Leitsatz

Ein Verstoß gegen die Hinweispflicht nach § 3a Abs. 2 S. 3 RVG in einer Vergütungsvereinbarung auf die eingeschränkte Kostenerstattung führt nicht zur Beschränkung auf die gesetzliche Vergütung nach § 4b RVG.

AG München, Urt. v. 24.11.2016 – 173 C 3262/16

1 Der Fall

Der beklagte Anwalt hatte mit seinem Mandanten für ein Privatklageverfahren eine Vergütungsvereinbarung abgeschlossen. In der Vereinbarung hatte er nicht darauf hingewiesen, dass im Falle einer Kostenerstattung diese auf die Höhe der gesetzlichen Vergütung begrenzt sei. Der Mandant hatte die vereinbarte Vergütung zunächst bezahlt und im Nachhinein zurückgefordert, soweit die vereinbarte Vergütung über die gesetzliche Vergütung hinausging. Begründet hat er seinen Anspruch damit, dass der nach § 3a Abs. 1 S. 3 RVG gebotene Hinweis in der Vergütungsvereinbarung fehle, wonach lediglich die gesetzliche Vergütung erstattet werde. Daher sei die Vergütungsvereinbarung unwirksam und der Anwalt zur Rückzahlung verpflichtet. Das Gericht hatte die Klage abgewiesen.

2 Die Entscheidung

Verstoß gegen Hinweispflicht berührt nicht die Verbindlichkeit

Unstreitig liegt hier ein Verstoß gegen § 3a Abs. 3 S. 3 RVG vor. Entgegen der Auffassung der Klägerin führt dieser Verstoß aber weder zur Unwirksamkeit noch zur Unverbindlichkeit der Vergütungsvereinbarung. Die Vorschrift des § 4b RVG sanktioniert nur Verstöße gegen die Formvorschriften des § 3a Abs. 1 S. 1 und 2 RVG. Auf § 3a Abs. 1 S. 3 RVG nimmt § 4b RVG nicht Bezug. Aus der ausdrücklichen Aufzählung der Sätze 1 und 2 in § 3a Abs. 1 RVG folgt, dass bei einem Verstoß gegen die Hinweispflicht nach § 3a Abs. 1 S. 3 RVG gerade keine Unverbindlichkeit eintreten soll.

Verstoß kann nur zu Schadensersatzansprüchen führen

Ein Verstoß gegen § 3a Abs. 1 S. 3 RVG kann daher allenfalls Schadensersatzansprüche auslösen. Der Mandant muss nachweisen, dass er sich bei Erteilung des Hinweises anders verhalten und keine Vergütungsvereinbarung abgeschlossen hätte, so dass ihm aus der Verletzung der Hinweispflicht ein Schaden entstanden ist. Entsprechendes ist hier vom Kläger nicht dargelegt worden, so dass die Klage insgesamt abzuweisen war.

3 Praxistipp

Ein Verstoß gegen § 3a Abs. 1 S. 1 und 2 RVG führt nicht zur Unwirksamkeit der Vereinbarung. Diese bleibt vielmehr wirksam. Es handelt sich nicht um einen Formverstoß nach § 125 BGB. Die Verletzung dieser Formvorschriften führt lediglich zur Unverbindlichkeit der Vergütung, soweit sie über die gesetzliche Vergütung hinausgeht (BGH AGS 2015, 557 = AnwBl 2016, 79 = VersR 2016, 661 = NJW-Spezial 2016, 28 = NJW 2016, 1391).

Dass es sich bei der Vorschrift des § 3a Abs. 1 S. 3 RVG nicht um eine Formvorschrift handelt, die zur Unverbindlichkeit führt, ergibt sich schon – wie das Gericht zutreffend ausgeführt hat – eindeutig aus dem Wortlaut des § 4b RVG. Im Übrigen hat der BGH diese Frage schon längst entschieden (AGS 2016, 382 = AnwBl 2016, 692 = JurBüro 2016, 463 = RVGreport 2016, 332 = NJW-Spezial 2016, 605 = NJW-RR 2017, 124), ebenso das OLG Karlsruhe (AGS 2015, 9 = AnwBl 2015, 182 = NJW-Spezial 2015, 28 = NJW 2015, 418).

Darlegungs- und Beweislast liegt beim Mandanten

Die Verletzung der Hinweispflicht kann – ebenso wie die Verletzung der Hinweispflicht nach § 49b Abs. 5 BRAO – nur zum Schadensersatz führen. Insoweit ist der Mandant verpflichtet, darzulegen und notfalls zu beweisen, dass er sich bei gehöriger Erteilung des Hinweises anders verhalten hätte und ihm in diesem Fall geringere Kosten entstanden wären. Im konkreten Fall hätte der Beklagte also darlegen und beweisen müssen, dass er bei dem entsprechenden Hinweis von einer Vergütungsvereinbarung Abstand genommen oder einen anderen Anwalt zu günstigeren Bedingungen beauftragt hätte. Ein solcher Beweis wird in der Praxis schwer zu führen sein, so dass eine Verletzung der Hinweispflicht in der Regel sanktionslos bleiben wird.

AGKompakt 10/2017, S. 100

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