Hatte der Anwalt den Auftrag, zunächst Prozesskostenhilfe zu beantragen, richtet sich die Vergütung sowohl für das Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren (Nr. 3335 VV) als auch für ein anschließendes Hauptsacheverfahren (Nrn. 3100 ff. VV) nach bisherigem Recht, wenn der Auftrag im Prozesskostenhilfeverfahren vor dem 1.1.2021 erteilt worden ist. Das gilt auch dann, wenn dem Anwalt zunächst nur der Auftrag für das Prozesskostenhilfeverfahren erteilt worden ist und nur bedingt für den Fall der Prozesskostenhilfebewilligung auch der Prozessauftrag.[13]

Ein Großteil der Rspr. hat dies bisher anders gesehen und in diesem Fall auf den Zeitpunkt der Beiordnung abgestellt.[14] Dazu wurde argumentiert, dem Anwalt würde nach Bewilligung der Prozesskostenhilfe ein neuer Auftrag erteilt.[15] Es mag sein, dass im Einzelfall ein neuer Auftrag erteilt wird; das ist aber unerheblich. Erforderlich ist nämlich nicht ein neuer Auftrag, sondern ein neuer Auftrag zu einer neuen Angelegenheit. Gebührenrechtlich handelt es sich beim nachfolgenden Hauptsacheverfahren gegenüber dem PKH-Bewilligungsverfahren aber nicht um eine neue Angelegenheit, wie sich aus § 16 Nr. 2 RVG ergibt, sondern um eine Auftragserweiterung innerhalb derselben Angelegenheit vom PKH-Bewilligungsverfahren zur Hauptsache hin. Es bleibt daher beim alten Recht.[16]

 

Beispiel 25

Der Anwalt war im November 2020 beauftragt worden, für eine Klage Prozesskostenhilfe zu beantragen. Soweit Prozesskostenhilfe bewilligt werde, sollte der Anwalt dann auch Klage erheben. Im Januar 2021 wird Prozesskostenhilfe bewilligt und der Anwalt beigeordnet.

Der Anwalt erhält seine Vergütung insgesamt nach altem Recht.

Der bisherige Meinungsstreit dürfte sich durch die Neufassung des § 60 RVG wohl erledigt haben.

[13] OLG Saarbrücken AGS 2014, 275 = RVGreport 2014, 310 = MDR 2014, 932; OLG Köln AGS 2005, 448 = OLGR 2005, 586; OLG Zweibrücken AGS 2006, 81; LG Berlin AGS 2005, 403; OLG Koblenz AGS 2006, 183 m. Anm. N. Schneider = RVGreport 2006, 100 = JurBüro 2006, 198.
[14] OLG Dresden AGS 2007, 625 = FamRZ 2006, 1671; KG AGS 2006, 79 = RVGreport 2005, 380; AG Tempelhof-Kreuzberg JurBüro 2005, 365.
[16] OLG Saarbrücken AGS 2014, 275 = RVGreport 2014, 310; OLG Köln AGS 2005, 448.

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