Rz. 23

& 1. Rechtsbehelf in der ersten Instanz vor dem Verwaltungsgericht war nicht erfolgreich

Aus Art. 19 Abs. 4 GG ergibt sich die Verpflichtung des Staates, den Individualrechtsschutz zu gewährleisten. Art. 19 Abs. 4 GG ist ein Ausfluss des Rechtsstaatsprinzips von Art. 20 Abs. 3 GG. Das Grundgesetz gewährt jedoch nur das Recht auf eine Instanz. Der Anspruch auf eine zweite oder dritte Instanz besteht nur dort, wo er in der Prozessordnung gesetzlich geregelt ist.

 

Rz. 24

& 2. Zulässigkeitsvoraussetzungen und Prüfungsumfang bei den Rechtsmitteln

Allen Beteiligten i.S.d. § 63 VwGO steht die Befugnis zu, Rechtsmittel einzulegen, vgl. §§ 124 Abs. 1, 132 Abs. 1, 146 Abs. 1 VwGO. Auch ein Beigeladener, zum Beispiel der Bauherr, dessen Baugenehmigung nach Anfechtung durch den Nachbarn vom Gericht aufgehoben worden ist, ist als Beteiligter befugt, Rechtsmittel einzulegen. Ebenso wie bei Klagen ist auch für Rechtsmittel eine Beschwer des Rechtsmittelführers erforderlich, ansonsten fehlt es an einem Rechtsschutzbedürfnis für das Rechtsmittel. Die Beschwer darf auch nicht allein in der Kostenbelastung liegen, § 158 Abs. 1 VwGO. Im Rechtsmittelverfahren gilt das Verbot der reformatio in peius, das Verbot der Schlechterstellung oder auch "Verböserung". Dies ist ein wesentlicher Unterschied zum Widerspruchsverfahren, wo dieses Verbot nicht gilt. Besondere Sorgfalt ist bei der Antragsformulierung geboten. § 129 VwGO besagt nämlich, dass das Urteil der Vorinstanz nur insoweit geändert werden kann, als dessen Abänderung beantragt ist. § 129 VwGO wird für Revisions- und Beschwerdeverfahren entsprechend angewendet.

Es besteht Anwaltszwang vor OVG und BVerwG, § 67 Abs. 4 VwGO.

a) Berufung zum OVG, §§ 124 ff. VwGO – Ist die Berufung nicht schon im Urteil des VG zugelassen, so muss die Zulassung binnen eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim VG beantragt werden, § 124a Abs. 4 VwGO. Binnen zwei Monaten nach Zustellung des Urteils sind die Gründe für die Zulassung bei dem OVG einzureichen. Eine Verlängerung der Fristen ist nicht möglich. Lässt das OVG die Berufung zu, wird das Verfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt. Neue Beweismittel müssen berücksichtigt werden. Eine Zurückweisung verspäteten Vorbringens ist nach § 128 VwGO nur dann zulässig, wenn es im ersten Rechtszug entgegen einer hierfür gesetzten Frist nicht vorgebracht wurde, § 128a i.V.m. § 87b VwGO.
b) Revision zum BVerwG, §§ 132 ff. VwGO – sie ist auf die rechtliche Würdigung des Streitfalles beschränkt, § 137 Abs. 2 VwGO. Sie dient neben den Rechtsschutz vor allem der Wahrung der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts. Eine Revision zum Bundesverwaltungsgericht ist grundsätzlich nur möglich, wenn die Verletzung von Bundesrecht oder die Verletzung einer Vorschrift des Landes-VwVfG gerügt wird, die mit Bundesrecht übereinstimmt, § 137 Abs. 1 VwGO. Im Beamtenrecht kann die Revision auch auf die Verletzung von Landesrecht gestützt werden, § 127 BRRG.
c) Beschwerde zum OVG, §§ 146 ff. VwGO – Sie hat grundsätzlich keinen Suspensiveffekt. Die Beschlüsse des OVG sind grundsätzlich unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.
 

Rz. 25

& 3. Weitere gerichtliche Rechtsbehelfe

a) Klage auf Wiederaufnahme des Verfahrens, § 153 VwGO i.V.m. §§ 578 ff. ZPO – Erhebung des Wiederaufnahmegesuchs gemäß § 585 ZPO nach den allgemeinen Vorschriften, also wie bei der Erhebung einer Klage. Die Frist beträgt einen Monat und ist nicht verlängerbar, § 586 ZPO. Unter Umständen ist aber eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 60 VwGO möglich. Die Frist beginnt frühestens mit Rechtskraft der Entscheidung, § 587 ZPO. Den Inhalt der Klageschrift bestimmt § 588 ZPO. Die Ausschlussfrist von fünf Jahren gemäß § 586 Abs. 2 S. 2 ZPO ist eine absolute Frist, eine Wiedereinsetzung ist diesbezüglich nicht möglich.
b) Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, § 60 VwGO – innerhalb der Frist von zwei Wochen bzw. einem Monat ist die versäumte Handlung nachzuholen. Für den Wiedereinsetzungsantrag muss der Hinderungsgrund nachgewiesen und die Schuldlosigkeit dargelegt werden. Hierzu gibt es zahllose Beispielsfälle in Literatur und Rechtsprechung, insbesondere auch zum Verschulden von Prozessbevollmächtigten.
c) Anhörungsrüge nach § 152a VwGO – diese Vorschrift wurde erst 2005 neu in die VwGO aufgenommen. Sie dient dem allgemeinen Justizgewährungsanspruch aus Art. 103 Abs. 1 GG bei einer Verletzung der Verfahrensgrundrechte durch ein Gericht.
d) außerordentliche Beschwerde, in analoger Anwendung des § 152a VwGO, wenn ansonsten keine Möglichkeit besteht, dem allgemeinen Justizgewährungsanspruch Genüge zu tun.

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