Rz. 59

Gemäß § 70 Abs. 1 FamFG kann gegen eine Entscheidung des Beschwerdegerichts Rechtsbeschwerde eingelegt werden, wenn das Beschwerdegericht diese durch Beschluss zugelassen hat. Über die Zulassung ist im Ausgangsbeschluss zu entscheiden. Enthält dieser keinen ausdrücklichen Ausspruch zur Zulassung, ist das Rechtsmittel nicht zugelassen. Die nachträgliche Zulassung der Rechtsbeschwerde ist grundsätzlich unwirksam, sofern sie nicht im Wege der Berichtigung wirksam nachgeholt wird, wenn das Gericht die Beschwerde im Beschluss zulassen wollte und dies nur versehentlich unterblieben ist.[169] Eine Nichtzulassungsbeschwerde ist in Familiensachen gemäß § 26 Nr. 9 EGZPO ausgeschlossen.[170]

 

Rz. 60

Die Zulassung setzt voraus, dass

die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat[171] oder
dies zum Zwecke der Rechtsfortbildung oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.

Die Rechtsbeschwerde tritt damit an die Stelle der bisherigen weiteren Beschwerde.[172]

 

Rz. 61

Sie kann nur auf die Verletzung formellen oder materiellen Rechts gestützt werden (§ 72 FamFG). Über die Zulassung der Rechtsbeschwerde entscheidet das Beschwerdegericht von Amts wegen.[173]

 

Rz. 62

Abweichend vom alten Recht bedarf die Rechtsbeschwerde in Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit auch dann der Zulassung, wenn die Beschwerde verworfen wurde.[174] Das Rechtsbeschwerdegericht ist nach § 70 Abs. 2 S. 2 FamFG an die Zulassung durch das Beschwerdegericht gebunden. Die Nichtzulassung ist nicht anfechtbar.[175] Enthält die Beschwerdeentscheidung eine unzutreffende Rechtsbehelfsbelehrung, nach der die Rechtsbeschwerde statthaft sei, so ersetzt dies selbst dann eine Entscheidung über die Zulassung nicht, wenn auch die Rechtsmittelbelehrung von den Unterschriften der erkennenden Richter gedeckt ist.[176]

 

Rz. 63

Wird eine Freiheitsentziehung angeordnet – dies erfasst insbesondere die Genehmigung der geschlossenen Unterbringung eines Kindes nach § 1631b BGB – ist die Rechtsbeschwerde stets ohne Zulassung statthaft, § 70 Abs. 3 Nr. 2 FamFG. Dies gilt aber nicht für einen Beschluss, mit dem das Beschwerdegericht die Sache an das erstinstanzliche Gericht zurückverweist. Hier bedarf die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde ihrer Zulassung durch das Beschwerdegericht. Denn der Gesetzgeber wollte die zulassungsfreie Rechtsbeschwerde nur gegen Beschlüsse eröffnen, die unmittelbar freiheitsentziehende Wirkung haben.[177]

 

Rz. 64

Die Rechtsbeschwerde findet gemäß § 70 Abs. 4 FamFG nicht gegen Beschlüsse im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrestes statt. Dies gilt auch dann, wenn die Rechtsbeschwerde im Hauptsacheverfahren nach § 70 Abs. 3 FamFG zulassungsfrei statthaft wäre.[178] Wird unter Verstoß hiergegen die Rechtsbeschwerde zugelassen, so bleibt diese freilich dennoch unstatthaft; denn ein gesetzlich nicht vorgesehenes Rechtsmittel kann nicht durch seine Zulassung statthaft werden.[179] (Zur Rechtsbeschwerde im Verfahrenskostenhilfeverfahren siehe § 8 Rdn 38.)

[169] So – mutatis mutandis – BGH FamRZ 2012, 961.
[170] Kritisch hierzu u.a. die Initiativstellungnahme des Deutschen Anwaltvereins durch den Ausschuss Familienrecht, FamRZ 2015, 1677.
[172] BT-Drucks 16/6308, S. 209.
[173] BT-Drucks 16/6308, S. 209.
[174] Anders in Ehe- und Familienstreitsachen, dort verweist § 117 Abs. 1 S. 4 FamFG auf § 522 Abs. 1 S. 4 ZPO.
[175] Maurer, FamRZ 2009, 465, 483; BT-Drucks 16/6208, S. 225.
[177] BGH FamRZ 2015, 1701.

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