Einführung

Ergeht gegen eine Partei ein Versäumnisurteil, so kann sie hiergegen nach § 340 ZPO Einspruch einlegen. Das Gleiche gilt, wenn gegen sie ein Vollstreckungsbescheid ergangen ist (§§ 700, 340 ZPO).

Soweit der Einspruch statthaft und in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt worden ist, hat das Gericht nach § 341a ZPO Termin zur Verhandlung über den Einspruch und über die Hauptsache zu bestimmen. Erscheint die einspruchsführende Partei zu diesem Termin nicht, wird der Einspruch durch Zweites Versäumnisurteil verworfen (§ 345 ZPO).

Ist der Einspruch nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Form oder Frist eingelegt, ist er durch Urteil als unzulässig zu verwerfen (§ 341 Abs. 1 ZPO). Das Urteil kann ohne mündliche Verhandlung ergehen (§ 341 Abs. 2 ZPO).

Die Abrechnung des Anwalts der nicht säumigen Partei bereitet in diesen Fällen in der Praxis immer wieder Schwierigkeiten. Dabei sind die einzelnen Fallkonstellationen auseinanderzuhalten.

I. Verwerfung des Einspruchs gegen ein erstes Versäumnisurteil

1. Überblick

Im Fall des Einspruchs gegen ein Versäumnisurteil ist hinsichtlich einer Verwerfungsentscheidung danach zu differenzieren, ob das Gericht den Einspruch als zulässig ansieht oder nicht.

2. Einspruch ist zulässig – Verwerfung durch Zweites Versäumnisurteil

a) Überblick

Bei zulässigem Einspruch ist Termin anzuberaumen

Im Fall eines zulässigen Einspruchs ist Termin zur Verhandlung über den Einspruch und die Hauptsache anzuberaumen (§ 341a ZPO). Bleibt der Gegner in diesem Termin wiederum säumig, wird sein Einspruch durch Zweites Versäumnisurteil verworfen (§ 345 ZPO). Hier sind wiederum drei Fälle zu unterscheiden.

b) Erster Fall: Der Anwalt hat das erste Versäumnisurteil in mündlicher Verhandlung erwirkt

Terminsgebühr erstarkt auf 1,2

Erwirkt ein Anwalt sowohl das erste als auch das zweite Versäumnisurteil, so erhält er im Gegensatz zur BRAGO für das zweite Versäumnisurteil keine gesonderte Terminsgebühr. Er erhält auch nicht etwa zwei 0,5-Terminsgebühren (eine für das erste Versäumnisurteil und eine für das zweite Versäumnisurteil). Vielmehr "erstarkt" die erste 0,5-Gebühr im zweiten Termin zu einer vollen 1,2-Terminsgebühr.

 
Hinweis

Dem Prozessbevollmächtigten, der sowohl das erste als auch das Zweite Versäumnisurteil erwirkt, steht eine 1,2-Terminsgebühr gem. Nr. 3104 VV, nicht nur eine 0,5-Terminsgebühr nach Nr. 3105 VV zu.

BGH, Beschl. v. 18.7.2006 – XI ZB 41/05, AGS 2006, 487 = NJW 2006, 2927 = AnwBl 2006, 675 = Rpfleger 2006, 625 = JurBüro 2006, 639 = MDR 2007, 178 = RVGreport 2006, 428

 
Hinweis

Ein Rechtsanwalt, der in einem zweiten Termin den Erlass eines "Zweiten Versäumnisurteils" beantragt, erhält eine 1,2-Terminsgebühr, auf welche die 0,5-Terminsgebühr für den ersten Termin, in dem das erste Versäumnisurteil beantragt wurde, zu verrechnen ist.

BGH, Beschl. v. 26.9.2006 – XI ZB 19/06, FamRZ 2006, 1836 = RVGreport 2007, 31 u. 268

 
Hinweis

Die Vorschrift der Nr. 3105 VV setzt voraus, dass der Rechtsanwalt nur einen Termin wahrgenommen hat, die Vorschrift findet also keine Anwendung, wenn der Rechtsanwalt in einem zweiten Verhandlungstermin ein Zweites Versäumnisurteil erwirkt hat.

OLG Köln, Beschl. v. 21.6.2006 – 17 W 126/06, AGS 2006, 372

OLG München, Beschl. v. 8.2.2006 – 11 W 659/06, AGS 2006, 161

OLG Celle, Beschl. v. 24.2.2005 – 2 W 36/05, AGS 2005, 188 = NJW 2005, 1283

 

Beispiel 1

In einem Rechtsstreit über 10.000,00 EUR erscheint der Beklagte B im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht, sodass der Anwalt R des Klägers K gegen ihn antragsgemäß ein Versäumnisurteil erwirkt. Dagegen legt B Einspruch ein. Zum zweiten Termin erscheint er wiederum nicht, sodass der Einspruch auf Antrag des R durch Zweites Versäumnisurteil verworfen wird.

Abzurechnen war nach dem ersten Versäumnisurteil wie folgt:

 
1. 1,3-Verfahrengsgebühr, Nr. 3100 VV   725,40 EUR
  (Wert: 10.000,00 EUR)    
2. 0,5-Terminsgebühr, Nrn. 3104, 3105 VV   279,00 EUR
  (Wert: 10.000,00 EUR)    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.024,40 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   194,64 EUR
Gesamt 1.219,04 EUR

Durch den zweiten Termin erstarkt die erste 0,5-Gebühr zu einer vollen 1,2-Terminsgebühr. Danach ergibt sich folgende weitere Vergütung:

 
1. 1,3-Verfahrengsgebühr, Nr. 3100 VV   725,40 EUR
  (Wert: 10.000,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   669,60 EUR
  (Wert: 10.000,00 EUR)    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
4. abzgl. bereits abgerechneter (netto)   – 1.024,40 EUR
  Zwischensumme 390,60 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   74,21 EUR
Gesamt 464,81 EUR
Gesamtsumme 1.683,85 EUR

Wäre im ersten Termin trotz Versäumnisurteils bereits die volle 1,2-Terminsgebühr ausgelöst worden (s. zuletzt OLG Frankfurt AGS 2017, 45), dann hätte der Anwalt im Einspruchstermin keine weitere Gebühr mehr erhalten. Am Gesamtergebnis hätte das aber nichts geändert.

 

Beispiel 2

Wie Beispiel 1; jedoch ist im ersten Termin vor dem Versäumnisurteil mit dem Gericht erörtert worden.

Jetzt ist im ersten Termin bereits die volle 1,2-Terminsgebühr entstanden. Durch den zweiten Termin entsteht keine weitere Vergütung (§ 15 Abs. 2 RVG). Abzurechnen ist insgesamt wie folgt:

 
1. 1,3-Verfahrengsgebühr, Nr. 3100 VV   725,40 EUR
  (Wert: 10.000,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsge...

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