Rz. 7

Regelmäßig wird der Verkehrswert durch einen öffentlich bestellten Gutachter geschätzt, möglich ist jedoch auch die Beauftragung eines Gutachterausschusses.[5]

 

Rz. 8

Für die Richtigkeit des Wertgutachtens, das der Verkehrswertfestsetzung zugrunde gelegt wird, kann der Ersteher jedoch nicht gegen den Gutachterausschuss aus Amtspflichtverletzung vorgehen.[6] Die Festsetzung obliegt dem Gericht. Ist das Gutachten unvollständig, darf das Gericht dem Gutachten des Sachverständigen nicht folgen.[7] Bei der Bestimmung des Verkehrswerts des zu ersteigernden Grundstücks hat das Versteigerungsgericht aber nur zu prüfen, ob der Sachverständige sachkundig und frei von Widersprüchen nach allgemein gültigen Regeln den Wert ermittelt hat.[8]

 

Rz. 9

Dies schließt Schadensersatzansprüche nach § 839 BGB regelmäßig aus. Eine Haftung für eine unrichtige Wertfestsetzung durch den Rechtspfleger aufgrund eines fehlerhaften Gutachtens eines gerichtlich bestellten Sachverständigen setzt daher voraus, dass die Fehlerhaftigkeit für den Rechtspfleger nur aufgrund Vorsatzes oder grober Fahrlässigkeit nicht erkennbar war.[9]

 

Rz. 10

Stellt sich nach Abschluss des Verfahrens die Fehlerhaftigkeit der Verkehrswertfestsetzung heraus, fragt sich, ob der gerichtlich beauftragte Sachverständige[10] gegenüber dem Ersteher haftet. Nach § 839a Abs. 1 BGB[11] gilt: Erstattet ein vom Gericht ernannter Sachverständiger vorsätzlich oder grob fahrlässig ein unrichtiges Gutachten, so ist er zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der einem Verfahrensbeteiligten durch eine gerichtliche Entscheidung entsteht, die auf diesem Gutachten beruht. Nach § 839a Abs. 2 i.V.m. § 839 Abs. 3 BGB tritt die Ersatzpflicht nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

 

Beispiel

(für grobe Fahrlässigkeit; OLG Brandenburg[12])

Es liegt eine fehlerhafte Wohnflächenberechnung vor. Der Sachverständige hat eine Eigentumswohnung fälschlicherweise mit 100.000,00 EUR angegeben. Dieser Wertberechnung liegt eine Fläche von 99 m2 zugrunde. Tatsächlich hatte die Wohnung aber lediglich eine Wohnfläche von 84,55 m2. Der Unterschiedsbetrag bei Abgabe des Gebots über 50.000,00 EUR war damit 7.000,00 EUR zu hoch.

 

Rz. 11

Die Amtspflichten, die der im Rahmen eines Zwangsversteigerungsverfahrens vom Gericht mit der Wertermittlung beauftragte Gutachterausschuss wahrzunehmen hat, können zugunsten des Erstehers drittgerichtet sein.[13] Der Ersteher darf, selbst wenn ihm keine Mängelgewährleistungsansprüche zustehen, in schutzwürdiger Weise darauf vertrauen, dass das Gericht bei der Festsetzung des Grundstückswerts, die die Grundlage für die Höhe des Gebots bildet, mit der erforderlichen Sorgfalt verfahren ist.[14]

 

Rz. 12

In einer auf dem neuem Recht basierenden Entscheidung des BGH[15] sieht dieser als schadensstiftende gerichtliche Entscheidung, die auf dem Gutachten beruht, den Zuschlagsbeschluss an. Zu dem ersatzfähigen Schaden gehört jeder durch das unrichtige Gutachten und die darauf beruhende gerichtliche Entscheidung adäquat verursachte und in den Schutzbereich der verletzten Sachverständigenpflicht fallende Vermögensschaden. Der zu leistende Schadensersatz soll die Vermögenslage herstellen, die bei pflichtgemäßem Verhalten des Sachverständigen eingetreten wäre, d.h. wenn der Grundstückswert korrekt ermittelt worden wäre. Dies bedeutet, dass der Geschädigte nicht lediglich einen Anspruch darauf hat, so gestellt zu werden, als hätte er das Objekt nicht ersteigert. Vielmehr bleibt es dem Geschädigten vom Ansatz her unbenommen, geltend zu machen, dass er bei korrekter Wertfestsetzung das Grundstück zu einem niedrigeren Meistgebot hätte ersteigern können. Den Differenzbetrag kann er als Schadensersatz beanspruchen. Dies gilt auch dann, wenn das tatsächliche Meistgebot unter dem Verkehrswert liegt. Der Umstand, dass der Geschädigte möglicherweise eine objektiv adäquate Gegenleistung erhalten hat, schließt es nicht aus, dass er bei korrekter Wertfestsetzung mit einem noch geringeren Gebot hätte zum Zuge kommen können und die Mehraufwendungen damit erspart hätte.[16]

 

Rz. 13

In einer neuen Entscheidung vom 10.10.2013 nimmt der BGH[17] erneut zur Fragen der Haftung Stellung:

Zitat

"Bei der Haftung des Sachverständigen für ein unrichtiges Verkehrswertgutachten im Zwangsversteigerungsverfahren ist zu berücksichtigen, dass dieses der Feststellung des Verkehrswerts des Versteigerungsobjekts dient und gerade auch in dieser Hinsicht, also bezüglich des festgestellten Verkehrswerts, "unrichtig" sein muss. Baumängel und Bauschäden haben in diesem Zusammenhang insoweit Bedeutung, als sie sich auf den Verkehrswert auswirken. Anders als der speziell mit der Feststellung von Baumängeln beauftragte – und diesbezüglich besonders sachkundige – Gutachter darf sich der Verkehrswertgutachter im Allgemeinen mit der Inaugenscheinnahme des Versteigerungsobjekts begnügen und muss erst dann weitere Ermittlungen zu etwaigen Mängeln anstellen...

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