Arbeitgeber muss Schmerzensgeld wegen Datenschutzverstoß zahlen
Die Veröffentlichung von Mitarbeiterfotos ist ein heikles Thema. Arbeitgeber nutzen sie gerne zu Werbe- oder Imagezwecken. Vorliegend verwendete eine Hochschule das Foto einer wissenschaftlichen Mitarbeiterin in einer Broschüre, um mit dem internationalen Klima zu punkten. Die Mitarbeiterin wollte jedoch keinesfalls wegen ihres Aussehens und ethnischer Herkunft für eine "bunte Gesellschaft" abgelichtet werden. Im darauffolgenden Rechtsstreit klagte sie unter anderem wegen Diskriminierung.
Arbeitgeber verwendet Mitarbeiterfoto, um für Internationalität zu werben
Die Beschäftigte betreut an der Hochschule ein Programm für Postdoktorandinnen und Postdoktoranden. Zu ihren Aufgaben gehört unter anderem die Karriereplanung und das Coaching der Nachwuchswissenschaftler sowie die Koordination und konzeptionelle Weiterentwicklung des Postdoc-Programms. Auf Initiative des Marketing-Bereichs wurden im Januar 2018 von allen Mitarbeitenden Fotos gemacht. Die Arbeitnehmerin beteiligte sich an der Erstellung der Aufnahmen und ließ in Gesprächen eine mögliche Verwendung für ihren konkreten Tätigkeitsbereich offen.
Das Foto, das sie beim Unterrichten zeigt, erschien dann in einer auf Englisch erschienenen Werbebroschüre der Hochschule und zeigt sie beim Unterrichten. Die Bildunterschrift ist "internationalisation", im Text wird auf 550 Partnerschaften mit Universitäten weltweit verwiesen und auf 3.600 ausländische Studenten, die derzeit an der Hochschule studierten.
Schriftliche Einwilligung zur Veröffentlichung des Fotos nötig?
Eine schriftliche Einwilligungserklärung, die ihr zuvor vorgelegt wurde, unterzeichnete sie nicht, stattdessen schrieb sie an den Rand "nicht für mein Aussehen". Weil der Arbeitgeber ihr Foto in der Broschüre ohne ihre schriftliche Einwilligung explizit wegen ihres Aussehens und Hautfarbe verwendete, forderte sie eine Entschädigung nach § 15 AGG. Sie sei wegen ihrer Ethnie diskriminiert worden.
Der Arbeitgeber war der Überzeugung, dass die Mitarbeiterin ihr mündliches Einverständnis zur Verwendung der Fotos gegeben habe. Zudem sei ihr mitgeteilt worden, dass sie der Verwendungen der Fotos nur ganz oder gar nicht zustimmen könne.
Arbeitnehmerin hat Anspruch auf Entschädigung oder Schmerzensgeld
Das Arbeitsgericht Münster verpflichtete den Arbeitgeber, der Mitarbeiterin 5.000 Euro zu zahlen. Der Anspruch ergab sich für das Gericht als Entschädigung nach § 15 AGG oder als Schmerzensgeld nach Art 82 I DSGVO, § 823 BGB iVm § 22 KUG. Die Kammer hielt ein Gehalt für ausreichend.
Diskriminierende Verwendung des Fotos
Nach Auffassung des Gerichts verwendete der Arbeitgeber das Foto der Mitarbeiterin in der Broschüre - unter Verstoß gegen die Datenschutzgrundverordnung und das Kunsturhebergesetz - in diskriminierender Weise, indem er ein Foto der Mitarbeiterin in einem auf ihre Hautfarbe bezogenen Kontext ohne deren schriftliches Einverständnis verwendete.
Das Gericht war überzeugt, dass der Arbeitgeber mit dem Foto zeigen wollte, dass an der Hochschule Menschen aus vielen Ländern unterrichten und lernen, umso für die Internationalität der Universität zu werben. Für dieses Bild verwendete er das Bild der Mitarbeiterin gerade wegen ihrer Hautfarbe und nicht eines einer Person mit weißer Hautfarbe.
Verstoß gegen DSGVO und Kunsturhebergesetz (KunstUrhG)
Der Arbeitgeber hätte vor der Verwendung des Fotos, eine schriftliche Einwilligung der Mitarbeiterin nach § 26 Abs. 2 S. 3 DSGVO einholen müssen. Außerdem hätte er sie zuvor in Textform über den Zweck der Verwendung und ihr Widerrufsrecht aufklären müssen. Das Gericht verwies darauf, dass § 22 KUG im Arbeitsverhältnis verfassungskonform ausgelegt werden müsse, dahingehend, dass die Einwilligung der Schriftform bedarf. Die Beschäftigte sei auch nicht derartig untergeordnet auf dem Bild zu sehen, dass nach § 23 KUG eine schriftliche Einwilligung nicht erforderlich sei.
Hinweis: Arbeitsgericht Münster, Urteil vom 25.03.2021, Az: 3 Ca 391/20
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