eine weitere Beschwerde nur zulässig ist, wenn das LG als Beschwerdegericht entschieden hat. Gegen eine Beschwerdeentscheidung des OLG ist überhaupt keine Beschwerde zulässig, weil eine Beschwerde an den BGH nicht stattfindet. Die vom OLG Celle erwähnte Vorschrift des § 574 Abs. 2 ZPO, die die Gründe für die Zulassung einer Rechtsbeschwerde regelt, ist hier gar nicht einschlägig, weil es sich nicht um ein ZPO-Verfahren handelt. Vielmehr trifft das RVG in § 56 Abs. 2 i.V.m. den dort in Bezug genommenen Regelungen des § 33 RVG eine abschließende Regelung über das Verfahren und die gegebenen Rechtsbehelfe.

Immerhin ist das OLG Celle bei der Frage, ob eine Kostenentscheidung zu treffen ist, wieder auf den richtigen Pfad zurückgelangt. Zutreffend hat das OLG von einer Kostenentscheidung Abstand genommen und insoweit zutreffend auf § 56 Abs. 2 S. 2 und 3 RVG Bezug genommen.

2. Erforderlichkeit

a) Begriff

Gem. § 46 Abs. 1 RVG kann der im Wege der PKH beigeordnete Rechtsanwalt Auslagen aus der Staatskasse nur vergütet erhalten, wenn sie zur sachgemäßen Durchführung der Angelegenheit erforderlich waren. Erforderlich sind diejenigen Auslagen, ohne die der beigeordnete Rechtsanwalt die Interessen seines Mandanten nicht sachgemäß wahrnehmen kann (so BGH zfs 2016, 461 m. Anm. Hansens = RVGreport 2016, 302 [Hansens]). Die durch den Begriff der Erforderlichkeit bestimmte gesetzliche Begrenzung des Auslagenersatzanspruchs des beigeordneten Rechtsanwalts gegen die Staatskasse hat ihre Ursache in einem vom Gesetzgeber i.S.d. Gemeinwohls vorgenommenen Interessenausgleich, der auch das Interesse an einer Einschränkung des Kostenrisikos berücksichtigt, solange die Grenzen der Zumutbarkeit gewahrt sind (BVerfG JurBüro 1987, 1029; BVerfG NJW 2003, 1443; BVerfG AGS 2001, 63 = BRAGOreport 2001, 60 [Hansens] zur Vorgängerregelung in § 126 Abs. 1 S. 1 BRAGO i.V.m. § 97 Abs. 2 S. 1 BRAGO).

Die Fassung des § 46 Abs. 1 S. 1 RVG für den Anspruch des beigeordneten Rechtsanwalts auf Ersatz von Auslagen steht im Gleichklang mit der materiell-rechtlichen Regelung des § 670 BGB, wonach der Auftraggeber Ersatz zu leisten hat, wenn der Beauftragte (hier: der Rechtsanwalt) zum Zwecke der Ausführung des Auftrags Aufwendungen gemacht hat, die er den Umständen nach für erforderlich halten durfte. Dabei muss der Rechtsanwalt sowohl im Verhältnis zu dem Mandanten als auch im Verhältnis zur Staatskasse das allgemein geltende Gebot der sparsamen Prozessführung beachten (KG RVGreport 2008, 302 [Burhoff] für die Reise des Pflichtverteidigers im Strafvollstreckungsverfahren zu seinem in Frankreich wohnenden Mandanten). Andererseits darf dem beigeordneten oder bestellten Rechtsanwalt der Ersatz der Auslagen aus der Staatskasse dann nicht versagt werden, wenn die Kürzung für den Rechtsanwalt unzumutbar ist (BVerfG AGS 2001, 63 = BRAGOreport 2001, 60 [Hansens]). Ein solcher Fall kann etwa dann vorliegen, wenn die Auslagen für eine zur sachgerechten Vertretung bzw. Verteidigung erforderliche Reise so hoch sind, dass sie die Gebühren für die Tätigkeit des Rechtsanwalts vollständig aufzehren.

b) Erforderlich un...

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