Rz. 38

Nach § 65 FamFG soll die Beschwerde – im Interesse der Verfahrensförderung – begründet werden. Da § 65 Abs. 1 FamFG (anders als der in Ehe- und Familienstreitsachen geltende § 117 Abs. 1 FamFG) jedoch als Soll-Vorschrift ausgestaltet ist, führt eine mangelnde Begründung nicht dazu, dass die Beschwerde als unzulässig verworfen wird.[107] Auch in Fällen, in denen eine im Scheidungsverbund erlassene kindschaftsrechtliche Entscheidung isoliert angefochten wird, besteht kein Begründungszwang. Denn die Scheidungssache und die einzelnen Folgesachen bleiben auch im Fall der gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung im Verbund in verfahrensrechtlicher Hinsicht eigenständig.[108] Das Beschwerdegericht oder dessen Vorsitzender hat jedoch nach § 65 Abs. 2 FamFG die Möglichkeit, zur Begründung eine Frist zu bestimmen. In der Praxis dürfte sich in jedem Fall eine Begründung der Beschwerde empfehlen; zum einen, um das ­Augenmerk des Beschwerdegerichts auf die Beanstandungen des Beschwerdeführers zu lenken, zum anderen, weil ansonsten eine Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluss des Beschwerdegerichts meist am Grundsatz materieller Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde scheitern wird,[109] zumal gerade eine Verletzung des rechtlichen Gehörs dann ebenfalls kaum vorstellbar ist. Hat zudem der Beschwerdeführer ein Interesse an einem beschleunigten Verfahren, so liegt es ebenfalls in seinem Interesse, sein Rechtsmittel zu begründen, um die weitere Aufklärung entscheidungserheblicher Tatsachen durch das Beschwerdegericht – sei es in schriftlicher Form oder durch eine erneute mündliche Erörterung – zu erleichtern.

 

Rz. 39

Der Beschwerdeführer darf sein Rechtsmittel auf neue Tatsachen und Beweismittel stützen. Lediglich in Ehe- und Familienstreitsachen ist dies nach § 115 FamFG eingeschränkt. Die Beschwerde kann grundsätzlich[110] nicht auf die fehlende Zuständigkeit des erstinstanzlichen Gerichts gestützt werden (§ 65 Abs. 4 FamFG). Diese Vorschrift erfasst allerdings weder die internationale[111] noch die Rechtswegzuständigkeit, für letztere gilt § 17a Abs. 5 und 6 GVG.[112]

[107] OLG Köln FamRZ 2010, 921; OLG Brandenburg FamRZ 2010, 427; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 18.2.2011 – 9 UF 160/10 (n.v.); BT-Drucks 16/6308, S. 206.
[109] Dazu Schulz/Hauß/Völker, HK-FamR Schwerpunktbeitrag 10 Rn 28 ff.
[110] In BGH FamRZ 2011, 282 ist allerdings angedeutet, dass in Fällen willkürlicher Zuständigkeitsentscheidungen eine verfassungskonforme Auslegung erwogen werden könnte.
[111] OLG Hamm FamRZ 2012, 143; OLG Hamm FamRZ 2015, 346.
[112] Vgl. OLG München FamRZ 2010, 2090; OLG Hamm FamRZ 2010, 2089; vgl. auch OLG Frankfurt FamRZ 2011, 1238 zur Abgrenzung der Gerichtsstandsbestimmung nach § 36 ZPO von der Vorschrift des § 17a GVG.

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