Entscheidungsstichwort (Thema)

Anwendbarkeit des Art. 3 EuInsVO auf das Nachlassinsolvenzverfahren beim Wohnsitz des Erblassers im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Vorschriften der Europäischen Insolvenzordnung (EuInsVO) sind grundsätzlich auch auf das Nachlassinsolvenzverfahren anwendbar. Da gemäß Art 1 I EuInsVO die Europäische Insolvenzverordnung für alle Gesamtverfahren, welche die Insolvenz des Schuldners voraussetzen und den vollständigen oder teilweisen Vermögensbeschlag gegen den Schuldner sowie die Bestellung eines Verwalters zur Folge haben, gilt, fällt unter diese Definition auch das Nachlassinsolvenzverfahren. Dieses dient nach Verfahrenseröffnung und Bestellung eines Insolvenzverwalters neben der Beschränkung der grundsätzlich unbeschränkten Haftung des Erben für Nachlassverbindlichkeiten auf den Nachlass weiter der gemeinsamen Verteilung des vom Erblassers hinterlassenen Vermögens an die Nachlassgläubiger.

2. Die Anwendung der Vorschriften der EuInsVO setzt voraus, dass ein grenzüberschreitender Sachverhalt vorliegt, mithin sich der Mittelpunkt des hauptsächlichen Interesses des Schuldners in einem EU-Mitgliedsstaat befindet und ein Bezug zu mindestens einem weiteren Mitgliedsstaat (jeweils mit Ausnahme von Dänemark) gegeben ist. Für letzteres wird es als ausreichend angesehen, wenn der Schuldner über Vermögen und/oder Forderungen in einem anderen EU-Mitgliedsstaat verfügt.

 

Normenkette

EuInsVO Art. 1, 3; EulnsVO Art. 4 Abs. 2

 

Tenor

Zum Insolvenzverwalter wird ernannt Rechtsanwalt Dr. … Düsseldorf.

Forderungen der Insolvenzgläubiger sind bis zum 30.07.2012 unter Beachtung des § 174 InsO beim Insolvenzverwalter anzumelden.

Die Gläubiger werden aufgefordert, dem Insolvenzverwalter unverzüglich mitzuteilen, welche Sicherungsrechte sie an beweglichen Sachen oder an Rechten des Schuldners in Anspruch nehmen. Der Gegenstand, an dem das Sicherungsrecht beansprucht wird, die Art und der Entstehungsgrund des Sicherungsrechts sowie die gesicherte Forderung sind zu bezeichnen. Wer diese Mitteilungen schuldhaft unterlässt oder verzögert, haftet für den daraus entstehenden Schaden (§ 28 Abs. 2 InsO).

Wer Verpflichtungen gegenüber dem Schuldner hat, wird aufgefordert, nicht mehr an diesen zu leisten, sondern nur noch an den Insolvenzverwalter.

Eine Gläubigerversammlung wird vorerst nicht einberufen. Das Verfahren wird schriftlich durchgeführt (§ 5 InsO).

Stichtag, der dem Berichts- und Prüfungstermin (§ 29, 156, 176 InsO) entspricht, ist

der 20.08.2012.

Bis zu diesem Zeitpunkt können die Gläubiger schriftliche Stellungnahmen bei Gericht einreichen.

Die Tabelle mit den Forderungen und die Anmeldungsunterlagen sowie der Bericht des Insolvenzverwalters werden spätestens ab dem 06.08.2012 zur Einsicht der Beteiligten auf der Geschäftsstelle des Amtsgerichts Düsseldorf, Werdener Straße 1, 40227 Düsseldorf, Zimmer Nr. 5.335 niedergelegt.

Ein schriftlicher Widerspruch, mit dem ein Beteiligter eine Forderung bestreitet, muss spätestens am Prüfungsstichtag bei Gericht eingehen. Im Widerspruch ist anzugeben, ob die Forderung nach ihrem Grund, ihrem Betrag oder ihrem Rang bestritten wird.

Der Insolvenzverwalter wird beauftragt, die nach § 30 Abs. 2 InsO zu bewirkenden Zustellungen an die Schuldner des Schuldners (Drittschuldner) sowie an die Gläubiger durchzuführen (§ 8 Abs. 3 InsO).

 

Gründe

Die deutschen Gerichte sind für die Eröffnung eines Hauptinsolvenzverfahrens international zuständig. Die Vorschriften der Europäischen Insolvenzordnung (EuInsVO) sind grundsätzlich auch auf das Nachlassinsolvenzverfahren anwendbar.

Der Bundesgerichtshof hat im Beschluss vom 14.01.2010 (IX ZB 76/09, Rdnr. 2) die Frage, ob Art. 3 EuInsVO für das Nachlassinsolvenzverfahren anwendbar ist, ausdrücklich offen gelassen. Zwar wird das Nachlassinsolvenzverfahren in der EuInsVO nicht ausdrücklich erwähnt, da in Art. 3 Abs. 1 Satz 1 EuInsVO nur allgemein vom Schuldner gesprochen wird. Auf der anderen Seite wird jedoch auch das Nachlassinsolvenzverfahren nicht ausdrücklich vom Geltungsbereich der EuInsVO ausgenommen, da dieses nicht unter die Regelung in Art. 1 Abs. 2 EuInsVO fällt. Da gemäß Art 1 Abs. 1 EuInsVO die Europäische Insolvenzverordnung für „alle Gesamtverfahren, welche die Insolvenz des Schuldners voraussetzen und den vollständigen oder teilweisen Vermögensbeschlag gegen den Schuldner sowie die Bestellung eines Verwalters zur Folge haben”, gilt, fällt unter diese Definition auch das Nachlassinsolvenzverfahren. Dieses dient nach Verfahrenseröffnung und Bestellung eines Insolvenzverwalters neben der Beschränkung der grundsätzlich unbeschränkten Haftung des Erben für Nachlassverbindlichkeiten auf den Nachlass weiter der gemeinsamen Verteilung des vom Erblassers hinterlassenen Vermögens an die Nachlassgläubiger (vgl. Lüer, in Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl. 2010, § 315 Rdnr. 3; Böhm, in Hamburger Kommentar zur Insolvenzordnung, 2. Aufl. 2007, Vorbemerkung zu §§ 315 ff, Rdnr. 2).

Da auch Art 4 Abs. 2 Satz 2 lit b) Eulns...

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