Leitsatz

Der Kläger begehrte in einem gerichtlichen Verfahren Abänderung einer von ihm im April 2003 einseitig errichteten Jugendamtsurkunde, in der er sich verpflichtet hatte, Kindesunterhalt für zwei minderjährige Kinder zu zahlen und diese Abänderung mit einer Reduzierung seiner Einkünfte begründet. Er beantragte Prozesskostenhilfe für die von ihm beabsichtigte Rechtsverfolgung. Sein Antrag wurde zurückgewiesen.

Hiergegen legte er sofortige Beschwerde ein, der kein Erfolg beschieden war.

 

Sachverhalt

siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Das OLG hielt die sofortige Beschwerde für unbegründet unter Hinweis darauf, dass die Rechtsverfolgung des Klägers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg gem. § 114 ZPO biete. Der Kläger habe nicht substantiiert dargelegt, dass Gründe für eine Abänderung der Jugendamtsurkunde vom 17.04.2003 vorlägen.

Gem. § 323 Abs. 4 ZPO fänden die Vorschriften über die Abänderung des Urteils im Falle der wesentlichen Änderung der maßgeblichen Verhältnisse auf andere Schuldtitel des § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO, also auch auf vollstreckbare Urkunden, Anwendung (vgl. BGH v. 30.5.1984 - VIII ZR 298/83, MDR 1984, 931 m. Anm. Waldner = FamRZ 1984, 997; Wendl/Thalmann, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 6. Aufl., § 8 Rz. 168; Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 323 Rz. 47 f.).

Allerdings gelten die Vorschriften des § 323 Abs. 2 und 3 ZPO bei der Abänderung dieser Titel nicht. So können die genannten Schuldtitel wegen des Wegfalls der Zeitschranke des § 323 Abs. 2 S. 1 ZPO auch für die Zeit bis zur Klageerhebung abgeändert werden.

Auf den Zeitpunkt, in dem der Gläubiger mit einem Verzicht auf seine Rechte in Verzug gekommen ist, kommt es nicht an.

Das OLG kam zu dem Ergebnis, es könne letztendlich dahinstehen, wonach sich die Abänderbarkeit einer Jugendamtsurkunde richte und inwieweit eine Bindungswirkung bestehe, da Erfolgsaussichten für die Abänderungsklage unabhängig davon nicht gegeben seien.

Der Unterhaltsschuldner habe sich hier einseitig durch Jugendamtsurkunde zur Unterhaltszahlung verpflichtet. Es liege keine Vereinbarung der Parteien zugrunde, so dass der Unterhaltsgläubiger, der die Zahlung höheren Unterhalts erreichen will, die Wahl habe, ob er im Wege der Erstklage nach § 258 ZPO, der sog. Zusatz- oder Nachforderungsklage, oder im Wege der Abänderungsklage nach § 323 ZPO vorgehen wolle.

Wähle der Unterhaltsgläubiger die Abänderungsklage, so könne er eine Neufestsetzung des Unterhalts nach den gesetzlichen Vorschriften verlangen, weil sich weder aus der Urkunde selbst noch nach dem Parteivortrag für beide Parteien verbindliche Vereinbarungen über die Grundlage der Unterhaltsbemessung entnehmen ließen. In diesen Fällen der Abänderungsklage bestehe materiell keine Bindung an die tatsächlichen Verhältnisse zur Zeit der Errichtung der Jugendamtsurkunde.

Noch nicht abschließend geklärt sei die Rechtslage, wenn der Unterhaltsschuldner seinerseits die Abänderung einer von ihm einseitig errichteten Jugendamtsurkunde begehre. Im vorliegenden Fall könne aber dahinstehen, ob es sich bei den Jugendamtsurkunden, welche der Kläger abzuändern wünsche, um von ihm einseitig errichtete Urkunden oder solche, die auf einer Vereinbarung der Parteien beruhten, handelte. Ebenso könne offen bleiben, ob dann, wenn die Urkunden einseitig errichtet sein sollten, der Kläger ebenso wie nach den vorstehenden Grundsätzen der Unterhaltsgläubiger ohne Bindung an die Grundlage des abzuändernden Titels eine Bemessung des Unterhalts allein nach den zum jeweiligen Zeitpunkt bestehenden Verhältnissen verlangen könne oder er auch in einem solchen Fall unter dem Gesichtspunkt des Schuldversprechens bzw. Schuldanerkenntnisses an die Grundlage des bisherigen Titels gebunden sei mit der Folge, dass die Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage zumindest entsprechend anwendbar seien, so dass keine von jeglicher Bindung an die beurkundete Erklärung unabhängige Neufestsetzung des Unterhalts stattfinde, sondern eine Anpassung an die geänderten Verhältnisse (so OLG München v. 8.4.2002 - 16 WF 553/02, OLGReport München 2002, 260 = MDR 2002, 1126 = FamRZ 2002, 1271 [1272]; OLG Nürnberg v. 14.10.2003 - 10 WF 3007/03, MDR 2004, 281 = OLGReport Nürnberg 2004, 53; Handbuch des Fachanwalts Familienrecht - FA-FamR/Gerhardt, 5. Aufl., 6. Kap., Rz. 661 b; wohl auch Eschenbruch/Klinkhammer, Der Unterhaltsprozess, 3. Aufl., Rz. 5339).

Selbst wenn man zugunsten des Klägers davon ausgehe, dass eine Bindungswirkung hinsichtlich der Jugendamtsurkunde nicht bestehe, könne er mit der Abänderungsklage nicht durchdringen, da es schon an einer nachvollziehbaren Darlegung seiner Einkünfte fehle.

 

Link zur Entscheidung

Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 30.09.2005, 10 WF 207/05

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