Rz. 139

Die erste Voraussetzung für den Abfindungsanspruch ist, dass ein noch nicht ausgeglichenes Anrecht besteht, das an sich im Wertausgleich nach der Scheidung auszugleichen wäre. Das kann ein auf Rentenzahlung gerichtetes Anrecht sein (vgl. § 20 VersAusglG, siehe dazu Rdn 30 ff.), aber auch ein Anrecht, das eine Kapitalzahlung vorsieht, aber gleichwohl im Versorgungsausgleich auszugleichen sind (§ 22 VersAusglG, v.a. die Fälle des § 2 Abs. 2 Nr. 3 VersAusglG, siehe dazu Rdn 31). Besteht das Anrecht aber nicht mehr (etwa, weil es der Ausgleichspflichtige aufgelöst hat), kommt auch kein Abfindungsanspruch mehr in Betracht.[60]

 

Rz. 140

Ob es sich bei dem nicht ausgeglichenen Anrecht um ein in- oder ausländisches Anrecht handelt, ist gleichgültig. Die Abfindung eignet sich gerade besonders, um bei der Scheidung noch nicht ausgeglichene ausländische Anrechte einer vorzeitigen endgültigen Regelung zuzuführen.

 

Rz. 141

 

Praxistipp

Zu beachten ist, dass sich die Voraussetzungen für die Abfindung des Anrechts nicht mit den Voraussetzungen für den Ausgleich des Anrechts im Wertausgleich nach der Scheidung decken. Weder muss der Ausgleichspflichtige die Leistungen aus dem nicht ausgeglichenen Anrecht bereits beziehen (vgl. § 20 Abs. 1 VersAusglG) oder bezogen haben (vgl. § 22 VersAusglG) noch muss der Ausgleichsberechtigte die Voraussetzungen für den Bezug derartiger Leistungen erfüllen (vgl. § 20 Abs. 2 VersAusglG); die Fälligkeit des Wertausgleichsanspruchs braucht also noch nicht eingetreten zu sein.

 

Rz. 142

Die Anrechte, die zwar im Ausgleich bei der Scheidung noch nicht ausgeglichen sind, aber auch im Ausgleich nach § 23 VersAusglG nicht ausgeglichen werden können, sind die bei der Scheidung "vergessenen" Anrechte, die an sich bei der Scheidung hätten ausgeglichen werden müssen (in diesem Fall findet gar kein Ausgleich mehr statt, siehe oben Rdn 34) sowie solche Rechte, bei denen noch gar nicht feststeht, ob aus ihnen jemals Leistungen fließen werden,[61] weil sie nicht hinreichend verfestigt sind, v.a. die noch verfallbaren betrieblichen Anrechte (§ 19 Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG, siehe dazu § 8 Rdn 96 ff.). Diese Anrechte können auch durch Abfindung erst ausgeglichen werden, wenn sie unverfallbar geworden sind.

[60] OLG Düsseldorf FamRZ 2014, 1201.

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