Rz. 121

Die Technik der Plastination besteht im Wesentlichen im Austausch von Gewebewasser durch Aceton und den daran sich anschließenden Austausch des Acetons im Vakuum gegen Reaktionskunststoffe. Nach Entnahme der Leiche aus dem Kunststoffbad erfolgt dann die Härtung zum Plastinat,[161] es entstehen "dreidimensionale Strukturen als kunststoffdurchtränkte und ausgehärtete Präparate unter Erhaltung ihres Oberflächenreliefs". Durch dieses Verfahren bleibt die menschliche Leiche dauerhaft erhalten und kann ausgestellt werden. Hierin liegt ein entscheidender Unterschied zur Anatomie. Wird eine Leiche einem anatomischen Institut zur Verfügung gestellt, so bleibt sie gerade nicht dauerhaft erhalten und das Institut hat für die spätere Bestattung der Leiche zu sorgen.

 

Rz. 122

Bei der Plastination hingegen erfolgt gerade keine Bestattung der Leiche. Die Bestattungsgesetze der Länder sehen aber vor, dass Leichen zu bestatten sind. Nach § 13 der Bestattungsverordnung von Baden-Württemberg dürfen Leichen darüber hinaus auch nicht öffentlich ausgestellt werden. Bereits aus diesem Grund sind zu Recht Bedenken gegen die Plastination und Ausstellung von Leichen erhoben worden, weil die Plastinate gerade nicht bestattet werden (was sie sollten), dafür aber ausgestellt werden (was sie nicht sollten).[162] Eingewandt wird hiergegen – nach hiesiger Auffassung nach nicht sehr überzeugend – es handle sich nicht um Leichen, sondern "durch Plastination erzeugte Ausstellungsstücke". Tatsächlich sind plastinierte menschliche Körper jedoch als Leichen anzusehen.[163]

 

Rz. 123

Darüber hinaus bewegt sich die Diskussion um die Zulässigkeit dieser Ausstellungen im Rahmen der Fragen der Reichweite und des Umfangs der Menschenwürde, des Selbstbestimmungsrechts des Verstorbenen über den Tod hinaus und hin und wieder der Kunstfreiheit. Grundsätzlich kann jeder, so das BVerfG, "selbst bestimmen, wie er sich Dritten oder gegenüber der Öffentlichkeit darstellen will".[164] Dies gilt grundsätzlich zunächst auch für den Fall, dass ein Verstorbener – nach ausführlicher Information – seine Zustimmung zur Plastination und Ausstellung erteilt. Doch auch trotz Zustimmung ist die Achtung der Menschenwürde zu beachten, und hier insbesondere auch die Menschenwürde der Lebenden. Dennoch wurde sowohl vom VGH Baden-Württemberg als auch vom VGH Bayern die Ausstellung von Plastinaten grundsätzlich als zulässig angesehen.[165]

[161] Katalog "Körperwelten", S. 22.
[162] Benda, NJW 2000, 1769 f.
[163] OVG Koblenz DÖV 1987, 826.
[164] BVerfG NJW 1980, 2070.
[165] VGH Baden-Württemberg BaWüVBl. 2006, 186; BayVGH NJW 2003, 1618.

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