rechtskräftig

 

Tenor

Der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 22.12.2016 zu TOP 3b wird insofern für ungültig erklärt, soweit er die Umlage der Kosten nach Anzahl der Wohneinheiten der Gemeinschaft als Verteilungsmaßstab zugrunde legt.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beigeladene.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beigeladene kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leisten.

 

Tatbestand

Die Kläger fechten mit einem am 20.01.2017 bei Gericht eingegangen Schriftsatz den Beschluss der Eigentümerversammlung vom 22.12.2016 zu TOP 3b an, soweit er die Umlage der Kosten nach Anzahl der Wohneinheiten als Verteilungsmaßstab zugrunde legt. Unter TOP 3 wurden diverse Beschlüsse zur Erneuerung der fünf bestehenden Holzbalkone in Verbindung mit Maßnahmen zur Herstellung der zweiten Rettungswege für die ausgebauten Dachgeschosswohnungen bzw. Spitzböden beschlossen. Wegen der Einzelheiten wird auf das Protokoll (Bl. 4 ff GA) Bezug genommen. Die Anlage besteht aus insgesamt 30 unterschiedlich großen Einheiten. Im Bereich von fünf dieser Einheiten wurden im Jahre 1990 nachträglich die fünf zu sanierenden Holzbalkone angebaut. Die Teilungserklärung enthält zur Umlage der Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten keine Regelung.

Die Kläger tragen vor, der Beschluss beinhalte eine Änderung des gesetzlichen Verteilerschlüssels und sei formell mangels Bezeichnung in der Einladung sowie materiell mangels Vorliegen der Voraussetzungen des § 16 Abs.4 WEG zu beanstanden. Die Verwaltung habe das Verfahren grob fahrlässig veranlasst.

Die Kläger beantragen,

wie erkannt.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten tragen vor, der zweite Rettungsweg soll baulich mit den zu erneuernden Balkonen verbunden werden. Der Beschluss diene im Hinblick auf die rechtliche Zulässigkeit dem Gebrauch aller Einheiten. Die Möglichkeit einer abweichenden Kostenverteilung sei in der Eigentümerversammlung ausführlich diskutiert worden. Die Eigentümer hätten sich nach dem Solidaritätsprinzip ausdrücklich dagegen entschieden, die Kosten für die Balkone ausschließlich auf die Eigentümer zu verteilen, welche über Balkone an ihren Wohnungen verfügten. Die erforderliche Mehrheit habe vorgelegen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage hat Erfolg.

Vorab ist klarzustellen, dass die Aktivlegitimation der Kläger nicht mehr streitig ist, nachdem diese mit Schriftsatz vom 06.04.2017 eine Grundbuchmitteilung vorgelegt haben.

Der streitgegenständliche Beschluss widerspricht im Umfang der geltend gemachten Anfechtung Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung und ist für ungültig zu erklären.

Zu Recht rügen die Kläger zunächst eine mangelnde Bezeichnung in der Einladung. Ausweislich der Einladung ist der Beschluss zu TOP 3b lediglich mit Maßnahmen zur Herstellung des zweiten Rettungsweges bezeichnet. Hinweise dazu, dass der bestehende Verteilerschlüssel hinsichtlich der Kostentragung geändert werden soll, enthält die Einladung nicht. Dies ist indes angesichts der Bedeutung des Beschlussgegenstandes, da es um die Verteilung von veranschlagten Kosten in Höhe von 62.000,00 EUR mit einem Kostenanteil von 2066,66 EUR pro Einheit (62.000 EUR: 30 Einheiten) geht, unzureichend. Denn nach dem unwidersprochenem Vortrag der Kläger galt für die Verteilung der Kosten mangels einer Vereinbarung der gesetzliche Kostenverteilerschlüssel nach Miteigentumsanteilen, der vorliegend erkennbar auch zu einer erheblich anderen Verteilung führt, da es in der Anlage unterschiedlich große Sondereigentumseinheiten gibt. Der Inhalt der Bezeichnung ist abhängig von der Bedeutung des Beschlussgegenstandes. Je bedeutsamer der Gegenstand der Beschlussfassung für den einzelnen Wohnungseigentümer ist, desto genauer ist er in der Einladung zur Versammlung zu bezeichnen. Dies gilt auch, wenn die Wohnungseigentümer auf Grund einer früheren Beratung, einer vormaligen Beschlussfassung oder auf Grund eines gerichtlichen Verfahrens bereits mit der betreffenden Angelegenheit vertraut sind (vgl. Bärmann-Merle, WEG, 12.Auflage, § 23 Rn.86). Daher kommt es auf den Vortrag der Beklagten, dass den Eigentümern die notwendigen Arbeiten und Kosten bekannt gewesen seien, nicht an.

Darüber hinaus widerspricht die geänderte Kostenverteilung § 16 Abs. 4 WEG. Hiernach kann im Einzelfall für Maßnahmen der Instandhaltung oder Instandsetzung ein geänderter Kostenverteilerschlüssel beschlossen werden, wenn der abweichende Maßstab dem Gebrauch oder der Möglichkeit des Gebrauchs durch die Wohnungseigentümer Rechnung trägt. Dies ist der Fall, wenn die Kostenlast des Einzelnen aufgrund individueller Gebrauchsvorteile gerechtfertigt ist. Unter Gebrauch ist dabei die eigennützige Verwendung von Teilen, Einrichtungen und A...

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