Leitsatz

Eine Abrechnung in der sowohl die Kontostände als auch die Einnahmen fehlen, ist nicht ordnungsmäßig und kann nicht nur ergänzt, sondern muss neu erstellt werden

 

Normenkette

§ 28 Abs. 3 WEG

 

Das Problem

  1. Ein Wohnungseigentümer geht gegen den Beschluss vor, mit dem die Abrechnung genehmigt wurde. Er bemängelt, dass in der Abrechnung sowohl die Kontostände als auch die Einnahmen fehlten.
  2. Ferner geht er gegen den Beschluss vor, mit dem der Wirtschaftsplan genehmigt wurde. Auch der Wirtschaftsplan enthält keine Einnahmen.
 

Kommentar

Die Entscheidung

  1. Der Genehmigungsbeschluss zur Abrechnung sei nicht ordnungsmäßig. In der Abrechnung fehlten sowohl die Kontostände als auch die Einnahmen. Dies führe nicht nur zu einem bloßen Ergänzungsanspruch, sondern habe die Ungültigkeit der Abrechnung zur Folge. Ohne die Kontenstände sei die Abrechnung grundsätzlich nicht aus sich heraus nachvollziehbar, weil die Gleichung "Anfangsbestand + Einnahmen – Ausgaben = Endbestand" nicht aus der Abrechnung ersichtlich sei.
  2. Zwar habe die Kammer im Anschluss an eine in der Rechtsprechung vertretene Meinung (Hinweis auf BayObLG v. 17.9.2003, 2 Z BR 150/03, ZMR 2004 S. 50) in diesen Fällen zumeist lediglich einen Ergänzungsanspruch angenommen und die im Übrigen beanstandungsfreie Abrechnung jedenfalls in dem Fall unangetastet gelassen, dass die Kontenstände im Prozess nachgereicht wurden. Dies komme hier aber nicht mehr in Betracht. Denn die Abrechnung weise weitere Fehler auf: Sie besitze keinerlei (Gesamt)Einnahmenseite. Damit fehle es ihr insgesamt an der Nachvollziehbarkeit, da eine lediglich ausgabenorientierte Abrechnung, bei der es sich praktisch um eine isolierte Einzelabrechnung ohne eine Gesamtabrechnung handle, keinen Bestand haben könne.
  3. Mit der Unwirksamkeit des Beschlusses über die Abrechnung sei allerdings nicht (quasi automatisch) die Unwirksamkeit des Wirtschaftsplans verbunden. Zutreffend sei zwar, dass der Wirtschaftsplan hier ebenso wie die Abrechnung fehlerhaft nur eine Ausgabenseite enthalte. Der Kläger trüge jedoch nicht vor, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer über andere Einnahmen verfüge, als die Vorauszahlungen der Wohnungseigentümer. Wie der Bundesgerichtshof zwischenzeitlich entschieden habe (Verweisung auf BGH v. 7.6.2013, V ZR 211/12, NZM 2013 S. 650) müssten in einem Wirtschaftsplan die (künftigen) Hausgelder nicht ausdrücklich als Einnahmen aufgeführt werden. Denn es könne in aller Regel davon ausgegangen werden, dass die aus dem Wirtschaftsplan ersichtliche Deckungslücke zwischen den voraussichtlichen Ausgaben und den sonstigen Vermögenszuflüssen der Gemeinschaft durch die Belastung der Wohnungseigentümer mit Hausgeldvorschüssen ausgeglichen werden solle. Auch im Fall sei im Einzelwirtschaftsplan für den Kläger sein Anteil an den Gesamtausgaben in nachvollziehbarer Weise ermittelt worden. Unter Berücksichtigung der angegebenen Umlageschlüssel ließen sich unschwer die Vorschüsse der anderen Wohnungseigentümer errechnen.
Anmerkung

Zu "seligen" FGG-Zeiten nahm die ganz herrschende Meinung an, dass eine fehlerhafte, angegriffene Abrechnung vom Verwalter ergänzt werden könne. Hiermit ist jedenfalls grundsätzlich Schluss (siehe auch Schmid, WEG-Jahresabrechnung – Ende der bloßen Ergänzung bei Unvollständigkeit, MDR 2012, S. 1321). Der Beschluss über die Abrechnung ist nach heute herrschender Meinung insgesamt für ungültig zu erklären, wenn die Abrechnung unvollständig ist, weil die Angaben über die Kontostände am Anfang und am Ende des Abrechnungszeitraums fehlen (LG München I v. 6.10.2011, 36 S 17150/10, NZM 2012 S. 425; LG Hamburg v. 3.11.2010, 318 S 110/10, ZWE 2011 S. 129; Becker, ZWE 2012, S. 141).

Was ist für Verwalter wichtig?

  1. Jede Abrechnung muss zwingend und unstreitig die Einnahmen im Sinne von § 28 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 WEG aufführen. Ferner darf keinesfalls versäumt werden, über Stand und Entwicklung sämtlicher vom Verband Wohnungseigentümergemeinschaft zu Beginn und am Ende des Abrechnungszeitraums gehaltenen Konten zu berichten.
  2. In keinem Wirtschaftsplan darf der Ansatz der erwarteten Einnahmen fehlen. Einnahmen sind vor allem das nach § 28 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 WEG geschuldete rückständige Hausgeld früherer Jahre, Zahlungen auf eine Abrechnung, vor allem die aktuelle oder rückständige Abrechnungsspitze, Zahlungen auf Sonderumlagen, Versicherungsleistungen, Darlehensvaluta, Früchte im Sinne von § 16 Abs. 1 WEG in Verbindung mit § 99 Abs. 3 BGB, etwa Mieten, Schadensersatzleistungen und Zinsen. Der Bundesgerichtshof zählt zu den Einnahmen ferner die Summe der im kommenden Wirtschaftsjahr zu leistenden Hausgelder. Gibt es – wie im Fall – keine erwarteten Einnahmen, sollte das vermerkt werden.
 

Link zur Entscheidung

LG Frankfurt am Main, Urteil vom 09.01.2014, 2-13 S 27/13

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