Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leisten.

Beschluss

Der Streitwert wird auf bis zu 3.000,00 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Klägerin als Vermieterin verlangt von den Beklagten als Mietern der Wohnung im Obergeschoss des Hauses … in … Stuttgart die Entfernung der seitens der Beklagten auf dem Balkon der Mietwohnung installierten Solaranlage.

Die Beklagten planten Anfang 2020 die Installation der Solaranlage auf dem Balkon und baten die Klägerin mehrfach vergeblich um Zustimmung. Obwohl die Klägerin der Installation widersprach, installierten die Beklagten schließlich eine Solaranlage auf dem Balkon, mit welcher sie Strom in das Stromnetz des Balkons einspeisen. Sie meldeten die Anlage beim Netzbetreiber an. Zudem wurden eventuelle Risiken durch die Solaranlage über eine private Haftpflichtversicherung der Beklagten abgesichert. Mit Schreiben vom 21.04.2020 (Anlage K2) mahnte die Klägerin die Beklagten ab und forderte sie zur Beseitigung auf. Mit Emails vom 11.05.2020 (Bl. 92) und konkretisiert vom 14.10.2020 (Bl. 119) bestätigte ein Mitarbeiter der Landeshauptstadt Stuttgart (Amt für Stadtplanung und Wohnen, Grünordnungsplanung – untere Naturschutzbehörde) die Genehmigungsfreiheit der Anlage. Am 03.08.2020 erfolgte die Besichtigung der Anlage durch die Klägerin und einen von ihr hinzugezogenen Elektromeister.

Die Klägerin behauptet, die Anlage sei laienhaft und gefährlich angebracht. Sie sei weder wind- noch brandsicher und habe folgende Mängel (Bl. 43):

  • Nicht mit dem Gebäude fixierte, sondern angelehnte PV-Module an Holzkonstruktion
  • Einspeiseleistung der PV-Module ohne bekannte Leistung in kWp
  • Gleichrichter in Umhüllung, die in ihrer Beschaffenheit nicht zu der Anlage passt
  • Leitungsverlegung des zweiten PV-Moduls in offener Ausführung, eingeklemmt unter Abtropfblech Balkontüre und Bodenbelag Balkon
  • Sekundäre Leitung nicht in vorschriftskonformer Ausführung und Verlegung
  • Einspeisung der erzeugten Spannung unmittelbar über eingeschalteten Lichtschalter für Balkonbeleuchtung
  • Vorhandener Werkszähler ohne Rücklaufsperre, entgegen TAB der EnBW und VDE-AR4105
  • Keine Anlagentrennung über Schalter oder Stecker vorhanden.

Zudem seien Auflagen des Baurechtsamtes im Außenbereich und Landschaftsschutzgebiet nicht berücksichtigt worden.

Die Klägerin beantragt:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, die ohne Erlaubnis auf dem Balkon der Wohnung im Obergeschoss des Hauses … Stuttgart angebrachte Solaranlage zu entfernen und den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten behaupten, die Solaranlage sei technisch fachgerecht durch den Beklagten als Elektrofachkraft installiert worden und von ihr gehe weniger Gefahr aus als von anderen, üblichen Haushaltsgeräten. Sie meinen, deshalb stünde ihnen ein Anspruch auf Genehmigung der Solaranlage gegen die Klägerin zu.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines mündlichen Sachverständigengutachtens des öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für das Elektroinstallateurhandwerk …. Der Sachverständige hat mit den Parteien am 22.03.2021 eine Ortsbesichtigung durchgeführt. Bezüglich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 29.03.2021 (Bl. 149-153) Bezug genommen.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

I. Die Klage ist zulässig, aber zum maßgeblichen Stand am Schluss der mündlichen Verhandlung (vgl. BeckOK ZPO/Elzer, 39. Ed. 1.12.2020, ZPO § 300 Rn. 11) unbegründet.

1. Die Klägerin hat gegen die Beklagten keinen Anspruch aus § 541 BGB auf Beseitigung der auf dem Balkon angebrachten Solaranlage und Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands, da den Beklagten ein Duldungsanspruch aus § 242 BGB auf Genehmigung der Solaranlage gegen die Klägerin zusteht.

a) Grundsätzlich steht der Klägerin gegen die Beklagten ein Anspruch auf Beseitigung der ohne Einwilligung angebrachten Solaranlage auf dem Balkon zu, da hier eine vertragswidrige Nutzung gegeben ist.

Gemäß § 541 BGB kann der Vermieter auf Unterlassung klagen, wenn der Mieter einen vertragswidrigen Gebrauch der Mietsache trotz einer Abmahnung fortsetzt; der Anspruch umfasst auch die Beseitigung eines vom Mieter geschaffenen vertragswidrigen Zustands (BGH, Urteil vom 16. 11. 2005 – VIII ZR 5/05, NJW 2006, 1062, beck-online). Was jeweils im Einzelnen zum vertragsgemäßen Gebrauch des Mieters von Wohnraum gehört, richtet sich in erster Linie nach den Abreden der Parteien. Maßgebend sind bei deren – auch ergänzend...

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