Rz. 38
Wird ein Verfahrensbeteiligter durch eine erstinstanzliche Entscheidung beschwert, so kann die Entscheidung darüber, ob gegen diesen Beschluss ein Rechtsmittel eingelegt werden soll, davon abhängig sein, ob und inwieweit der Beschwerdeführer in der Rechtsmittelinstanz die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe erwarten kann. Gerade das Risiko einer Kostenbelastung hält zahlreiche Verfahrensbeteiligte davon ab, eine erstinstanzliche Entscheidung zur Überprüfung zu stellen.
In dieser Situation besteht die Möglichkeit, vorab die Entscheidung des Rechtsmittelgerichts zur Verfahrenskostenhilfe herbeizuführen und die Durchführung des Beschwerdeverfahrens hiervon abhängig zu machen (Antragsmuster im Formularteil, siehe § 13 Rdn 69).[176]
Rz. 39
Hierzu ist innerhalb der Beschwerdefrist ein auf die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren gerichteter Antrag zu stellen. Durch § 64 Abs. 1 S. 2 FamFG n.F. ist nunmehr klargestellt, dass dieser beim Familiengericht einzureichen ist.[177]
Rz. 40
Dem Antrag ist eine vollständige Erklärung zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Antragstellers beizufügen, einschließlich der zur Glaubhaftmachung erforderlichen Belege. Alternativ kann auch auf die in der Vorinstanz eingereichten Unterlagen Bezug genommen werden, dann müssen diese aber freilich vollständig sein und vorgetragen werden, dass sich an den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Antragstellers zwischenzeitlich nichts geändert hat.[178] Gerade die Vollständigkeit der Erklärung und der beizufügenden Unterlagen ist von essentieller Bedeutung, um einer Fristversäumung zu entgehen.[179] Die beabsichtigte Begründung des Rechtsmittelantrages muss wegen § 65 Abs. 1 FamFG ("soll") nicht beigefügt werden, allerdings sollte dies unbedingt geschehen; zum einen, um das Augenmerk des Beschwerdegerichts auf die Beanstandungen des Beschwerdeführers zu lenken und so die hinreichende Erfolgsaussicht des in Aussicht genommenen Rechtsmittels darzulegen, zum anderen, weil ansonsten eine Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluss des Beschwerdegerichts meist am Grundsatz materieller Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde scheitern wird,[180] zumal gerade eine Verletzung des rechtlichen Gehörs dann ebenfalls kaum vorstellbar ist.
Rz. 41
Ferner sollte sicherheitshalber unbedingt bei der Antragstellung darauf hingewiesen werden, dass der Anwalt – trotz bereits entworfener Begründung des beabsichtigten Rechtsmittels – nicht als Wahlanwalt tätig wird, sondern sich sein Mandat bis zu seiner zweitinstanzlichen Beiordnung auf die Stellung des Verfahrenskostenhilfeantrages beschränkt (Antragsmuster im Formularteil, siehe § 13 Rdn 69). Denn teilweise wurde angenommen, dass ansonsten die Beschwerde zu verwerfen sei, weil die Versäumung der Beschwerdefrist nicht auf dem wirtschaftlichen Unvermögen der Klägerin beruht hat und daher nicht ohne Verschulden (§ 17 Abs. 1 FamFG) eingetreten ist.[181] Allerdings dürfte sich diese Rechtsprechung beim Bundesgerichtshof nicht durchgesetzt haben. Späteren Entscheidungen zufolge kann der mittellose Beteiligte auch im hier in Rede stehenden Fall noch im Wiedereinsetzungsgesuch glaubhaft machen, dass der Anwalt nicht bereit war, die Beschwerde ohne Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe ordnungsgemäß und insbesondere fristgerecht zu begründen.[182]
Rz. 42
Nach bewilligter Verfahrenskostenhilfe ist innerhalb der zweiwöchigen Frist des § 18 Abs. 1 FamFG beim Ausgangsgericht ein Antrag auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Einlegung der Beschwerde zu stellen und binnen derselben Zweiwochenfrist die Beschwerde einzulegen (§ 18 Abs. 3 S. 2 FamFG).
Rz. 43
Wird die nachgesuchte Verfahrenskostenhilfe für die beabsichtigte Beschwerde versagt, so hat der Antragsteller noch eine kurze Überlegungsfrist von drei bis vier Tagen; danach beginnt die zweiwöchige Frist für das Wiedereinsetzungsgesuch und die damit zu verbindende Einlegung des Rechtsmittels. Das gilt auch dann, wenn das Gericht nicht die Mittellosigkeit des Beteiligten, sondern die Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung verneint hat.[183]
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