1.  Das Beschwerdegericht hat zur Begründung ausgeführt:

Die Frage, ob im Falle einer nicht rechtzeitig begründeten Berufung ein nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist vom Berufungsbeklagten gestellter Verwerfungsantrag einen Erstattungsanspruch auf die volle Verfahrensgebühr auslöse, sei zwar in der Rspr. der Oberlandesgerichte umstritten. Richtigerweise sei jedoch die sofortige Stellung eines solchen Antrags überflüssig und widerspreche dem Grundsatz einer sparsamen Prozessführung. Hiernach bestehe ein Erstattungsanspruch nur für solche Maßnahmen, die für eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung objektiv notwendig seien (§ 91 Abs. 1 S. 1 ZPO). Daran fehle es schon deshalb, weil das Berufungsgericht die Fristeinhaltung gem. § 522 Abs. 1 S. 1 ZPO ohnehin von Amts wegen zu prüfen habe. Erst recht müsse dies gelten, wenn dem Verwerfungsantrag ein gerichtlicher Hinweis vorausgegangen sei, wie er hier erteilt worden sei. Da im Verhältnis zu den Klägern dieser Hinweis an sich noch nicht einmal erforderlich gewesen sei, habe für sie auch keine Veranlassung zur Stellungnahme bestanden, zumal nach dem Inhalt der gerichtlichen Verfügung die Fristsetzung ab Zustellung habe gelten sollen, der Hinweis den Prozessbevollmächtigten der Kläger jedoch lediglich formlos übersandt worden sei. Für die Kläger wäre erst dann eine Stellungnahme angezeigt gewesen, wenn die Beklagten aus Anlass des Hinweises Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vorgetragen hätten.

2.  Das hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

a)  Die 1,6-fache Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 VV entsteht im Berufungsverfahren nach Vorbem. 3 Abs. 2 VV für das Betreiben des Geschäfts, zu dem unter anderem das Einreichen von Schriftsätzen bei Gericht gehört. Allerdings ermäßigt sich die Verfahrensgebühr nach Nr. 3201 VV bei einer vorzeitigen Beendigung des Auftrags auf das 1,1-fache. Eine solche vorzeitige Beendigung liegt vor, wenn der Auftrag endigt, bevor der Rechtsanwalt einen Schriftsatz, der Sachanträge oder Sachvortrag enthält, eingereicht hat. Danach ist hier für die Prozessbevollmächtigten der Kläger aufgrund des von ihnen eingereichten Schriftsatzes vom 30.12.2008 die 1,6-fache Verfahrensgebühr entstanden.

Hiervon ist jedoch die Frage zu unterscheiden, ob die Kläger diese Kosten in voller Höhe von den Beklagten erstattet verlangen können. Die Erstattungsfähigkeit setzt nach § 91 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 ZPO voraus, dass der den Antrag auf Verwerfung der Berufung enthaltende Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten der Kläger zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig war. Eine Erstattung der aufgewendeten Kosten kann eine Partei nur insoweit beanspruchen, als sie ihrer aus dem Prozessrechtsverhältnis folgenden Obliegenheit nachgekommen ist, die Kosten möglichst niedrig zu halten (BGH, Beschl. v. 2.7.2009 – V ZB 54/09, NJW 2009, 3102; v. 3.7.2007 – VI ZB 21/06, NJW 2007, 3723 m.w.N.).

b)  Ob ein Berufungsbeklagter diese Obliegenheit verletzt, wenn er nach Ablauf der Frist zur Begründung der Berufung die Verwerfung des Rechtsmittels beantragt, wird in der Spruchpraxis der Oberlandesgerichte sowie im kostenrechtlichen Schrifttum unterschiedlich beurteilt (zum Meinungsstand KG NJW-RR 2009, 1007, 1008). Die hier gegebene Fallgestaltung ist – anders als diejenige, die dem Beschl. d. V. ZS des BGH v. 2.7.2009 (V ZB 54/09, z.V.b.) zugrunde gelegen hat – dadurch gekennzeichnet, dass das Berufungsgericht auf den nach Aktenlage eindeutig verspäteten Eingang der Berufungsbegründung durch Bezugnahme auf § 522 Abs. 1 ZPO und damit auf die hierin geregelte Amtsprüfung der Zulässigkeitsvoraussetzungen sowie die beabsichtigte Verwerfung der Berufung durch Beschluss als unzulässig hingewiesen und dies auch den Klägern/Berufungsbeklagten zur Kenntnis gebracht hat. Bei dieser Sachlage wird einhellig angenommen, dass für einen Berufungsbeklagten keine Veranlassung besteht, kostenauslösende Maßnahmen zu ergreifen. Denn nach der ihm vorteilhaften Ankündigung des Berufungsgerichts, in der zugleich eine weitgehend abgeschlossene Meinungsbildung in der Beurteilung der Zulässigkeitsfrage zum Ausdruck kommt, hat ein Berufungsbeklagter durch ein Untätigbleiben jedenfalls bis zum Ablauf der gesetzten Frist ersichtlich weder Rechtsnachteile zu befürchten noch Anlass, die Prozesssituation als für sich risikobehaftet einzuschätzen, noch kann er sonst davon ausgehen, durch Abgabe einer Stellungnahme einen Verfahrensabschluss wesentlich zu beschleunigen (vgl. BGHZ 166, 117, zur Ankündigung einer Einspruchsverwerfung gem. § 341 ZPO; BAG NJW 2008, 1340, 1341; OLG Koblenz MDR 2007, 866; LAG Düsseldorf JurBüro 1994, 424, 425; Musielak/Wolst, ZPO, 7. Aufl., § 91 Rn 14; MünchKommZPO/Giebel, 3. Aufl., § 91 Rn 96; Zöller/Herget, ZPO, 27. Aufl., § 91 Rn 13 "Berufung"; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 29. Aufl., § 91 Rn 21). Dem schließt sich der Senat an.

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