In derselben Angelegenheit erhält der Anwalt seine Gebühren und Auslagen nur einmal

Wird der Anwalt für mehrere Auftraggeber in derselben Angelegenheit tätig, kann er seine Gebühren und Auslagen nach §§ 7 Abs. 1, 15 Abs. 2 RVG nur einmal verlangen. Die Gebühren und Auslagen decken gem. § 15 Abs. 1 RVG seine gesamte Tätigkeit für beide Auftraggeber ab.

Inwieweit die einzelnen Auftraggeber gegenüber dem Anwalt für die Vergütung haften, ergibt sich aus § 7 Abs. 2 RVG. Jeder einzelne Auftraggeber haftet in der Höhe, in der er haften würde, wenn er den Auftrag allein erteilt hätte.

Wird der Anwalt dagegen für mehrere Auftraggeber in verschiedenen Angelegenheiten tätig, so kann er jede Angelegenheit gesondert abrechnen. Jeder einzelne Auftraggeber schuldet dann die seine Angelegenheit betreffende Vergütung.

Mehraufwand bei mehreren Auftraggebern wird berücksichtigt

Ist der Anwalt in derselben Angelegenheit für mehrere Auftraggeber tätig geworden, wird sein Mehraufwand vergütet. Hierzu sieht das RVG zwei verschiedene Vergütungsmodelle vor:

Entweder erhöhen sich Geschäfts- und Verfahrensgebühren infolge des Mehraufwands nach Nr. 1008 VV oder
die Werte der jeweils die einzelnen Auftraggeber betreffenden Gegenstände werden addiert (§ 22 Abs. 1 RVG; § 23 Abs. 1 RVG i.V.m. § 39 Abs. 1 GKG, § 33 Abs. 1 FamGKG; § 35 Abs. 1 GNotKG).

Prozentuale Erhöhung bei Fest- und Rahmengebühren

Da die zweite Alternative ausscheidet, soweit der Anwalt nach Betrags- oder Betragsrahmengebühren abrechnet, ist hier immer eine Erhöhung der Geschäfts- und der Verfahrensgebühr vorgesehen, unabhängig davon, ob derselbe Gegenstand zugrunde liegt. Die Geschäfts- und Verfahrensgebühren erhöhen sich um 30 % je weiteren Auftraggeber, höchstens jedoch um 200 %.

Dies gilt auch für die sog. Schwellengebühr gemäß der Anm. zu Nr. 2302 VV (Anm. Abs. 4 zu Nr. 1008 VV).

Erhöhung ist auf 200 % begrenzt

Zu beachten ist, dass nicht der erhöhte Betrag auf 200 % begrenzt ist, sondern auf 300 %, nämlich 100 % Ausgangsgebühr + 200 % Erhöhung (BSG AGS 2014, 458 = RVGreport 2014, 341 = RVGprof. 2015, 174).

Bei Abrechnung nach Gegenstandswert ist zu differenzieren

Ist dagegen nach Gegenstandswert abzurechnen, was nach § 2 Abs. 1 RVG der Regelfall ist, dann kommen beide Varianten in Betracht. Hier muss sich der Anwalt also bei mehreren Auftraggebern in derselben Angelegenheit fragen,

ob er für die einzelnen Auftraggeber wegen verschiedener Gegenstände tätig geworden oder
ob er für mehrere Auftraggeber wegen desselben Gegenstands tätig geworden ist.

Wertaddition bei verschiedenen Gegenständen

Ist der Anwalt für die einzelnen Auftraggeber wegen verschiedener Gegenstände tätig geworden, werden die Werte der einzelnen Gegenstände addiert (§ 22 Abs. 1 RVG; § 23 Abs. 1 RVG i.V.m. § 39 GKG, § 33 FamGKG, § 39 Abs. 1 GKG, § 35 Abs. 1 GNotKG), es bleibt aber bei einer einfachen Gebühr. Eine Erhöhung nach Nr. 1008 VV kommt nicht in Betracht.

Gebührenerhöhung bei demselben Gegenstand

Ist der Anwalt wegen desselben Gegenstands tätig geworden, dann bleibt es wegen wirtschaftlicher Identität beim einfachen Wert. Dafür werden aber Geschäfts- und Verfahrensgebühren um 0,3 je weiterer Auftraggeber erhöht, höchstens um 2,0. Hier ist die Endgebühr nicht auf 2,0 begrenzt, sondern auf die Ausgangsgebühr + 2,0. So beträgt also der Höchstsatz bei der erstinstanzlichen Verfahrensgebühr 1,3 + 2,0 = 3,3 und in der Zwangsvollstreckung 0,3 + 2,0 = 2,3. Der Rahmen der Geschäftsgebühr der Nr. 2300 VV beläuft sich folglich auf höchstens 2,5 bis 4,5; Mittelgebühr 3,5.

Auch Schwellengebühr wird angehoben

Auch die Schwellengebühr wird hier angehoben um 0,3 je weiterer Auftraggeber (Anm. Abs. 4 zu Nr. 1008 VV) bis höchstens 3,3. Sie beträgt z.B. bei zwei Auftraggebern 1,6, bei drei Auftraggebern 1,9 usw.

Kombination von Erhöhung und Wertaddition ist hinsichtlich verschiedener Gegenstände möglich

Möglich ist es sogar, dass die verschiedenen Auftraggeber zum Teil an einzelnen Gegenständen gemeinsam beteiligt sind und zum Teil den Anwalt wegen eigener Gegenstände beauftragt haben. Dann ist aus dem Wert der einfachen Beteiligung die einfache Gebühr zu berechnen und aus dem Wert der gemeinsamen die erhöhte Gebühr, wobei dann § 15 Abs. 3 RVG zu beachten ist, wonach nicht mehr als eine Gebühr aus dem höchsten Satz nach dem Gesamtwert abgerechnet werden darf (AG Augsburg AGS 2008, 434; LG Saarbrücken AGS 2012, 56 = DAR 2012, 177 = NJW-Spezial 2012, 27 = VRR 2012, 120).

Die Frage, ob derselbe Gegenstand zugrunde liegt oder ob verschiedene Gegenstände gegeben sind, wird in der Praxis häufig nicht beachtet, so dass es zu fehlerhaften Abrechnungen kommt.

Die Vorprüfung, ob derselbe Gegenstand vorliegt oder ob verschiedene Gegenstände gegeben sind, ist daher unabdingbare Voraussetzung für eine ordnungsgemäße Rechnung. Schon gar nicht ist es möglich – wird gleichwohl aber häufig vorgenommen –, sowohl die Werte zu addieren als auch daraus noch eine Erhöhung zu berechnen.

Bereits bei Streitwertfestsetzung muss differenziert werden

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