Entscheidungsstichwort (Thema)

testamentarische Einsetzung einer Person als Nacherbe und Vermächtnisnehmer. Wertberechnung eines Vermächtnisses unter Einschluss von Immobilienvermögen. Erbschaftssteuer als Nachlassverbindlichkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Setzt ein Erblasser eine Person zum einen als Nacherben, zum anderen als Vermächtnisnehmer ein, so ist das Vermächtnis grundsätzlich nach dem Tode vom Erben zu erfüllen. Bemisst sich das Vermächtnis anteilmäßig nach dem Vermögen des Erblassers, ist für die Berechnung des Vermächtnisses auch der Wert der Immobilien, die zum Nachlass gehören heranzuziehen. Die Erbschaftssteuer ist Nachlassverbindlichkeit i.S.d. § 1967 Abs. 2 BGB.

 

Normenkette

BGB §§ 398, 818 Abs. 3, § 1967 Abs. 2, §§ 2084, 2147, 2174; ErbStG § 9 Abs. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

LG Halle (Saale) (Urteil vom 20.03.2006; Aktenzeichen 4 O 608/03)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten zu 1) gegen das am 20.3.2006 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer - Einzelrichterin - des LG Halle wird zurückgewiesen.

Die Anschlussberufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung tragen die Klägerin zu 18 % und die Beklagte zu 1) zu 82 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte zu 1) kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zu 1) vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Wert der Beschwer der Beklagten zu 1) übersteigt 20.000 EUR. Der Wert der Beschwer der Klägerin übersteigt 20.000 EUR nicht.

Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird auf 48.173,18 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin macht mit der Klage Ansprüche aus zwei Vermächtnissen geltend, die der Erblasser S. M. zu ihren Gunsten und zugunsten seiner Ehefrau ausgesprochen hat.

Der Erblasser verstarb am 9.1.1998. Sein letzter Wohnsitz befand sich in N.. Ausweislich seines handschriftlichen Testaments, das am 19.2.1998 vom AG Schöneberg eröffnet worden ist, setzte er die Beklagte zu 1), seine Lebensgefährtin, zur nicht befreiten Vorerbin und die Klägerin, seine Tochter, zur Nacherbin ein. Der Klägerin sowie seiner Ehefrau setzte der Erblasser ein Vermächtnis i.H.v. ¼ seines Vermögens aus. Zudem ordnete er Testamentsvollstreckung an. Wegen des Wortlauts des handschriftlichen Testaments wird auf Bd. I Bl. 11 ff. d.A. Bezug genommen.

Das AG Naumburg - Nachlassgericht - bestellte zunächst Rechtsanwalt B. zum Testamentsvollstrecker. Dessen amtlich bestellter Vertreter, Rechtsanwalt K., erstellte am 28.3.2001 ein Nachlassverzeichnis. Wegen seines Inhalts wird auf Bd. I Bl. 14 ff. d.A. Bezug genommen.

Sodann wurde der Beklagte zu 2) zum Testamentsvollstrecker bestellt. Dieser erstellte unter dem 8.4.2002 eine korrigierte Aufstellung der Nachlasswerte. Wegen ihres Inhalts wird auf Bd. I Bl. 17 f. d.A. Bezug genommen.

Zu dem Nachlass gehört eine in R. gelegene Eigentumswohnung nebst Garage, die eine Größe von 75 qm hat und sich in einem im Jahr 1971 errichteten 5-geschossigen Mehrfamilienhaus befindet. Der amtlich bestellte Sachverständige Dipl.-Ing. J. erstellte für diese unter dem 12.3.2002 ein Wertgutachten. Wegen seines Inhalts wird auf Bd. I Bl. 30 ff. d.A. Bezug genommen.

Der Beklagte zu 2) zahlte aus dem Nachlass im Juni 2001 einen Betrag i.H.v. 100.000 DM an die Beklagte zu 1) aus. Ferner zahlte er jeweils 50.000 DM an die Klägerin und die Ehefrau des Erblasser sowie jeweils 5.000 EUR an die Schwester und den Bruder des Erblassers aus. Erbschaftssteuer wurde aus dem Nachlass i.H.v. 17.192,70 EUR gezahlt.

Ausweislich des Schreibens vom 26.12.2004 trat die Ehefrau des Erblassers, U. M., ihre Ansprüche gegen die Beklagten an die Klägerin ab. Wegen des Schreibens wird auf Bd. I Bl. 95 d.A. Bezug genommen.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, von den Beklagten aus eigenem und aus abgetretenem Recht der Ehefrau des Erblassers einen Betrag i.H.v. zweimal einem Viertel des gesamten Nachlasswertes beanspruchen zu können. Dieser errechne sich aus dem Grundsstückswert des Grundstücks in N. (270.000 DM), dem Bankguthaben (46.112,60 DM) und dem Wert einer Eigentumswohnung in R. i.H.v. 163.000 DM). Abzüglich der Verbindlichkeiten i.H.v. 90.675,49 DM ergebe sich ein Betrag von 388.437,11 DM. ¼ hiervon betrage 97.109,27 DM. Nach Abzug der bereits erhaltenen 50.000 DM ergebe sich ein jeweiliger Anspruch von 47.109,27 DM (24.086,59 EUR) für sie und für die Ehefrau des Erblassers.

Die Beklagten zu 1) und zu 2) hafteten auf den eingeklagten Betrag als Gesamtschuldner. Der Beklagte zu 2) habe seine Pflichten als Testamentsvollstrecker verletzt, da durch sein Handeln auf dem Nachlasskonto ein zum Ausgleich ihrer Ansprüche ausreichender Betrag nicht mehr vorhande...

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