I. Überblick

Gewaltschutzsachen, also Verfahren nach dem GewSchG (§§ 210 ff. FamFG), können gerichtet sein auf

gerichtliche Maßnahmen zum Schutz vor Gewalt und Nachstellungen (§ 1 GewSchG),
Überlassung einer gemeinsam genutzten Wohnung (§ 2 GewSchG)
oder beides.

Die Verfahrenswerte richten sich nach § 49 FamGKG.

 

§ 49 FamGKG (Gewaltschutzsachen)

(1) In Gewaltschutzsachen nach § 1 des Gewaltschutzgesetzes beträgt der Verfahrenswert 2.000 Euro, in Gewaltschutzsachen nach § 2 des Gewaltschutzgesetzes 3.000 Euro.

(2) Ist der nach Absatz 1 bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig, kann das Gericht einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen.

Vorgesehen sind Regelwerte

Vorgesehen sind Regelwerte, und zwar für Ansprüche

nach § 1 GewSchG i.H.v. 2.000,00 EUR
nach § 2 GewSchG i.H.v. 3.000,00 EUR.

Diese Regelwerte können bei Unbilligkeit herauf- oder herabgesetzt werden (§ 49 Abs. 2 FamGKG).

Die Werte des § 49 Abs. 1 FamGKG gelten nicht nur für die erstmalige Anordnung einer Maßnahme, sondern auch für Verfahren auf Verlängerung einer Maßnahme nach § 1 Abs. 1 S. 2, 2. Hs., § 2 Abs. 2 S. 3 GewSchG.

Werte gelten auch außergerichtlich

Die Werte gelten auch dann, wenn der Anwalt außergerichtlich in einer Gewaltschutzsache tätig wird (§ 23 Abs. 1 S. 1 RVG).

II. Ansprüche nach § 1 GewSchG

Regelwert 2.000,00 EUR

Bei Ansprüchen nach § 1 GewSchG ist ein Wert von 2.000,00 EUR anzusetzen (§ 49 Abs. 1 S. 1, 1. Hs. FamGKG). Das gilt auch dann, wenn auf § 1 GewSchG mehrere Maßnahmen gestützt werden.

 

Mehrere Anordnungen nach § 1 GewSchG

Werden in einem Beschluss – wie meist – mehrere Gewaltschutzanordnungen, die sämtlich auf der Grundlage des § 1 GewSchG ergehen (also z.B. ein Näherungsverbot, ein Kontaktaufnahmeverbot usw.), verbunden, so ist dafür insgesamt nur einmal der Verfahrenswert nach § 49 FamGKG anzusetzen, nicht für jede Einzelanordnung gesondert.

AG Bergen (Rügen), Beschl. v. 28.5.2014 – 4 F 293/14, AGS 2014, 418

 

Mehrere Anordnungen nach § 1 GewSchG

Die Zahl der vom Antragsteller begehrten Schutzanordnungen nach § 1 GewSchG ist für die Wertfestsetzung ohne Bedeutung.

OLG Frankfurt, Beschl. v. 12.9.2014 – 4 WF 205/14, AGS 2014, 522 = NZFam 2015, 84 = NJW-Spezial 2014, 733 = FF 2015, 130 = FamRB 2015, 183

 

Beispiel

Der Anwalt beantragt für die Ehefrau, gegen den Ehemann sowohl ein Kontakt- als auch ein Näherungsverbot zu verhängen und ihm zu untersagen, sich an bestimmten Orten (Arbeitsplatz, Kindergarten etc.) aufzuhalten.

Der Verfahrenswert beläuft sich gem. § 49 Abs. 1, 1. Hs. FamGKG auf 2.000,00 EUR. Eine Wertaddition oder eine Erhöhung wegen mehrerer beantragter Maßnahmen i.S.v. § 1 GewSchG kommt nicht in Betracht.

III. Ansprüche nach § 2 GewSchG

Regelwert 3.000,00 EUR

Bei Ansprüchen nach § 2 GewSchG ist von einem Regelwert i.H.v. 3.000,00 EUR auszugehen (§ 49 Abs. 1 S. 1, 2. Hs. FamGKG).

 

Beispiel

Der Anwalt beantragt für die Ehefrau, dass ihr aufgrund von Übergriffen nach § 2 GewSchG die bisher gemeinsam genutzte Wohnung überlassen werde.

Der Verfahrenswert beläuft sich gem. § 49 Abs. 1, 2. Hs. FamGKG auf 3.000,00 EUR.

IV. Ansprüche nach § 1 und § 2 GewSchG

Bei mehreren Ansprüchen sind Werte zu addieren

Soweit Gegenstand des Verfahrens sowohl Ansprüche nach § 1 GewSchG als auch nach § 2 GewSchG sind, werden die Werte nach § 33 Abs. 1 S. 1 FamGKG zusammengerechnet.

 

Wertfestsetzung im Gewaltschutzverfahren bei mehreren Anträgen

Werden in einem Gewaltschutzverfahren Maßnahmen nach § 1 GewSchG und eine Wohnungszuweisung nach § 2 GewSchG beantragt, sind die in § 49 FamGKG genannten Werte für Gewaltschutzsachen nach § 1 und § 2 GewSchG bei der Wertfestsetzung zu addieren.

OLG Frankfurt, Beschl. v. 12.9.2014 – 4 WF 205/14, AGS 2014, 522 = NZFam 2015, 84 = NJW-Spezial 2014, 733 = FF 2015, 130 = FamRB 2015, 183

 

Beispiel

Der Anwalt beantragt für die Ehefrau, gegen den Ehemann sowohl ein Kontaktverbot zu verhängen als auch ein Verbot, die eheliche Wohnung zu betreten. Darüber hinaus beantragt er für die Ehefrau die Überlassung der gemeinsam genutzten Wohnung.

Der Verfahrenswert für den Antrag auf Kontaktverbot und Betretungsverbot beläuft sich gem. § 49 Abs. 1, 1. Hs. FamGKG auf 2.000,00 EUR; der Wert für die Überlassung der gemeinsam genutzten Wohnung auf 3.000,00 EUR (§ 49 Abs. 1, 2. Hs. FamGKG). Beide Werte sind nach § 33 Abs. 1 S. 1 FamGKG zusammenzurechnen, sodass sich ein Gesamtwert i.H.v. 5.000,00 EUR ergibt.

V. Vertretung mehrerer Auftraggeber

Wertaddition bei mehreren Auftraggebern

Vertritt der Anwalt in einem Gewaltschutzverfahren mehrere Auftraggeber (etwa Ehefrau und volljährige Kinder), liegt kein Fall der Gebührenerhöhung nach Nr. 1008 VV vor. Vielmehr sind verschiedene Ansprüche gegeben, deren Werte zu addieren sind.

 

Verfahrenswert in Gewaltschutzsachen bei Vertretung mehrerer Antragsteller

Vertritt Anwalt in einem Gewaltschutzverfahren mehrere Antragsteller (hier drei Personen), die eine einstweilige Anordnung begehren, liegen drei Verfahrensgegenstände vor, deren Werte nach § 33 Abs. 1 S. 1 FamGKG zu addieren sind.

OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 4.1.2016 – 5 WF 299/15, AGS 2016, 189 = NZFam 2016, 277 = NJW-Spezial 2016, 221

 

Beispiel

Der Anwalt...

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