Strittig, ob vorangegangene Geschäftsgebühr anzurechnen ist

Hatte der Anwalt zunächst den Auftrag erhalten, die Ansprüche außergerichtlich einzufordern, so hat er hierfür die Vergütung nach Nr. 2300 VV verdient. Der Ausschluss nach Vorbem. 2 Abs. 3 VV greift nicht, weil es sich um zivilrechtliche Ansprüche handelt, nicht um eine Strafsache, zumal in diesem Stadium häufig noch gar nicht feststeht, ob überhaupt Klage erhoben wird und wenn ja, ob diese vor dem Zivilgericht oder dem Strafgericht erhoben werden soll. Da es bei der außergerichtlichen Geltendmachung an einer Tätigkeit in einem Strafverfahren fehlt, sind die Gebühren des Teils 4 VV nicht anwendbar. Es gelten vielmehr die Gebühren nach Teil 2 VV.

Strittig ist, ob eine vorgerichtlich entstandene Geschäftsgebühr in entsprechender Anwendung der Vorbem. 3 Abs. 4 VV hälftig auf die Verfahrensgebühr im Adhäsionsverfahren anzurechnen ist. Zum Teil wurde bisher eine Regelungslücke angenommen und in analoger Anwendung der Vorbem. 3 Abs. 4 VV eine hälftige Anrechnung befürwortet. Zutreffend dürfte eine Anrechnung jedoch abzulehnen sein. Der Gesetzgeber hat ausdrücklich eine Anrechnung nur auf die Verfahrensgebühren aus Teil 3 VV vorgesehen. In Anbetracht dessen, dass dem Gesetzgeber das Problem bekannt war und er trotz der umfassenden Änderung der Anrechnungsvorschriften durch das 2. KostRMoG keine Veranlassung gesehen hat, eine Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühren nach Teil 4 VV anzuordnen, kann von einer Regelungslücke nicht (mehr) ausgegangen werden. Dafür spricht insbesondere, dass er jetzt ausdrücklich in Vorbem. 2.3 Abs. 5 VV erstmals eine Anrechnung auf Gebühren nach Teil 6 VV eingeführt hat, eine Anrechnung auf die Gebühren nach Teil 4 VV aber nach wie vor nicht anordnet.

 

Beispiel 14: Außergerichtliche Vertretung und nachfolgendes Adhäsionsverfahren

Der Anwalt erhält den Auftrag, außergerichtlich ein Schmerzensgeld i.H.v. 5.000,00 EUR einzufordern. Nach Eröffnung des Hauptverfahrens erhält er den Auftrag zur Erhebung einer Nebenklage und Einleitung eines Adhäsionsverfahrens.

I. Außergerichtliche Vertretung

 
1. 1,5-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV (Wert: 5.000,00 EUR)   454,50 EUR
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 474,50 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   90,16 EUR
Gesamt 564,66 EUR

II. Strafverfahren

 
1. Grundgebühr, Nr. 4100 VV   200,00 EUR
2. Verfahrensgebühr, Nr. 4106 VV   165,00 EUR
3. Terminsgebühr, Nr. 4108 VV   275,00 EUR
4. 2,0-Gebühr, Nr. 4143 VV (Wert: 5.000,00 EUR)   606,00 EUR
5. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.266,00 EUR  
6. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   240,54 EUR
Gesamt 1.506,54 EUR

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