Entscheidungsstichwort (Thema)

Anfechtung der Annahme der Erbschaft

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Das Gesetz geht zwar in den §§ 1954 bis 1957 BGB von der Möglichkeit einer Anfechtung der Annahme einer Erbschaft aus, enthält jedoch dort keine besonderen Bestimmungen zu den Gründen, die eine solche Anfechtung rechtfertigen können. Daraus folgt, dass insoweit die allgemeinen Bestimmungen der §§ 119 ff. BGB maßgebend sind.

2. Zu den Eigenschaften einer Sache rechnet zwar nicht der Wert der Sache selbst, aber doch alle wertbildenden Merkmale, die die Sache unmittelbar kennzeichnen.

 

Normenkette

BGB §§ 119, 1954-1957

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 27.07.1998; Aktenzeichen 16 T 8272/98)

AG München (Aktenzeichen 65 VI 7216/96)

 

Tenor

I. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 3 gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 27. Juli 1998 wird zurückgewiesen.

II. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 5.000 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Der 1996 verstorbene Erblasser war verheiratet, lebte jedoch von seiner Ehefrau, der Beteiligten zu 1, getrennt. Der aus dieser Ehe stammende Beteiligte zu 2 ist sein einziges Kind. Mit der Beteiligten zu 3 hatte er in der Zeit vor seinem Tod eine partnerschaftliche Beziehung.

Der Erblasser war Eigentümer einer Eigentumswohnung, die er 1992 zum Preis von 370.000 DM (gemäß Nachlaßverzeichnis) erworben hatte. Außerdem hatte er zusammen mit seiner Ehefrau jeweils zu hälftigem Miteigentum im Jahr 1993 eine Doppelhaushälfte (Kaufpreis 500.000 DM), im Jahr 1994 ein Einfamilienhaus (Kaufpreis 700.000 DM) und im Jahr 1995 eine weitere Eigentumswohnung (Kaufpreis 442.800 DM) erworben. Die Objekte wurden zur Finanzierung des Kaufpreises jeweils mit Grundschulden belastet, die im Zeitpunkt des Erbfalls noch mit über 900.000 DM valutiert waren. Ferner waren Bankguthaben in Höhe von ca. 40.000 DM vorhanden. Das Nachlaßgericht ordnete am 21.6.1996 Nachlaßpflegschaft an, die am 10.8.1998 wieder aufgehoben wurde.

Der Erblasser hat drei letztwillige Verfügungen hinterlassen. Am 26.5.1993 hat er mit seiner Ehefrau einen Erbvertrag geschlossen, in dem sich die Eheleute gegenseitig zu Alleinerben bestimmt haben. Am 30.1.1996 hat er in einem privatschriftlichen Testament die Beteiligte zu 3 zu seiner alleinigen Erbin eingesetzt, nachdem er am 25.1.1996 die Scheidung eingereicht hatte. Am 15.4.1996 hat er diese Erbeinsetzung in einem notariellen Testament wiederholt.

Die Beteiligte zu 1 und die Beteiligte zu 3 beantragten jeweils einen Erbschein, der sie als Alleinerbin ausweisen sollte. Das Nachlaßgericht führte Ermittlungen durch zu der Frage, ob im Zeitpunkt des Erbfalls die Voraussetzungen für eine Scheidung des Erblassers von der Beteiligten zu 1 gegeben waren. In der Folgezeit zeigte sich, daß die zum Nachlaß gehörenden Immobilien nicht zum Anschaffungspreis veräußert werden konnten. Außerdem machte das Finanzamt Einkommensteuernachzahlungen für die Jahre 1994 und 1995 in Höhe von zusammen ca. 340.000 DM geltend. Mit Schreiben vom 26.1.1998 nahm die Beteiligte zu 1 ihren Erbscheinsantrag zurück. Am 29.1.1998 erteilte das Nachlaßgericht der Beteiligten zu 3 einen Erbschein als Alleinerbin. Eine Ausfertigung wurde am 3.2.1998 an die Beteiligte zu 3 hinausgegeben. Mit notariell beglaubigter Erklärung vom 11.2.1998 schlug die Beteiligte zu 3 die Erbschaft aus allen Berufungsgründen aus und erklärte gleichzeitig vorsorglich die Anfechtung einer etwa erfolgten Annahme der Erbschaft wegen Irrtums bezüglich der Werthaltigkeit des Nachlasses. Außerdem nahm sie ihren Erbscheinsantrag zurück und beantragte, falls ein Erbschein bereits erteilt sein sollte, dessen Einziehung. Bereits am 4.2.1998 war bei dem Nachlaßgericht eine weitere notarielle Urkunde eingegangen, in der die Beteiligte zu 1 die Anfechtung ihrer Erbscheinsannahme erklärt und gleichzeitig die ihr angefallene Erbschaft ausgeschlagen hatte.

Das Nachlaßgericht hat eine Einziehung des Erbscheins abgelehnt. Das Landgericht hat die hiergegen eingelegte Beschwerde der Beteiligten zu 3 zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 3; über deren Antrag auf Eröffnung des Nachlaßkonkursverfahrens ist noch nicht entschieden.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige weitere Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt, das Nachlaßgericht habe zu Recht die Einziehung des Erbscheins vom 29.1.1998 abgelehnt. Dieser gebe die Erbfolge aufgrund der Testamente des Erblassers vom 30.1. und 15.4.1996 zutreffend wieder. Die Beteiligte zu 3 habe durch ihren Erbscheinsantrag vom 1.7.1996 die Erbschaft schlüssig angenommen. Denn sie habe durch den Antrag zum Ausdruck gebracht, daß sie die Erbschaft behalten wolle. Sie habe deshalb am 11.2.1998 die Erbschaft nicht mehr ausschlagen können, zumal auch die Ausschlagungsfrist längst verstrichen gewesen sei. Die vorsorglich erklärte Anfechtung der Annahme wegen Irrtums greife nicht durch. Eine fehlerhafte Vorstellung über ...

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