Tenor

1. Der Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung vom 31.7.2007 zu TOP 2 betreffend die Balkonaufstockung wird für ungültig erklärt.

2. Die Beklagten tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der Kosten des Streithelfers. Der Streithelfer trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung durch die Kläger durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Kläger in gleicher Höhe Sicherheit leisten.

 

Tatbestand

Im vorliegenden Fall besteht Streit darüber, ob in einer Wohnungseigentümerversammlung wirksam beschlossen werden konnte, dass an eine Wohnung ein zusätzlicher Balkon angebaut wird. Insbesondere geht es darum, ob die bauliche Maßnahme eine unbillige Beeinträchtigung im Sinne von § 22 Abs. 2 WEG darstellt.

Die Kläger sind Miteigentümer einer Wohnung mit Balkon im 2. Obergeschoss der WEG Hüetlinstr. 27 in Konstanz. Ihr Miteigentumsanteil beträgt 131/1000. … ist Alleineigentümer einer Einheit der WEG. … ist ebenfalls Alleineigentümerin einer Wohnung der WEG. … und … sind Miteigentümer von drei Wohnungen der WEG. Unter anderem sind sie Miteigentümer einer Wohnung im 3. Obergeschoss direkt über den Klägern. In § 20 Abs. 3 der Gemeinschaftsordnung der Teilungserklärung ist bestimmt, dass jeder Wohnungseigentümer eine Stimme hat. Steht ein Wohnungseigentum mehreren Personen gemeinschaftlich zu, so kann das Stimmrecht nur einheitlich ausgeübt werden.

Das Haus ist so gebaut, dass das Erdgeschoss und die beiden darüber liegenden Obergeschosse jeweils in gleicher Ausführungsart über Balkone verfügen. Der Balkon der Wohnung der Kläger ist der oberste und ohne Überdachung. Die drei Balkone liegen direkt übereinander. Einheitlichkeit wird zusätzlich dadurch erreicht, dass die Balkone durch vertikale Außenstreben miteinander verbunden sind (siehe Lichtbilder AS 45, 47 sowie Entwurf AS 15 und 17). Die Balkone haben jeweils eine Größe von ca. 1 ½ × 3 – 4 m. Die drei übereinanderliegenden Balkone sind morsch und bedürfen der Sanierung. Bei der Entscheidung des Wohnungskaufes der Kläger, war für sie von Bedeutung, dass ihr Balkon ohne Überdachung ist.

Die Wohnung über den Klägern verfügt bislang nur an einer anderen Stelle über eine Dachterrasse, die eine Größe von ca. 3 × 3 – 4 m hat. Diese Dachterrasse, aber auch die Balkone, gehen alle nach Süden hinaus.

Am 27.7.2007 unterzeichnete der Kläger Nr. 1 eine Vertretungsvollmacht und stellte zugleich einen Weisungsantrag an die Verwaltung. Hiernach wurde zu Top 2 mitgeteilt, dass keine Zustimmung zur geplanten baulichen Veränderung der Aufstockung oder auch nur teilweisen Überdachung über dem betroffenen Balkon erteilt werde. Der Verwalter übte die Vollmacht in der Versammlung nicht aus. Diese fand am 31.7.2007 statt.

In der Versammlung wies die Verwaltung u.a. darauf hin, dass die Kosten der Balkonaufstockung sich auf ca. 5.000,– Euro belaufen. Zu TOP 2 (Abstimmung über den Antrag zum Einbau einer Dachgaupe und Aufstockung des Balkons) wurde im Protokoll folgendes festgehalten und wurde wie folgt abgestimmt:

„Familie … teilt mit, dass an einem Einbau einer Dachgaupe nur dann Interesse bestehe, wenn gleichzeitig ein Balkon angebaut werden kann. Planzeichnung wird vorgelegt. Ob dem Bauantrag seitens der Stadt Konstanz zugestimmt wird, ist Familie … nicht bekannt. Fam. … übernähme sämtliche Kosten, die mit der Aufstockung des Balkons in Zusammenhang stehen (zu den ohnehin anfallenden Umlagen), nebst Folgekosten. Für den Fall des Einbaus einer Dachgaupe entfielen für die übrigen Eigentümer die Sanierungskosten für die Dachsanierung, die ebenfalls von Fam. … getragen würden. Beschluss: Die Eigentümerversammlung genehmigt den Einbau einer Dachgaupe und die Aufstockung des Balkons gem. Planzeichnung für den Fall der baurechtlichen Genehmigung der Stadt Konstanz mit 3 von 3 anwesenden Stimmen.”

Mit Schreiben vom 12.8.2007, das beim Amtsgericht Konstanz am 13.8.2007 einging, haben die Kläger die Beschlussfassung betreffend die Balkonaufstockung angefochten. Der Verwalter wurde gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 WEG beigeladen. Mit Schriftsatz vom 4.9.2007 ließ der Verwalter seinen Beitritt zum Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten mitteilen.

Die Kläger behaupten, dass sie durch den geplanten Balkonneubau direkt nachteilig betroffen seien. Die geplante nachträgliche Vergrößerung des Sondereigentums im 3. Obergeschoss wäre eine direkte Beeinträchtigung des Lichteinfalls/der Tageshelligkeit sowie eine Sichtbenachteiligung ihrer Wohnung. Gleichzeitig würde das ästhetische Gesamtbild der vorhandenen kleinen Anlage durch diese proportional ziemlich massive Aufstockung gestört. Die Kläger sind daher der Meinung, dass der Beschluss aus diesem Grunde rechtswidrig sei. Ein gesetzeswidriger Mehrheitsbeschluss läge auch deshalb vor, weil die Verwaltung die Vertretungsvollmacht und den Weisungsantrag nicht beachtet habe.

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