Vor Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes (WEMoG) am 1.12.2020 war umstritten, ob die Abnahme durch Vereinbarung oder Beschluss vergemeinschaftet, also auf die Wohnungseigentümergemeinschaft übertragen werden kann. Diese Problematik stellt sich allerdings dann nicht, wenn die Abnahme des Gemeinschaftseigentums der Wohnungseigentümergemeinschaft bereits qua Gesetz obliegt.

1.3.1 Vergemeinschaftung aufgrund Gesetzes

Gemäß § 10 Abs. 6 Satz 3 HS 1 WEG a. F. und inhaltsgleich nach § 9a Abs. 2 WEG n. F. übt die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer die gemeinschaftsbezogenen Rechte der Wohnungseigentümer aus und nimmt die gemeinschaftsbezogenen Pflichten der Wohnungseigentümer wahr (sog. "geborene" Wahrnehmungsbefugnis). Eine gemeinschaftsbezogene Pflicht im Sinne dieser Vorschrift liegt nach Ansicht des BGH[1] vor, wenn eine Verpflichtung, die im Außenverhältnis alle Wohnungseigentümer gleichermaßen trifft, nach der Interessenlage ein gemeinsames Vorgehen erfordert. Charakteristisch für das Vorliegen einer gemeinschaftsbezogenen Pflicht, für die eine geborene Ausübungsbefugnis besteht, ist also, dass ihr Gemeinschaftsbezug schon der Natur nach gegeben ist und nicht erst aufgrund einer Beschlussfassung durch die Wohnungseigentümer aufgrund der Annahme, dass ein gemeinsames Vorgehen vorteilhaft sein könnte.

Ein derart zwingender Gemeinschaftsbezug besteht bei der aus dem jeweiligen individuellen Erwerbervertrag zwischen Miteigentümer und Bauträger resultierenden Abnahmepflicht gemäß § 640 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht. Es ist nicht ersichtlich, dass diese per se nur gemeinschaftlich erfüllbar ist. Vielmehr kann jeder Erwerber seine individualvertragliche Abnahmepflicht selbstständig und unabhängig von der Mitwirkung der übrigen Erwerber erfüllen.[2] Der einzelne Erwerber überführt durch die Abnahme nur seinen eigenen Erwerbervertrag im Hinblick auf Mängelrechte vom allgemeinen Leistungsstörungsrecht ins Gewährleistungsrecht. Dies berührt aber die Verträge der übrigen Erwerber nicht. Vielmehr bleiben Ersterfüllungsansprüche solange erhalten, bis sämtliche Erwerber Sonder- und Gemeinschaftseigentum abgenommen haben.

Dies verdeutlicht auch die Rechtsprechung des BGH[3]: Die Wohnungseigentümergemeinschaft kann Erfüllungs- und Nacherfüllungsansprüche auch dann noch geltend machen, wenn nur noch einem Erwerber ein Anspruch auf Errichtung oder Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums zusteht. Die individuelle Abnahme berührt also das Gemeinschaftsverhältnis nicht. Insoweit besteht keine gesetzliche Kompetenz der Wohnungseigentümergemeinschaft, die Abnahme des Gemeinschaftseigentums zu erklären.

1.3.2 Vergemeinschaftung durch Beschluss

Nach der vor Inkrafttreten des WEMoG geltenden Bestimmung des § 10 Abs. 6 Satz 3 HS 2 WEG a. F. konnte die Eigentümergemeinschaft sonstige Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer ausüben, soweit diese gemeinschaftlich geltend gemacht werden konnten oder zu erfüllen waren (sog. "gekorene" Wahrnehmungsbefugnis). In diesem Fall bestand ein Zugriffsermessen der Gemeinschaft, wenn die Pflichterfüllung durch den Verband förderlich war.[1]

Auf Grundlage der neuen Rechtslage, die eine "gekorene" Wahrnehmungsbefugnis der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nicht mehr kennt, ist eine Vergemeinschaftung der Abnahme durch Beschluss nicht möglich. Ein entsprechender Beschluss wäre nichtig. Dies war auch auf Grundlage der alten Rechtslage herrschende Meinung.

1.3.3 Vergemeinschaftung durch Vereinbarung

Höchst umstritten ist, ob die Wohnungseigentümer in der Teilungserklärung bzw. Gemeinschaftsordnung eine gemeinschaftliche Abnahme vereinbaren können. Gerade im Hinblick auf den "Nachzüglererwerb" ist es für den Bauträger von größtem Interesse, auch Erwerber an eine Abnahme des Gemeinschaftseigentums zu binden, die ihre Sondereigentumseinheit ggf. erst nach vielen Monaten oder gar einigen Jahren nach Fertigstellung der Wohnanlage erwerben.

Wesen der Vereinbarung ist die Regelung des Verhältnisses der Wohnungseigentümer untereinander. Da die Abnahmeverpflichtung aber nicht das Rechtsverhältnis der Wohnungseigentümer untereinander betrifft, sondern die jeweiligen Rechtsverhältnisse der Wohnungseigentümer zum Bauträger bzw. Veräußerer, wird von der Unwirksamkeit derartiger Regelungen in Vereinbarungen zumindest dann ausgegangen, wenn eine solche Vereinbarung auch Nachzügler binden soll.[1]

Der BGH[2] geht über diese Fallgestaltung aber noch hinaus und stellt klar, dass die Abnahme nicht Gegenstand einer Vereinbarung der Wohnungseigentümer sein kann. Diese Auffassung ist bereits vor dem Hintergrund zutreffend, als Regelungen über die Abnahme des Gemeinschaftseigentums in der Teilungserklärung bzw. Gemeinschaftsordnung sachfremd sind und allein dem Interesse des teilenden Eigentümers – Bauträgers – an einer möglichst einheitlichen Abnahme dienen. Derartige Regelungen sind überrasch...

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