Das Wichtigste in Kürze:

1. Ein Richter kann nach § 24 abgelehnt werden "wegen Besorgnis der Befangenheit".
2. Das Vorliegen eines Ablehnungsgrundes ist vom Standpunkt des Ablehnenden aus zu beurteilen.
3. Zur Frage der Befangenheit gibt es umfangreiche Rspr. Hier werden im Wesentlichen nur die Ablehnungsgründe dargestellt werden, die bereits vor der HV für den Verteidiger Anlass sein können, für den Beschuldigten einen Ablehnungsantrag zu stellen.
 

Rdn 17

 

Literaturhinweise:

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ders., Ausschließung und Ablehnung des Richters im Wiederaufnahmeverfahren, NJW 1971, 1112

Beining, Gerichtliche Beweiserhebung im Zwischenverfahren, HRRS 2016, 407

Bock, Besorgnis der Befangenheit des Richters (§ 24 Abs. 1 StPO) nach gegen diesen gerichteter Straftat des Angeklagten, StraFo 2017, 141

Boehme-Neßler, Litigation-PR als Revisionsgrund verfahrensrechtliche Folgen verfassungswidriger Informationspolitik der Staatsanwaltschaft, StraFo 2010, 456

Dahs, Ablehnung von Tatrichtern nach Zurückverweisung durch das Revisionsgericht, NJW 1966, 1691

Ellenbogen/Schneider, Besorgnis der Befangenheit bei Ehe zwischen Richterin und Staatsanwalt, JR 2012, 188

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ders., Hauptverhandlung oder "Scheinverhandlung" vor Gerichten in Bußgeldverfahren wegen Geschwindigkeitsüberschreitungen, zfs 2020, 368

Gravenhorst, Zurückverweisung und gesetzlicher Richter, NJW 2018, 2161

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Ignor, Befangenheit im Prozess, ZIS 2012, 228, 232

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Latz, Besorgnis der Befangenheit gegenüber der Verteidigung, in: Festschrift für Christian Richter II, 2006, S. 357

Meyer-Mews, Der Befangenheitsantrag nach erfolgloser Gegenvorstellung, StraFo 2000, 369

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Salditt, Das neue Zwischenverfahren und die Unparteilichkeit des Richters, in: Festgabe für Imme Roxin, S. 687

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Schmuck/Leipner, § 411 Abs. 2 S. 1 StPO und Befangenheitsantrag, StraFo 2012, 95

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Türg, Medienarbeit der Strafjustiz – Möglichkeiten und Grenzen, NJW 2011, 1040

Waldmann, Ein Gericht ohne Gschmäckle? – Reformbedarf bei den Befangenheitsregelungen, ZRP 2005, 220

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Zwiehoff, Spannungen zwischen Verteidiger und Richter als Befangenheitsgrund, JR 2006, 415

s.a. die Hinw. bei → Ablehnung eines Richters, Allgemeines, Teil A Rdn 2.

 

Rdn 18

1.a) Ein Richter kann nach § 24 Abs. 2 abgelehnt werden "wegen Besorgnis der Befangenheit". In dieser Generalklausel sind alle Ablehnungsgründe zusammengefasst, sie werden nicht – wie die Ausschlussgründe – enumerativ aufgezählt.

 

Rdn 19

b) Allgemein wird Befangenheit i.S.d. § 24 als die innere Haltung des Richters angesehen, die die von ihm erwartete erforderliche Neutralität, Distanz und Unparteilichkeit gegenüber den Verfahrensbeteiligten störend beeinflussen kann (KK-Scheuten, § 24 Rn 3 m.w.N.; BGH NStZ 2016, 218 m. Anm. Burhoff StRR 3/2016, 12; StV 2013, 372; NStZ-RR 2013, 168 [Gesamtschau]; OLG Düsseldorf NJW 2010, 1158 [Ls.]; OLG Schleswig, Beschl. v. 26.5.2010 – 1 Ss 57/10; s. die zahlr. Nachw. bei Bock StraFo 2017, 141 Fn 1). Ob der Richter tatsächlich befangen ist, spielt keine Rolle (st.Rspr., u.a. BGH NStZ 2008, 117; s.a. NStZ 1988, 467, 510; BVerfGE NJW 2003, 3404; 2012, 3228; Meyer-Goßner/Schmitt, § 24 Rn 6 m.w.N.; ­Krekeler NJW 1981, 1634; Rabe AnwBl 1981, 331; Fahl DRiZ 2016, 138). Es kommt auch nicht darauf an, ob sich der Richter selbst für befangen hält (BVerfG DÖV 1972, 312; BGH NStZ 2017, 720; noch EGMR NJW 2011, 3633, wonach die Unparteilichkeit des Richters bis zum Beweis des Gegenteils vermutet wird). Erklärt der Richter allerdings, dass er gegenüber dem Beschuldigten nicht unbefangen ist, ist von Befangenheit auszugehen (BGH, a.a.O. für Selbstablehnung nach § 30).

 

☆ Der Richter kann einen Ablehnungsgrund durch Klarstellung unbedachter Äußerungen und/oder Entschuldigung beseitigen . Das muss aber spätestens im Rahmen der dienstlichen Äußerung nach § 26 Abs. 3 geschehen (BGH NStZ 2006, 49; ähnlich NStZ 2009, 701 und NStZ-RR 2014, 97 [Ci/Zi; freimütige und umfä...

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