Rz. 72

Dazu das Kammergericht:[78]

Zitat

1. Ein berechtigtes Interesse an der Grundbucheinsicht steht in der Regel dem Pflichtteilsberechtigten zu, der nach dem Tode des im Grundbuch eingetragenen Erblassers seine erbrechtlichen Ansprüche prüfen will; das gilt auch, wenn inzwischen der Erbe als Rechtsnachfolger eingetragen ist.

2. Zur Darlegung des berechtigten Interesses genügt in einem solchen Falle der Hinweis auf die Stellung als gesetzlicher Erbe, einer schlüssigen Darlegung der etwa geltend zu machenden Pflichtteilsansprüche oder konkreter, von der Grundbucheinsicht abhängender Entschließungen bedarf es nicht.

Gründe:

Das LG hat angenommen, dem Beteiligten (B) sei eine Grundbuchabschrift gem. § 12 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 GBO nicht zu erteilen, da er ein berechtigtes Interesse an der Grundbucheinsicht nicht dargelegt habe. Das unterliegt durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

Ein berechtigtes Interesse i.S.v. § 12 Abs. 1 S. 1 GBO ist gegeben, wenn zur Überzeugung des Grundbuchamts ein verständiges, durch die Sachlage gerechtfertigtes Interesse des Antragstellers dargelegt wird, wobei auch ein bloß tatsächliches, insbesondere wirtschaftliches Interesse das Recht auf Grundbucheinsicht begründen kann (…).

§ 12 Abs. 1 GBO bezweckt nicht in erster Linie einen Geheimnisschutz, sondern zielt auf eine Publizität, die über die rein rechtliche Anknüpfung an die Vermutungs- und Gutglaubensvorschriften der §§ 891 ff. BGB hinausgeht (…). Andererseits genügt nicht jedes beliebige Interesse des Antragstellers; die Verfolgung unbefugter Zwecke oder reiner Neugier muss ausgeschlossen und die Kenntnis vom Grundbuchstand für den Antragsteller aus sachlichen Gründen für sein künftiges Handeln erheblich erscheinen (…). Das folgt aus dem durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG geschützten, zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht gehörenden Recht auf informationelle Selbstbestimmung (vgl. BVerfGE 65, 1) der durch die Grundbucheinsicht Betroffenen, welches bei der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs einzubeziehen ist (…). Die Darlegung des berechtigten Interesses erfordert einen nachvollziehbaren Vortrag von Tatsachen in der Weise, dass dem Grundbuchamt daraus die Überzeugung von der Berechtigung des geltend gemachten Interesses verschafft wird, denn es hat in jedem Einzelfall genau zu prüfen, ob durch die Einsichtnahme das schutzwürdige Interesse der Eingetragenen verletzt werden könnte, Unbefugten keinen Einblick in ihre Rechts- und Vermögensverhältnisse zu gewähren (…). …

[78] KG ZEV 2004, 338 = NJW-RR 2004, 1316 = RNotZ 2004, 464. Vgl. auch OLG Zweibrücken NJW-RR 2020, 1341.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge