Entscheidungsstichwort (Thema)

Kosten einer nach Hinweis gem. § 522 Abs. 2 ZPO erfolgten Nebenintervention

 

Leitsatz (amtlich)

Hat das Berufungsgericht eine Entscheidung nach § 522 Abs. 2 ZPO angekündigt, sind die Kosten des Nebenintervenienten, der erst hiernach beitritt, nur erstattungsfähig, wenn es einen über das Kosteninteresse hinausgehenden Sachgrund gibt, den Berufungsbeklagten jetzt noch zu unterstützen (Abgrenzung zu OLG Koblenz, Beschl. v. 10.11.2006 - 14 W 688/06).

 

Normenkette

RVG-VV Nr. 3200; ZPO §§ 66, 91, 97, 516, 522; BGB § 705

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Beschluss vom 18.01.2007; Aktenzeichen 1 O 271/04)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der (zugunsten der Beklagten und des Neben- intervenienten auf je 4.566,20 EUR lautende) Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Koblenz vom 18.1.2007 teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:

a) Nach dem Beschluss des OLG Koblenz vom 30.10.2006 (5 U 738/06, OLGReport Koblenz 2007, 78) werden die von der Klägerin an die Beklagte zu erstattenden Kosten auf 7.693,60 EUR nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 7.11.2006 festgesetzt.

b) Der Kostenfestsetzungsantrag des Nebenintervenienten B. B. wird abgelehnt.

2. Der Nebenintervenient B. B. hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Den Beschwerdewert bemisst der Senat auf 1.438,80 EUR.

 

Gründe

Das LG hatte die gegen eine BGB-Gesellschaft gerichtete Klage abgewiesen. Dagegen wandte sich die Klägerin mit der Berufung. Durch Beschluss vom 21.9.2006 wies das Berufungsgericht darauf hin, es sei beabsichtigt, das Rechtsmittel nach § 522 Abs. 2 ZPO als unbegründet zurückzuweisen. Diese Ankündigung wurde dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 28.9.2006 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 12.10.2006 bestellte er sich erstmals auch für den Nebenintervenienten und beantragte (auch) in seinem Namen die Zurückweisung der Berufung. Beim Nebenintervenienten handelt es sich um einen Mitgesellschafter der beklagten BGB-Gesellschaft. Nach Berufungsrücknahme sind der Klägerin auch die Kosten des Nebenintervenienten auferlegt worden.

Dementsprechend hat der Rechtspfleger die von der Klägerin an die Beklagte und den Nebenintervenienten zu erstattenden Kosten auf je 4.566,20 EUR festgesetzt. Das ist die Hälfte einer 1,9 - fachen Gebühr nebst Auslagenpauschale (1,6-fache Gebühr nach 3200 RVG-VV zzgl. Erhöhung von 0,3 nach 1008 RVG-VV).

Gegen die Festsetzung der Kosten des Nebenintervenienten wendet sich die Klägerin mit der sofortigen Beschwerde. Sie verweist auf die Entscheidung BGH NJW 2006, 2260 ff. und meint, die Kosten des Nebenintervenienten seien nicht notwendig und daher auch nicht erstattungsfähig.

Das zulässige Rechtsmittel hat Erfolg. Der Kostenfestsetzungsantrag des Nebenintervenienten musste abgelehnt werden.

Der Rechtspfleger hat das anders gesehen und insbesondere darauf verwiesen, dass er an die Kostengrundentscheidung des Berufungsgerichts gebunden sei. Das ist richtig, greift jedoch zu kurz. Denn die Kostengrundentscheidung besagt nicht, dass die Klägerin dem Nebenintervenienten auch nicht notwendige Kosten erstatten muss. Der Klägerin ist darin beizupflichten, dass der Nebenintervenient hier keinen billigenswerten Grund hatte, dem Rechtsstreit beizutreten.

Der Senat war bereits wiederholt mit der Frage befasst, ob zweitinstanzliche Anwaltskosten erstattet werden müssen, die erst nach gerichtlichen Verwerfungs- oder Zurückweisungsankündigungen entstanden sind:

a) Mit Beschl. v. 11.5.2006 - 14 W 278/06 - (OLGR 2006, 792 = JurBüro 2006, 485) hat der Senat über einen Fall entschieden, bei dem der Vorsitzende des Berufungsgerichts den Hinweis erteilt hatte, die Berufung sei unzulässig (§ 522 Abs. 1 ZPO). In einem derartigen Fall hat der Berufungsbeklagte keinen Anlass, noch einen Rechtsanwalt für das Berufungsverfahren zu beauftragen. Diese Verfahrenssituation ist mit dem Sachverhalt der in NJW 2006, 2260 ff. abgedruckten BGH - Entscheidung vergleichbar.

b) Dem Senatsbeschluss vom 10.11.2006 - 14 W 688/06 - (Rpfleger 2007, 115 = JurBüro 2007, 89) lag der Fall zugrunde, dass anwaltlicher Sachvortrag des Berufungsbeklagten erst nach einer gerichtlichen Ankündigung gem. § 522 Abs. 2 ZPO erfolgte. Der Senat hat in einem derartigen Fall die Erstattungsfähigkeit sämtlicher Kosten des Berufungsbeklagten (3200 RVG-VV) bejaht (gegen OLG Schleswig 9 W 103/05, wonach nur die Gebühr 3201 RVG-VV erstattungsfähig ist).

Obwohl dieser Sachverhalt dem vorliegenden ähnelt, besteht doch ein entscheidender Unterschied. Anders als der bereits in den Rechtsstreit involvierte Berufungsbeklagte hat ein bisher am Rechtsstreit völlig Unbeteiligter nach einer gerichtlichen Ankündigung gem. § 522 Abs. 2 ZPO im Allgemeinen keinen Sachgrund, dem Berufungsbeklagten erstmals in zweiter Instanz zum Zwecke der Unterstützung beizutreten.

Das mag anders sein, wenn der Berufungsführer mit der Rechtsmittel- oder Rechtsmittelbegründungsschrift einem bisher Unbeteiligten den Streit verkündet.

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