Das Wichtigste in Kürze:

1. Das Anhörungsrügengesetz hat für alle Verfahrensordnungen den außerordentlichen Rechtsbehelf der Anhörungsrüge eingeführt.
2. § 356a setzt voraus, dass der Anspruch auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt worden ist.
3. Die (Zulässigkeits-)Voraussetzungen für den Antrag sind denen für einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand angeglichen.
4. Versetzt das Revisionsgericht das Verfahren durch Beschluss in die Lage zurück, die vor dem Erlass der Entscheidung bestanden hat, entfällt die Rechtskraft der Revisionsentscheidung.
5. Für das Bußgeldverfahren ist noch § 79 Abs. 1 Nr. 5 OWiG von Bedeutung.
6. Für die Tätigkeiten im Hinblick auf eine Anhörungsrüge können keine zusätzlichen Gebühren nach dem RVG verlangt werden.
 

Rdn 391

 

Literaturhinweise:

Beukelmann, Bedeutung von Anhörungsrüge nach § 356a und Gegenvorstellung, NJW-Spezial 2008, 344

Burhoff, Die wesentlichen Neuerungen des Anhörungsrügengesetzes für das Strafverfahren, PA 2005, 13

ders., Die Anhörungsrüge im Strafverfahren, ZAP F. 22, S. 409

Desens, Die subsidiäre Verfassungsbeschwerde und ihr Verhältnis zu fachgerichtlichen Anhörungsrügen, NJW 2006, 1243

Eschelbach, Anhörungsrügen im Strafprozess, ZAP F. 22, S. 605

Esser, Die Judikatur des EGMR im Strudel der Anhörungsrüge, NJW 2016, 604

Eschelbach/Geipel/Weiler, Anhörungsrügen, StV 2010, 325

Lohse, Fünf Jahre Anhörungsrüge (§ 356a StPO) – kein Grund zum Feiern, StraFo 2011, 433

Krumm, Das Anhörungsrügengesetz in der verkehrsrechtlichen Praxis, SVR 2005, 401

Meyer-Mews, Rechtsschutzgarantie und rechtliches Gehör im Strafverfahren, NJW 2004, 716

Mosbacher, Freiheit durch Säumnis: Keine Haftfortdauer bei Wiedereinsetzung, NJW 2005, 3110

Pohlreich, Zur Fristvorwirkung der Verfassungsbeschwerde im strafgerichtlichen Verfahren, StV 2011, 574

Schnabl, Rechtsmittelverzicht und Anhörungsrüge, AnwBl. 2008, 188

Vielmeier, Rechtswegerschöpfung bei verzögerter Anhörungsrüge, NJW 2013, 346

s.a. die Hinw. bei → Revision, Allgemeines, Teil R Rdn 2661, und die weiteren Nachw. bei Burhoff/Kotz/Geipel, RM, Teil B Rn 2.

 

Rdn 392

1.a) Das am 1.1.2005 in Kraft getretene Anhörungsrügengesetz hat für alle Verfahrensordnungen den außerordentlichen Rechtsbehelf der Anhörungsrüge eingeführt (zu einer Bestandsaufnahme der [Neu-]Regelung Lohse StraFo 2010, 433 ff.). Das Gesetz geht zurück auf den Plenarbeschluss des BVerfG v. 30.4.2003 (NJW 2003, 1924; dazu u.a. Eschelbach ZAP F. 22, S. 605 ff.; Meyer-Mews NJW 2004, 716), in dem das BVerfG die Möglichkeit fachgerichtlicher Abhilfe für den Fall gefordert hatte, dass ein Gericht in entscheidungserheblicher Weise den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt hat (zum Gesetzesentwurf s. BT-Drucks 15/3966 und 15/3706). Im Bereich des Strafverfahrens hat das Anhörungsrügengesetz eine Änderung in § 33a, der erweitert worden ist, gebracht (zur Nachholung des rechtlichen Gehörs ­Burhoff, EV, Rn 3143 ff.). Für das Revisionsverfahren ist § 356a eingefügt worden (auch Burhoff/Kotz/Geipel, RM, Teil B Rn 1 ff.). Die Neuregelung gilt über § 46 OWiG bzw. § 79 Abs. 3 OWiG auch im OWi-Verfahren für die Rechtsbeschwerde (dazu Burhoff/Burhoff, OWi, Rn 350 ff.).

 

☆ Die Anhörungsrüge schließt andere Rechtsbehelfe gegen eine Revisionsentscheidung aus . Das gilt insbesondere auch für den Antrag auf Nachholung des rechtlichen Gehörs nach § 33a (BGH NJW 2009, 1092; NStZ 2007, 236; NStZ-RR 2015, 66 [Ci/Ni]; OLG Nürnberg NJW 2007, 1013; Pohlreich StV 2011, 9). Auch gegen Entscheidungen im Rechtsbeschwerdeverfahren ist nur die Anhörungsrüge nach §§ 46 Abs. 1 OWiG, 356a zulässig (OLG Jena zfs 2008, 233). Das gilt auch für einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 346 Abs. 2, ggf. i.V.m. § 79 Abs. 3 OWiG (OLG Hamburg NStZ-RR 2008, 317; OLG Jena NJW 2008, 534).schließt andere Rechtsbehelfe gegen eine Revisionsentscheidung aus. Das gilt insbesondere auch für den Antrag auf Nachholung des rechtlichen Gehörs nach § 33a (BGH NJW 2009, 1092; NStZ 2007, 236; NStZ-RR 2015, 66 [Ci/Ni]; OLG Nürnberg NJW 2007, 1013; Pohlreich StV 2011, 9). Auch gegen Entscheidungen im Rechtsbeschwerdeverfahren ist nur die Anhörungsrüge nach §§ 46 Abs. 1 OWiG, 356a zulässig (OLG Jena zfs 2008, 233). Das gilt auch für einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 346 Abs. 2, ggf. i.V.m. § 79 Abs. 3 OWiG (OLG Hamburg NStZ-RR 2008, 317; OLG Jena NJW 2008, 534).

Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs i.Ü. kann nicht mit einer Gegenvorstellung geltend gemacht werden (BGH NStZ-RR 2010, 116; zur Gegenvorstellung allgemein Burhoff, EV, Rn 2463).

 

Rdn 393

b) § 356a ist ein eigener außerordentlicher Rechtsbehelf. Danach wird, wenn das Revisionsgericht bei einer Revisionsentscheidung den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat, das Verfahren auf Antrag durch Beschluss in die Lage versetzt, die vor dem Erlass der Entscheidung bestand (§ 356a S. 1; s. z.B. BGH NStZ 2012, 710). Die Anhörungsrüge kann aber nur von demjenigen erhoben werden, der...

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