Rz. 159
Einkommensteuer: Einkommensteuerforderungen, die auf solche Einkünfte entfallen, die der Erblasser bis zu seinem Tode erzielt hat, sind zweifelsfrei Erblasserschulden und damit Nachlassverbindlichkeit.[198] Die vom Erblasser herrührende Einkommenssteuer des Todesjahres, einschließlich Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag, sind Nachlassverbindlichkeiten.[199]
Zu versteuernde Einkünfte, die nach dem Erbfall entstehen, sind Einkünfte des Erben und damit keine Nachlassverbindlichkeit, sondern Eigenverbindlichkeit des Erben. Der Steuersatz richtet sich nach den persönlichen steuerrechtlichen Verhältnissen des Erben.
Rz. 160
Dies gilt nicht, wenn Nachlassverwaltung angeordnet ist.[200] Wird eine Steuerschuld der Erben durch die Tätigkeit des Nachlassverwalters verursacht, liegt eine Nachlassverbindlichkeit in Form der Erbfallschuld vor und dem Erben bleibt daher die Beschränkung der Erbenhaftung gem. § 45 Abs. 2 S. 1 AO i.V.m. § 1975 BGB erhalten.
Zur Einkommensteuerschuld, die durch vom Erblasser verursachten Veräußerungsgewinn entsteht, vgl. BGH, ZEV 1998, 441. Weiterführende Literatur: Siegmann, Neues zur Haftung des Erben für nachlassbezogene Einkommensteuerschulden, ZEV 1999, 52; Stahl, Die Hypothek des steuerunehrlichen Erblassers für die Erben, ZEV 1999, 221; Siegmann, Der Tod des Schuldners im Insolvenzverfahren, ZEV 2000, 221; ZEV 2000, 345; Wachter, Schwarzgeld im Nachlass, ZErb 2003, 66.
Rz. 161
Eine im Zeitpunkt der Erbschaftsannahme nicht bekannte Steuerverbindlichkeit für zurückliegende Veranlagungszeiträume kann u.U. zu einer Irrtumsanfechtung der Annahmeerklärung gem. § 119 Abs. 2 BGB führen (vgl. Rdn 178 ff.).[201]
Im Übrigen gilt für die Haftung des Erben für Steuerschulden des Erblassers allgemeines Erben-Haftungsbeschränkungsrecht, § 265 AO.[202]
Rz. 162
Erbschaftsteuerschuld: Ob die Erbschaftsteuerschuld als Erbfallschuld zu den Nachlassverbindlichkeiten i.S.v. § 1967 BGB gehört, ist streitig. Bejahend: BFH[203] und OLG Naumburg;[204] verneinend (weil Eigenverbindlichkeit des Erben): OLG Hamm,[205] BayObLG;[206] OLG Koblenz;[207] OLG Düsseldorf[208] und FG Münster (Rev. anhängig).[209] Letzteres:
Zitat
Dies ergibt sich nach der zivilrechtlichen Rechtsprechung (…), der sich der Senat für den vorliegenden Fall anschließt, aus dem Umstand, dass die Erbschaftsteuer der Höhe nach an das persönliche Verwandtschaftsverhältnis des einzelnen Erben gegenüber dem Erblasser anknüpft (§ 15 ErbStG). § 20 Abs. 1 ErbStG regelt ausdrücklich, dass Steuerschuldner der Erwerber ist, nicht der Nachlass als Ganzes. § 20 Abs. 3 ErbStG begründet nur eine Mithaftung des Nachlasses bis zur Auseinandersetzung, was entbehrlich wäre, wenn es sich ohnehin um eine Nachlassverbindlichkeit handeln würde. § 10 Abs. 8 ErbStG bestimmt, dass die Erbschaftsteuer nicht nachlassmindernd zu berücksichtigen ist. Der Erbe wird zwar in seiner Eigenschaft als Erbe belastet, jedoch haftet er nicht für die Erbschaftsteuerschuld anderer Erben, Pflichtteilsberechtigter oder Vermächtnisnehmer. Daraus folgt, dass der Nachlass gerade nicht belastet mit der Erbschaftsteuerschuld auf den Erben im Wege der Gesamtrechtsnachfolge übergeht, sondern dass die Entstehung der Steuerschuld individuell an jeden Erwerb durch einen Erbfall anknüpft und deshalb nicht zur Abwicklung des Nachlasses gehört.
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