Rz. 2

§ 23 Abs. 1 S. 1 RVG verweist auf die Regelung für das gerichtliche Verfahren. In den Fällen von Unterhalt und Zugewinn hat der Mandant i.d.R. keine Vorstellung, wie seine Ansprüche zu berechnen sind. Er kann aus seinem Tatsachenwissen nicht die nötigen rechtlichen Schlüsse ziehen. Er erwartet vom Anwalt nicht nur, dass er die Rechte durchsetzt, sondern zunächst, dass er ihm sagt, welche Rechte er hat. Für das Beratungsmandat stellt sich die Frage nicht mehr, weil es nicht nach Gegenstandswerten abgerechnet wird, wohl aber für die außergerichtliche Vertretung.

 

Rz. 3

Es ergeben sich folgende Situationen:

(1) Der Mandant kommt mit bezifferten Forderungen im Unterhalt oder Zugewinn (z.B. als Schuldner, wenn gegnerische Ansprüche bereits beziffert sind). In diesen Fällen ist die bezifferte Forderung der gebührenrechtliche Gegenstand (§§ 35, 51 FamGKG).
(2) Beziffert der Mandant oder der Gegner nicht, befindet sich der Anwalt in einer ähnlichen Lage wie dann, wenn er eine Stufenantrag erhoben hat und die Auskünfte ergeben haben, dass keine Ansprüche bestehen, die Leistungsstufe also nicht mehr beziffert wird. In diesen Fällen ist grundsätzlich Gegenstandswert, was sich der Antragsteller bei Einreichung des Antrags vorgestellt hat, wobei übersetzte, nicht nachvollziehbare Vorstellungen unberücksichtigt bleiben (vgl. Stufenantrag § 8 Rdn 150 f.). Diese Überlegungen kann man auf den Fall der außergerichtlichen Tätigkeit übertragen. Es würde der Aufgabe des Anwalts nicht entsprechen, den Mandanten an unvertretbar hohen Vorstellungen festzuhalten.[1]
(3) Was aber, wenn Vorstellungen des Mandanten nicht feststellbar sind oder wenn sich der Mandant keine Vorstellungen gemacht hat, außer der einen, dass ihm wohl etwas zustehen werde oder er etwas schuldig ist (sonst wäre er nicht zum Anwalt gegangen)? In diesen Fällen ist über § 23 Abs. 1 S. 1 RVG der § 42 FamGKG heranzuziehen.
(4) Ergibt sich, dass der Mandant keinen Zugewinnausgleichsanspruch hat, wohl aber der Gegner, kommt es auf den Auftrag an. Wollte der Mandant geklärt haben, ob er einen Zugewinnanspruch hat oder etwa seine Frau, ist wie bei Antrag und Widerantrag zu verfahren. Die Werte sind zu addieren, weil sich zwar die Ansprüche ausschließen aber wirtschaftlich nicht identisch sind (§ 39 Abs. 1 FamGKG).[2] War die Partei selbst schon zu der Überzeugung gekommen, dass die Zugewinnansprüche auf der Gegenseite liegen, sollen diese berechnet werden, geht es nur um den gegnerischen Anspruch. Wollte der Mandant seinen Zugewinnausgleichsanspruch ermittelt haben und ergibt sich, dass er gar keinen Anspruch hat, vielmehr der Ehegatte ausgleichsberechtigt ist, war das Mandat zunächst nur auf den evtl. Anspruch des Mandanten gerichtet. Sobald der Anwalt dann – wie zu erwarten – mit der Abwehr des gegnerischen Antrags beauftragt wird, ist ein zweiter Anspruch dazu gekommen. Beide werden zusammengerechnet, die Lage ist wie bei Antrag und Widerantrag.
[1] AnwK-RVG/N. Schneider/Thiel/Mock/Volpert, Anh. II Rn 263 ("aus dem objektiven Vortrag sich ergebende Erwartungen").
[2] HK-FamGKG/N. Schneider, § 39 Rn 9 Stichwort Zugewinn m.w.N.

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