Zu den Kosten der Säumnis gehören nur die "Mehr"-Kosten, die dadurch ausgelöst worden sind, dass der Kläger im ersten Termin säumig war. Es ist also zu fragen, welche Kosten angefallen wären, wenn der Gegner von vornherein nicht säumig gewesen wäre, sondern verhandelt hätte.

Hier war es so, dass im ersten Termin lediglich die 0,5-Terminsgebühr angefallen war (Nr. 3105 VV). Nach dem ersten Termin war also wie folgt abzurechnen:

 
Praxis-Beispiel
 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV    631,80 EUR
2. 0,5-Terminsgebühr, Nrn. 3104, 3105 VV    243,00 EUR
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV    20,00 EUR
  Zwischensumme 894,80 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV    170,01 EUR
Gesamt 1.064,81 EUR

Durch den zweiten Termin erstarkt die Terminsgebühr auf 1,2

Infolge des zweiten Termins entstand nicht – wie noch zur BRAGO (§ 38 BRAGO) – eine gesonderte Terminsgebühr; vielmehr ist hier die erste 0,5-Terminsgebühr zu einer vollen 1,2-Gebühr erstarkt, sodass sich folgende weitere Kosten ergeben haben:

 
Praxis-Beispiel
 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV    631,80 EUR
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV    583,20 EUR
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV    20,00 EUR
4. abzüglich bereits abgerechneter (netto)   -894,80 EUR
  Zwischensumme 340,20 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV    64,64 EUR
Gesamt 404,84 EUR

Diese weiteren Kosten sind aber nicht Kosten der Säumnis. Vielmehr ist zu fragen, welche Vergütung angefallen wäre, wenn der Beklagte nicht säumig gewesen wäre. In diesem Fall wäre im ersten Termin bereits verhandelt worden. Es wäre dort sogleich die volle 1,2-Terminsgebühr angefallen. Mehrkosten sind also nicht entstanden (KG AGS 2008, 591 = Rpfleger 2009, 51 = KGR 2008, 1007 = JurBüro 2008, 647 =VRR 2008, 403 = RVGreport 2009, 17; AG Bremen AGkompakt 2010, 69).

Wird das Versäumnisurteil auf den Einspruch des Gegners hin aufgehoben und über die Kosten gem. § 344 ZPO entschieden, so zählen die Gebühren, die für den Rechtsanwalt entstanden sind, der das Versäumnisurteil erwirkt hat, nicht zu den Kosten der Säumnis i.S.d. § 344 ZPO (KG AGS 2008, 591 = Rpfleger 2009, 51 = KGR 2008, 1007 = JurBüro 2008, 647 = VRR 2008, 403 = RVGreport 2009, 17).

Wird ein Versäumnisurteil nach schriftlichem Vorverfahren im Endurteil aufgehoben, zählt die 0,5-Terminsgebühr für das Versäumnisurteil gem. Nr. 3105 VV nicht zu den Kosten der Säumnis i.S.d. § 344 ZPO, weil die Gebühr gem. Nr. 3105 VV in der höheren Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV aufgegangen ist (AG Bremen AG kompakt 2010, 69).

Nur Reisekosten und Auslagen könnten Mehrkosten sein

Mehrkosten der Säumnis können daher grundsätzlich nur in den Reisekosten des Anwalts oder der Partei liegen, in Gerichtskosten für Zeugen und Sachverständige, die zum neuen Termin erneut geladen werden müssen, oder in sonstigen Auslagen.

 
Praxis-Beispiel

Zu den nach § 344 ZPO von der später obsiegenden Partei zu tragenden Kosten, die durch die Säumnis veranlasst sind, gehören insbesondere die Reisekosten und das Abwesenheitsgeld für die Wahrnehmung des Einspruchtermins.

OLG Köln, Beschl. v. 14.4.2008 – 17 W 72/08

 
Praxis-Beispiel

Nur die Mehrkosten im Zusammenhang mit dem Folgetermin sind Säumniskosten. Ordnet daher das Gericht persönliches Erscheinen zu dem Termin an, in dem das Versäumnisurteil ergeht, so sind Parteikosten dann nicht als Säumniskosten festzusetzen, wenn die Gegenpartei zu dem nächsten Termin nicht erscheint.

OLG Stuttgart, Beschl. v. 15.11.1988 – 8 W 493/88 (Justiz 1989, 15 = MDR 1989, 269 = JurBüro 1989, 543)

 

Beispiel

Der in Köln wohnende Kläger verklagt vor dem LG Düsseldorf den dort wohnenden Beklagten. Im ersten Termin ist der Beklagte säumig, sodass ein Versäumnisurteil ergeht. Auf Einspruch wird erneut verhandelt. Das Gericht hebt das Versäumnisurteil auf und weist die Klage ab. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt, mit Ausnahme der Kosten der Säumnis, die der Beklagte vorab zu tragen hat (§ 344 ZPO).

a) Zu beiden Terminen ist nur der Anwalt angereist.

b) Der Kläger ist zu beiden Terminen erschienen.

c) Der Kläger ist nur zum ersten Termin erschienen.

d) Der Kläger ist nur zum zweiten Termin erschienen.

Im Fall a) sind die Reisekosten des Anwalts zum zweiten Termin als Kosten der Säumnis vom Beklagten zu tragen.

Im Fall b) sind auch die Reisekosten der Partei und deren Entschädigung für Zeitversäumnis (§ 91 Abs. 1 S. 2 ZPO) den zweiten Termin betreffend vom Beklagten zu tragen.

Im Fall c) sind für die Partei keine Mehrkosten entstanden, da die Kosten des säumigen Termins keine Mehrkosten sein können.

Im Fall d) sind Mehrkosten entstanden. Wäre der Beklagte zum ersten Termin erschienen, wäre die Sache danach entschieden worden und es hätte keinen erneuten Termin gegeben. Dass der Kläger zum ersten Termin nicht erschienen ist, ist unerheblich.

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