Entscheidungsstichwort (Thema)

Schmerzensgeld bei Benachteiligung wegen Hautfarbe

 

Leitsatz (amtlich)

Die Verweigerung des Einlasses in eine Diskothek allein wegen der Hautfarbe, nachdem andere Gründe nicht erwiesen sind, rechtfertigt ein Schmerzensgeld in Höhe von 300 Euro.

 

Normenkette

AGG §§ 1-2, 19 III

 

Tatbestand

Zum Sachverhalt: Am 20.12.2009, morgens gegen 6.15 Uhr, erschien der Kl. mit drei weiteren Personen vor der Diskothek V, in B., die von der Bekl. betrieben wird. Von den vier Personen wurde der Zeuge W. vom Türsteher, dem Zeugen L., eingelassen. Der Kl. wurde abgewiesen. Die beiden anderen Personen waren hinter dem Kl. Sie haben danach nicht mehr versucht, in das Lokal zu kommen.

Der Kl. hat die Zahlung von Schmerzensgeld begehrt. Die Klage hatte in der Sache Erfolg.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen: Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist davon auszugehen, dass der Kl. wegen seiner Hautfarbe nicht in die von der Bekl. betriebene Diskothek V. eingelassen worden ist. Es steht jedenfalls fest, dass der Kl. nicht auf Grund der Kleidung abgewiesen worden ist. Die Zeugen H. und W. haben übereinstimmend bekundet, dass der Kl. schick gekleidet war und nicht etwa wie von der Bekl. behauptet, im Hipp-Hopp-Style. Der Zeuge L. konnte sich an die Kleidung des Kl. offenbar nicht erinnern. Er hat zunächst angegeben, dass der Kl. mit einem Hemd und einer Jeans bekleidet war. Später musste er einräumen, dass er möglicherweise auch einen Mantel getragen hat, so dass Hemd und Jeans nicht zu erkennen gewesen sein dürften. Die Tatsache, ob der Kl. mit einem Mantel bekleidet war oder keinen Mantel getragen hat, hätte dem Zeugen auch nicht entgehen können, wenn er eine tatsächliche Erinnerung an die Kleidung des Kl. gehabt hätte. Das Gericht hat den Eindruck gewonnen, dass der Zeuge L. sich an die tatsächliche Kleidung des Kl. nicht erinnerte und nach einer Begründung suchte, weshalb er den Kl. nicht eingelassen hat. Dazu passt es auch, dass er gegenüber dem Zeugen X., der als Mitarbeiter der Bekl. auf die Situation zukam, keine konkreten Gründe über die Zurückweisung angegeben hat.

Danach steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kl. nicht wegen seiner Kleidung zurückgewiesen worden ist.

Die von den Zeugen L. und X. angegebene zu starke Alkoholisierung hat die Bekl. nicht behauptet. Auf entsprechende Bekundungen der Zeugen L. und X. kommt es deshalb nicht an. Dem Gericht sind aber auch diese Behauptungen nicht glaubhaft erschienen, da die Zeugen W. und H. übereinstimmend bekundet haben, dass alle vier, die zu der Gruppe gehörten, ähnlich viel Alkohol getrunken hatten, danach zwar angetrunken aber nicht betrunken waren. Wenn dies der Grund gewesen wäre, hätte der Zeuge L. den Zeugen W. nicht passieren lassen dürfen.

Da andere plausible Gründe nicht ersichtlich sind, steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kl. auf Grund seiner dunklen Hautfarbe zurückgewiesen worden ist. Diese Zurückweisung ist gem. §§ 1, 2 AGG unzulässig und begründet gem. § 19 III AGG einen Anspruch auf Ersatz des immateriellen Schadens.

Der Anspruch ist nicht ausgeschlossen, weil wie die Bekl. meint, dem Türsteher zu fortgeschrittener Stunde ein Fehler unterlaufen kann. Umstände, die das Verhalten des Türstehers als nicht schuldhaft erscheinen lassen können, sind nicht ersichtlich und ergeben sich nicht allein aus der fortgeschrittenen Uhrzeit.

Bei der Bemessung des Schmerzensgelds ist davon auszugehen, dass die Beeinträchtigung für den Kl. gering war. Die Benachteiligung ist nur wenigen Personen bekannt geworden. Auf die ihn begleitenden Personen hat das keinen nachteiligen Einfluss für den Kl. gehabt, sondern sie haben sich, soweit das ersichtlich ist, mit ihm solidarisiert. Es ist weiter zu berücksichtigen, dass nur ein kurzer Aufenthalt in der Diskothek beabsichtigt war, da die Diskothek bereits um 7.00 Uhr geschlossen werden sollte. Das Gericht hält daher ein Schmerzensgeld in Höhe von 300 Euro für angemessen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2746853

NJW-RR 2011, 675

DSB 2011, 20

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