Leitsatz (amtlich)

Behandlungsbedürftige psychisch Kranke, die krankheitsbedingt für sich oder andere gefährlich sind, können nach UBG Baden-Württemberg nur untergebracht, aber nicht gegen ihren Willen beahndelt werden.

 

Tenor

  • 1.

    Die Unterbringung des Betroffenen in der Klinik N oder in einer anderen anerkannten Einrichtung wird angeordnet.

  • 2.

    Der Betroffene ist spätestens zum 22. Dezember 2011 aus der Unterbringung zu entlassen.

  • 3.

    Die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung wird angeordnet.

  • 4.

    Die Entscheidung ergeht ohne Erhebung von Gerichtsgebühren.

 

Gründe

I.

Mit dem Unterbringungsantrag vom 09.11.2010 hat die Klinik N die Unterbringung des Betroffenen nach dem Unterbringungsgesetz für Baden-Württemberg beantragt. In dem Antrag ist ausgeführt, der Betroffene sei psychisch krank. Er leide an einer paranoiden Psychose, am ehesten aus dem schizophrenen Formenkreis.

Als Unterbringungsgrund wird Selbst- und Fremdgefährdung geltend gemacht. Das Gericht hat den Betroffenen angehört und im Rahmen der Anhörung ein mündliches Sachverständigengutachten eingeholt. Dabei wurden auch die Mutter des Betroffenen Frau VL und die Lebensgefährtin des Betroffenen, die mit dem Betroffenen einen gemeinsamen Hausstand führt, Frau BK, angehört. Insoweit wird auf die Protokollierung vom 10.11.2011 Bezug genommen.

II.

Gem. § 1 UBG können psychisch Kranke gegen ihren Willen untergebracht werden, wenn sie unterbringungsbedürftig sind. Gem. § 1 Abs. 4 UBG sind unterbringungsbedürftig psychisch Kranke, die infolge ihrer Krankheit ihr Leben oder ihre Gesundheit erheblich gefährden oder eine erhebliche gegenwärtige Gefahr für Rechtsgüter anderer darstellen, sofern die Gefährdung oder die Gefahr nicht auf andere Weise abgewendet werden kann.

Der Betroffene ist psychisch krank.

Der Betroffene wurde bereits im Jahre 2004 mit Beschluss des Amtsgerichts Nürtingen, Aktenzeichen XIV 24/04, vom 11.05.2004 für die Zeit vom 11.05.2004 bis 22.06.2004 nach dem UBG Baden-Württemberg untergebracht.

Auch zum damaligen Zeitpunkt lautete die ärztliche Spezifikation der psychischen Erkrankung des Betroffenen "paranoide Psychose".

Dass der Betroffene auch weiterhin psychisch krank ist ergibt sich für das Gericht aufgrund der ärztlichen Feststellungen im Unterbringungsantrag in Verbindung mit dem im Rahmen der Anhörung gewonnenen persönlichen Eindruck sowie aufgrund des mündlichen Sachverständigengutachtens von Frau Dr. J vom 10.11.2011.

Der Betroffene war nach Angaben seiner Angehörigen und auch nach eigenen Angaben seit der Unterbringung im Jahre 2004 ambulant in ärztlicher Behandlung und hat die Symptome seiner Erkrankung mit dem Neuroleptikum Zyprexa behandelt bekommen.

Der Betroffene hat in der Urlaubsabwesenheit seiner ihn behandelnden Ärztin Frau Dr. R ... die ihm zugedache Medikation ohne Kontakt mit einem Arzt zu halten, abgesetzt. Die Folge war, dass er massiv unruhig war, kaum mehr schlafen konnte und in sich zurückgezogen war. Er legte im häuslichen Bereich und auch bei der Ankunft in der Klinik, die durch seine Angehörigen organisiert wurde, ein mutistisches Verhalten an den Tag. Er fühlte sich durch seine Angehörigen gegängelt, da diese ihn immer wieder beknieten, doch die ihm zugedachte Medikation einzunehmen, was er nicht tat. Dabei kam es nach dem Bericht seiner Angehörigen auch dazu, dass er aus dem Hause, das die Angehörigen vorsorglich abgeschlossen hatten, entwich und unter Nichtbeachtung des Straßenverkehrs die Straße überquerte bzw. überqueren wollte, wobei er auch mit einem Kraftfahrzeug als Fußgänger in Konflikt kam. Er litt in jüngster Zeit an einem diffusen Verfolgungswahn, den er insoweit konkretisierte, als er als Opfer dieser Wahnvorstellungen seine Eltern und seine Lebensgefährtin ausmachte. Der Betroffene weiß zwar abstrakt, dass er an einer psychischen Krankheit leidet. Er hat jedoch kein Krankheitsgefühl. Wie anlässlich der Anhörung deutlich zutage trat, lehnt er nach eigener Beurteilung die weitere Einnahme von Medikamenten ab. Bei der Aufnahme im Krankenhaus hat er ein raptusartiges Verhalten gegenüber seiner Umgebung an den Tag gelegt.

Die Angehörigen des Betroffenen fühlen sich im derzeitigen Umgang mit dem Betroffenen überfordert und wünschen eine Unterbringung und ärztliche Behandlung des Betroffenen. Der Betroffene selbst hat erst am Ende der Anhörung geäußert, dass er bereit sei, sich freiwillig im Krankenhaus aufzuhalten, allerdings wollte er sich nicht behandeln lassen und sein weiteres Verhalten erst nach Rücksprache mit der derzeit im Urlaub weilenden, ihn sonst behandelnden Ärztin, Dr. R festlegen.

Kurz nach der Aufnahme in der Klinik am 08.11.2011 trat er derart angespannt und drängend auf, dass sich die Klinik entschloss, ihn 5-Punkt zu fixieren. Der Betroffene wurde in diesem Zustand auch mit einer intravenösen Gabe des Medikaments Glianimon versorgt. Er hat am Abend des 09.11.2011 nach gutem Zureden auch oral dieses Medikament in zwei Medikamentengaben zu sich genommen.

Im Laufe der Anhörung, die sich über 1 3/4 Stunden e...

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