Ein besonderes Anrechnungsproblem kann sich wegen der unterschiedlichen Gegenstandswerte ergeben, wenn der Anwalt in einer Kindschaftssache Umgang, Sorge oder Kindesherausgabe (§ 151 Nr. 1 bis 3 FamFG) außergerichtlich vertreten hat und diese dann anschließend als Folgesache im Verbund (§ 137 FamFG) anhängig gemacht wird.

Geschäftsgebühr ist hälftig anzurechnen

Auch insoweit gilt Vorbem. 3 Abs. 4 VV. Die Geschäftsgebühr aus der vorgerichtlichen Vertretung ist hälftig, höchstens zu 0,75 anzurechnen. Ein besonderes Problem ergibt sich hier insoweit, als sich außergerichtlich ein anderer Wert ergeben kann als im gerichtlichen Verbundverfahren.

Isolierte Kindschaftssache richtet sich nach § 45 FamGKG

Die betreffende Kindschaftssache wird als isoliertes Verfahren und damit auch im Rahmen der außergerichtlichen Vertretung (§ 23 Abs. 1 S. 3 RVG) nach § 45 FamGKG bewertet. Auszugehen ist insoweit von einem Regelwert i.H.v. 3.000,00 EUR.

Folgesache richtet sich nach § 44 Abs. 2 S. 1 FamGKG

Als Folgesache im Verbund werden die Kindschaftssachen Umgang, Sorge oder Kindesherausgabe dagegen nach § 44 Abs. 2 S. 1 FamGKG regelmäßig mit 20 % der Ehesache bewertet, höchstens mit 3.000,00 EUR.

Angerechnet wird nur nach dem geringeren Wert

Zu beachten ist jetzt Vorbem. 3 Abs. 4 S. 3 VV entsprechend. Angerechnet wird nur nach dem Wert der Folgesache, es sei denn, der Wert der vorgerichtlichen Tätigkeit wäre ausnahmsweise geringer. Dann würde nur der geringere Wert der außergerichtlichen Vertretung gelten:

 
Praxis-Beispiel

Der Anwalt war außergerichtlich hinsichtlich des Umgangsrechts tätig und hat ausgehend von dem Regelwert des § 45 Abs. 1 FamGKG (3.000,00 EUR) wie folgt abgerechnet:

I. Außergerichtliche Vertretung (Wert: 3.000,00 EUR)

 
1. 1,3-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV   245,70 EUR
2. Postengeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 265,70 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   50,48 EUR
Gesamt 316,18 EUR

Es kommt hiernach zum Scheidungsverfahren (Werte: Ehesache 6.000,00 EUR; Versorgungsausgleich 1.200,00 EUR). Das Umgangsrecht wird als Folgesache anhängig gemacht. Der Wert der Folgesache Umgangsrecht wird gem. § 44 Abs. 2 S. 1 FamGKG auf 1.200,00 EUR festgesetzt.

Die vorgerichtlich entstandene Geschäftsgebühr wird jetzt hälftig angerechnet, aber nur soweit sie aus dem Wert des gerichtlichen Verfahrens, also aus 1.200,00 EUR, angefallen wäre.

II. Verbundverfahren (Wert: 8.400,00 EUR)

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   583,70 EUR
2. gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV anzurechnen, 0,65 aus 1.200,00 EUR   -55,25 EUR
3. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   538,80 EUR
4. Postengeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.087,25 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   206,58 EUR
Gesamt 1.293,83 EUR

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