In familienrechtlichen Beratungshilfemandaten ist häufig nicht klar, ob eine Angelegenheit gegeben ist oder mehrere. Die Rspr. ging bislang überwiegend – jedoch unzutreffenderweise – davon aus, dass die Beratung hinsichtlich der verschiedenen Gegenstände in Familiensachen (Unterhalt, Hausrat, Zugewinn o.Ä.) als eine einzige Angelegenheit i.S.d. § 15 Abs. 1 RVG anzusehen sei und die Beratungshilfegebühren daher insgesamt nur einmal ausgelöst werden (siehe hierzu ausführlich AnwK-RVG/N. Schneider, Vor Nrn. 2500 ff. VV RVG Rn 30, 31; Hansens/Braun/Schneider, Vergütungsrecht, Teil 9 Rn 330 ff.). Häufig wird in analoger Anwendung ein Beratungshilfeverbund nach § 16 Nr. 4 RVG angenommen (so zuletzt noch OLG Brandenburg, Beschl. v. 29.9.2009 – 6 W 76/08), den es aber gar nicht gibt.

Die Regelung des § 16 Nr. 4 RVG gilt nur für die gerichtlichen Verbundverfahren, nicht für außergerichtliche Tätigkeiten.

Die Regelung des § 16 Nr. 4 RVG gilt nur für die gerichtlichen Verbundverfahren. Erfreulicherweise ist in der Rspr. eine Tendenz zu erkennen, außergerichtlich die einzelnen Familiensachen nicht mehr als eine Angelegenheit anzusehen, sondern jeweils als gesonderte Angelegenheiten.

 
Praxis-Beispiel
  1. Die Beratung in Trennungs-, Scheidungs- und Folgesachen in einer familiären Auseinandersetzung ist nicht nur eine Angelegenheit i.S.d. §§ 2, 6 BerHG, auch wenn nur ein Berechtigungsschein ausgestellt worden ist, sondern beinhaltet verschiedene Angelegenheiten i.S.d. § 15 RVG.
  2. Beratung in Fragen des Ehegattenunterhalts, des Kindesunterhalts, des Umgangsrechts und des ehelichen Güterrechts einschließlich Hausrat und Vermögensauseinandersetzung ist eine Beratung in vier verschiedenen Angelegenheiten. Dem Rechtsanwalt stehen demzufolge jeweils gesondert Gebühren für jede dieser Angelegenheiten nach § 44 RVG zu.

OLG Köln AGS 2009, 422 = FamRZ 2009, 1345 = Rpfleger 2009, 516

 
Praxis-Beispiel

Leistet ein Rechtsanwalt aufgrund eines einheitlichen Auftrags gleichzeitig Beratungshilfe für die Geltendmachung von Kindesunterhalt und für das Umgangsrecht betreffend ein nichteheliches Kind, so handelt es sich kostenrechtlich nicht um eine Angelegenheit, so dass hierfür zweimal Beratungshilfe abgerechnet werden kann (Fortführung von 5 T 44/02 – Rpfleger 2002, 463, dort eheliches Kind).

LG Mönchengladbach AGS 2009, 80 = JurBüro 2009, 95 = MDR 2009, 534 = FamRZ 2009, 1086 = AnwBl 2009, 312

 
Praxis-Beispiel

In Familiensachen handelt es sich bei der Beratung des Rechtsanwalts über das Umgangsrecht um eine eigenständige Angelegenheit im Verhältnis zu den Angelegenheiten Auskunft und Hausrat.

AG Bad Schwalbach JurBüro 2009, 95

 
Praxis-Beispiel
  1. Scheidungssachen und Scheidungsfolgesachen sind für die Festsetzung der Beratungsgebühr selbstständige Angelegenheiten.
  2. Die Regelung des § 16 Nr. 4 RVG betrifft lediglich das gerichtliche Verbundverfahren und erfasst nicht die vorgelagerte außergerichtliche Beratungshilfe in Scheidungs- und Folgesachen. Eine analoge Anwendung kommt nicht in Betracht.
  3. Bei einer Beratungshilfetätigkeit für die Scheidung und deren Folgen ist gebührenrechtlich von verschiedenen Angelegenheiten auch dann auszugehen, wenn diese später im gerichtlichen Verbundverfahren geltend zu machen wären.

OLG Düsseldorf AGS 2009, 79 = JurBüro 2009, 39 = OLGR 2009, 154 = NJW-RR 2009, 430 = FamRZ 2009, 1244 = Rpfleger 2009, 90

 
Praxis-Beispiel

Findet eine Beratung über den Kindesunterhalt und das Umgangsrecht zu verschiedenen Zeitpunkten (zwei Monate Zeitdifferenz) statt, so handelt es sich um gesonderte Angelegenheiten.

AG Merzig AGS 2008, 136

 
Praxis-Beispiel

Die verschiedenen Trennungsfolgen (hier: Ehegattenunterhalt, Kindesunterhalt, Hausratteilung, Auflösung der Ehewohnung) stellen im Bereich der Beratungshilfe verschiedene Angelegenheiten dar.

OLG Frankfurt/M., Beschl. v. 12.8.2009 – 20 W 197/09

 
Praxis-Beispiel

Außergerichtliche Abänderungen eines Unterhaltstitels gegenüber drei Kindern verschiedener Mütter sind jeweils gesonderte Angelegenheiten.

AG Mülheim a.d. Ruhr, Beschl. v. 10.9.2009 – 34 II 568/09; 34 II 569/09

 
Praxis-Beispiel

Scheidung und Scheidungsfolgen einerseits sowie Trennungsunterhaltsansprüche und vermögensrechtliche Angelegenheiten anlässlich der Trennung andererseits sind zwei verschiedene Angelegenheiten.

OLG Brandenburg, Beschl. v. 29.9.2009 – 6 W 105/08

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