Entscheidungsstichwort (Thema)

Insolvenzantrag eines Gläubigers: Darlegungs- und Beweislast bei behauptetem Wohnsitz des Schuldners im Ausland. Darlegungs- und Beweislast des Schuldners hinsichtlich des Mittelpunkts der hauptsächlichen Interessen (COMI) i.R.d. Amtsermittlung durch das Insolvenzgericht

 

Leitsatz (amtlich)

Lässt sich im Rahmen der Amtsermittlung durch das Insolvenzgericht der Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen (COMI) des Schuldners nicht ermitteln, trägt dieser die Darlegungs- und Beweislast für seine Behauptung, zum Zeitpunkt der Insolvenzantragstellung einen Geschäfts- bzw. Wohnsitz im Ausland begründet zu haben.

 

Normenkette

EuInsVO § 3 Abs. 1; InsO § 3 Abs. 1 S. 1, § 4; ZPO § 16

 

Verfahrensgang

AG Köln (Beschluss vom 20.12.2011; Aktenzeichen 74 IN 108/10)

BGH (Beschluss vom 22.03.2007; Aktenzeichen IX ZB 164/06)

OLG Zweibrücken (Entscheidung vom 22.06.1999; Aktenzeichen 2 AR 27/99)

 

Tenor

Der sofortigen Beschwede des Schuldners vom 28.12.2011 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 20.12.2011 wird nicht abgeholfen.

Die Akte wird dem Landgericht Köln zur Entscheidung vorgelegt.

 

Tatbestand

I.

Mit Schreiben vom 01.03.2010 – eingegangen bei Gericht am 09.03.2010 – hat die Antragstellerin den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners gestellt. Zur Glaubhaftmachung der Forderung legte die Antragstellerin einen mit dem Schuldner geschlossenen Kreditvertrag vom 20.03.1996 vor, der mit Schreiben vom 28.06.2007 gekündigt worden war. Hinsichtlich des Insolvenzgrundes der Zahlungsunfähigkeit bezog sich die Antragstellerin auf das unter dem Aktenzeichen 73 IN 598/08 geführte Verfahren und den Versuch der Antragstellerin, dem Schuldner die Eidesstattliche Versicherung abnehmen zu lassen. Schließlich wies die Antragstellerin darauf hin, dass sich der Schuldner bei der Stadtverwaltung C. zum 20.02.2009 nach Belgien abgemeldet habe, wo er über eine belgische Anschrift zwecks Zustellung von Postsendungen verfüge. Dass der Schuldner tatsächlich nach Belgien verzogen sei, bezweifelte die Antragstellerin, da der Schuldner ausweislich der über die belgischen Behörden eingeholten Auskünfte und Ermittlungen vor Ort weder in Belgien gemeldet sei noch tatsächlich dort gelebt habe. Demnach ergebe sich die Zuständigkeit des Amtsgerichts Köln nach dem letzten Wohnsitz des Schuldners in C..

Nach Beiziehung der Akte 73 IN 599/08 hat das Gericht unter Bejahung seiner Zuständigkeit gemäß §§ 3 InsO, 16 ZPO mit Beschluss vom 25.03.2010 zur Aufklärung des Sachverhalts nach § 5 InsO die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens angeordnet. Die nach § 14 Abs. 2 InsO vorgeschriebene vorherige Anhörung des Schuldners ist gemäß § 10 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. InsO unterblieben, da sich aus der beigezogenen Akte aufgrund der in diesem Verfahren durchgeführten Ermittlungen ergeben hatte, dass der Aufenthalt des Schuldners nach Aufgabe seines bisherigen Wohnsitzes in Bergheim unbekannt war.

Mit Schriftsätzen vom 27.05.2010 und 27.07.2010 seiner damaligen Verfahrensbevollmächtigten hat der Schuldner vorgetragen, bereits weit vor Insolvenzantragstellung nach Belgien verzogen und unter der Anschrift Rue …, Saint F./Belgien, erreichbar gewesen zu sein. Zur Glaubhaftmachung seines im Sommer 2008 in Belgien begründeten Wohnsitzes legte der Schuldner eine Bestätigung des Eigentümers des Hauses Rue … in Saint F., der dieses Haus mit seiner Familie selbst bewohnt, vor, wonach der Schuldner bis zum 13.03.2010 unter dieser Adresse gewohnt habe; der Eigentümer habe u.a. in dessen Abwesenheit Post für den Schuldner entgegen genommen. Desweiteren wurden mehrere an die Adresse in Belgien gerichtete Schreiben u.a. der Antragstellerin, des Registergerichts Köln und des Insolvenzverwalters aus dem Verfahren 73 IN 599/08 vorgelegt, die den Antragsteller erreicht hatten. Auf einen geplanten Umzug nach England wurde hingewiesen. Schließlich wurden dem Gutachter eine Zusammenstellung der Aufenthaltsorte des Schuldners im Zeitraum Februar bis April 2010 sowie zwecks Nachweises des dauerhaften Aufenthalts des Schuldners in England ein Arbeitsvertrag vom 27.05.2010, ein Untermietvertrag vom 01.06.2010 und ein Mietvertrag vom 13.08.2010 übersandt. Zur Begründung seiner Behauptung, der Schuldner habe zum Zeitpunkt der Insolvenzantragstellung eine freiberufliche Tätigkeit von seiner belgischen Adresse in Saint F. aus betrieben, hat der Schuldner fünf in Belgien, Frankreich und Luxemburg wohnhafte Mandanten aufgezählt, für die er von Belgien aus tätig gewesen sein will. Im Übrigen vertritt der Schuldner die Auffassung, der Insolvenzantrag sei unzulässig, weil die Zuständigkeit ausschließlich nach Art. 3 Abs. 1 EuInsVO zu beurteilen sei, welcher einen Rückgriff auf § 16 ZPO verwehre. Überdies sei die Antragstellerin, wie ihm aus sicherer Quelle mitgeteilt worden sei, nicht mehr Inhaberin der Forderung, weil sie diese vor kurzer Zeit verkauft und abgetreten habe. Schließlich sei der Beschluss vom 20.12.2011 wegen – s...

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