Leitsatz (amtlich)

1. Anbieter von Telekommunikationsdiensten können Telekommunikationsentgeltforderungen nicht wirksam an Inkassounternehmen abtreten (vergleiche OLG München, NJW-RR 1998, 758; AG Hamburg-Altona, MMR 2006, 834).

2. Das Fernmeldegeheimnis schützt nicht nur die veränderlichen Umstände einzelner Kommunikationsverbindungen ('Verkehrsdaten'), sondern auch Informationen, welche der Kunde dem Diensteanbieter für die Begründung, inhaltliche Ausgestaltung, Änderung oder Beendigung eines Vertragsverhältnisses über Telekommunikationsdienste dauerhaft anvertraut ('Bestandsdaten'; vergleiche BVerfGE 67, 157, 172; entgegen OVG Münster, MMR 2009, 424; LG Frankfurt/Oder, MMR 2002, 249).

 

Normenkette

TKG § 3 Nr. 3, §§ 88, 95 Abs. 1 S. 3, § 97 Abs. 1; BGB §§ 134, 410

 

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrags, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

IV. Die Berufung wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin klagt aus abgetretenem Recht auf Zahlung von Vergütung für die Inanspruchnahme eines Kabelnetzes.

Die Firma [X] (im Folgenden: [X]) betreibt ein Kabelnetz. Im Jahr 2007 schloss sie mit der Klägerin eine Vereinbarung, in der es unter anderem heißt: "[X] tritt jeweils mit Überspielung der für die Bearbeitung der Schuldnerforderungen erforderlichen Stamm- und Forderungsdaten mittels Datenträgeraustausch und/oder Übergabe der entsprechenden Datenträger die darin bezeichneten fälligen Zahlungsansprüche sowie hieraus resultierende künftigen Ansprüche, auch die Nebenforderungen, gegenüber ihren Kunden für den Fall, dass das gerichtliche Mahnverfahren erforderliche wird, an [Y] ab. Die Abtretung erfasst auch die zu diesem Zeitpunkt bestehenden und künftigen Ansprüche auf Ersatz des Verzugsschadens gegenüber den jeweiligen Schuldnern. Das gerichtliche Mahn-/Klageverfahren ist dann erforderlich, wenn der Zahlungstermin der letzten Inkassomahnung verstrichen ist. Die Abtretung wird zum Datum des Antrags auf Erlass eines Mahnbescheids wirksam. [Y] kann die Zahlungsansprüche und Nebenforderungen in eigenem Namen geltend machen. Mit der gerichtlichen Geltendmachung der Forderung werden Rechtsanwälte beauftragt. [Y] nimmt diese Abtretung an."

Der Beklagte schloss mit der Firma [X] am 26.11.2009 Verträge über den Anschluss an das von der Firma betriebene Kabelnetz zur Nutzung von Internetdienstleistungen, Telefondienstleistungen und digitalen Fernsehens. Der Beklagte sollte für den Kabelanschluss monatlich 16,90 Euro, für das digitale Fernsehen ("Kabel Digital Home") monatlich 10,90 Euro und für den Internet- und Telefonanschluss ("Paket Comfort") monatlich 29,90 Euro zahlen. Für jede Papierrechnung sollten 1,50 Euro gezahlt werden. Eine Mindestvertragslaufzeit von 12 Monaten wurde vereinbart. Die Firma [X] sollte die fällige Vergütung vom Konto des Beklagten einziehen.

Der Kabelanschluss wurde von der Firma [X] am 28.11.2009 aktiviert und stand dem Beklagten seither zur Verfügung. Das Digitalfernsehen wurde dem Beklagten ab dem 01.12.2009 bereit gestellt. Der Telefon- und Internetanschluss wurde am 26.11.2009 installiert und konnte seither vom Beklagten genutzt werden.

Mit 14 Rechnungen, wegen deren Inhalt auf die Anlagen zur Anspruchsbegründung (Bl. 15-33 d.A.) Bezug genommen wird, stellte die Firma [X] dem Beklagten 424,99 Euro in Rechnung.

Der Beklagte leistete keine Zahlung. Mit Schreiben vom 24.05.2010, 14.06.2010 und 03.07.2010 mahnte die Firma [X] die Zahlung der offenen Forderungen an, wodurch Mahnkosten von 5 Euro entstanden. Mit Schreiben vom 06.09.2010 erklärte die Firma [X] die außerordentliche Kündigung und stellte ihre Leistungen ein.

Mit Schreiben vom 21.09.2010 erfolgte die letzte Inkassomahnung. Anschließend überspielte die Firma [X] der Klägerin die erforderlichen Daten, ohne der Klägerin jedoch Verkehrsdaten mitzuteilen. Die Klägerin beauftragte ihre jetzigen Prozessbevollmächtigten mit der außergerichtlichen Geltendmachung der Forderungen, wofür die Anwälte der Klägerin 48,60 Euro in Rechnung stellten. Am 02.12.2010 hat die Klägerin den Erlass eines Mahnbescheids beantragt.

Mit ihrer Klage fordert die Klägerin die Zahlung der Rechnungsbeträge über 424,99 Euro abzüglich einer Gutschrift von 12,04 Euro, 5 Euro vorgerichtliche Mahnkosten und 48,60 Euro Rechtsanwaltsgebühren.

Die Klägerin beantragt zuletzt,

den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 412,95 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5% Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.10.2010 sowie 5 Euro vorgerichtliche Mahnkosten und 48,60 Euro Rechtsanwaltsgebühren zu zahlen.

Es ist Entscheidung im schriftlichen Verfahren angeordnet worden. Der Beklagte hat sich bis Ablauf des Tages, welcher dem Schluss der mündlichen Verhandlung entspricht, nicht auf die Klage ...

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