Rz. 178

Nach § 630g Abs. 3 S. 1 und 2 i.V.m. Abs. 1 BGB kann im Falle des Todes des Patienten der Erbe Einsicht in die Behandlungsakten des Arztes zur Wahrnehmung der vermögensrechtlichen und die nächsten Angehörigen hinsichtlich immaterieller Interessen nehmen. Nach § 630g Abs. 3 S. 3 BGB sind die Rechte allerdings ausgeschlossen, soweit der Einsichtnahme der ausdrückliche oder mutmaßliche Wille des Patienten entgegensteht.

 

Rz. 179

Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass dem Arzt bei der Prüfung des Patientenwillens ein Ermessen zusteht, das nur begrenzt gerichtlich überprüfbar ist. Demnach ist der in Anspruch genommene Arzt gewissermaßen selbst die letzte Instanz. Allerdings muss der Arzt darlegen, dass und unter welchem allgemeinen Gesichtspunkt er sich durch die Schweigepflicht an der Offenlegung der Unterlagen gehindert sieht.[195]

 

Rz. 180

Angehörige haben im Grundsatz kein Recht, aufgrund einer Vorsorgevollmacht Einsicht in Behandlungsunterlagen eines Verstorbenen zu nehmen gegen dessen ausdrücklich erklärten oder mutmaßlichen Willen.[196] Schließlich führt eine Vollmacht nicht zu einer Verdoppelung der Entscheidungsträger. Vielmehr geht der eigene Wille eines Geschäftsfähigen bei widersprechenden Erklärungen vor.[197]

 

Rz. 181

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des BGH zum digitalen Nachlass.[198] Dort war die Frage zu entscheiden, ob die Rechte aus einem Nutzungsvertrag für ein soziales Netzwerk in den Nachlass fallen. Dies wurde bejaht und dabei ausdrücklich ausgeführt, dass die Pflichten nicht persönlichkeitsrelevant seien, da lediglich technische Leistungen geschuldet würden, die – anders als bei einem Behandlungsvertrag mit einem Arzt – unverändert gegenüber den Erben erbracht werden könnten. Im Übrigen hielt der BGH einen entgegenstehenden Willen des Erblassers durchaus für bedeutsam.

[197] Grüneberg/Ellenberger, § 167 BGB Rn 15; Staudinger/Bienwald, § 1904 BGB Rn 45; Zimmermann, Vorsorgevollmacht – Betreuungsverfügung – Patientenverfügung, Kap 2 Rn 80.
[198] BGH ZEV 2018, 582 m. Anm. Ludyga.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge