Werden mehrere Streitgenossen durch einen Anwalt vertreten und beantragt einer dieser Streitgenossen PKH, kann die PKH-Bewilligung auf die bloße Gebührenerhöhung nach Nr. 1008 VV beschränkt werden. Diese Rechtsauffassung, die der BGH bereits 1993 vertreten hat, wurde durch den BGH nunmehr in zwei Entscheidungen erneut bestätigt.[1] Die Entscheidungen gründen sich auf der Erwägung, dass dem Sinn der §§ 114 ff. ZPO nach die mittellose Partei für ihre Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung staatliche Hilfe nur in Anspruch nehmen könne, soweit sie aus finanziellen Gründen zur Prozessführung außerstande sei. Der finanziell leistungsfähige Streitgenosse werde hierdurch nicht benachteiligt, weil er nicht mit höheren Kosten belastet werde, als er zu tragen hätte, wenn er den Prozessbevollmächtigten allein beauftragt hätte.[2]

Der BGH hat in seinen jüngeren Entscheidungen zudem darauf hingewiesen, dass es unerheblich sei, ob der PKH-Streitgenosse den Gebührenbetrag der Nr. 1008 VV auch tatsächlich schulde. Eines Gleichlaufs von PKH-Bewilligung und Vergütungsanspruch bedürfe es nicht. Der Schutz des bedürftigen Streitgenossen werde nämlich schon dadurch bewirkt, dass der Prozessbevollmächtigte – wie generell hinsichtlich seines Anspruchs auf Zahlung der Wahlanwaltsgebühren – gem. § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO an der Geltendmachung seines Vergütungsanspruchs nach § 7 Abs. 2 S. 1 RVG gehindert ist, solange die PKH-Bewilligung fortbesteht.

Der BGH hat ferner darauf hingewiesen, dass zudem auch die Regelung des § 7 RVG nicht zu einem anderen Ergebnis führen könne. Das gelte auch dann, wenn zwischen den Streitgenossen ein nachträglicher Gesamtschuldnerausgleich zugunsten des finanziell leistungsfähigen Streitgenossen stattfinde. Zum einen werde die notwendige anwaltliche Vertretung des bedürftigen Streitgenossen und damit die Prozessführung bereits durch Zubilligung der Erhöhungsbeträge gewährleistet, zum anderen könne der bedürftigen Streitgenosse – verfassungsrechtlich unbedenklich – mit dem allgemeinen Risiko, nachträglich die Kosten einer erfolglosen Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung tragen zu müssen, belastet werden.

[1] BGH NJW-RR 2019, 572 = FamRZ 2019, 1629.
[2] BGH AGS 1995, 25.

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