Rz. 49

§ 2314 BGB stellt dem Wortlaut nach keine Rechtsgrundlage für Auskunftsansprüche des pflichtteilsberechtigten Miterben gegenüber weiteren Erben dar.[115] Als Miterbe ist dieser Gesamthänder und insoweit in der Lage, sich alle notwendigen Informationen hier selbst zu beschaffen. Gegebenenfalls besteht dann auch eine Mitwirkungspflicht der übrigen Miterben.[116]

 

Rz. 50

Ein Auskunftsanspruch besteht für den pflichtteilsberechtigten Miterben daher zunächst nur im Rahmen der gesetzlichen Rechtsgrundlagen

gegenüber dem Erbschaftsbesitzer gem. § 2027 BGB,
gegenüber dem Hausgenossen des Erblassers gem. § 2028 BGB sowie
gem. § 2057 BGB gegenüber Miterben im Hinblick auf erhaltene Zuwendungen.
 

Rz. 51

Weitere Kenntnisse über den Nachlass kann sich der pflichtteilsberechtigte Miterbe über den Grundsatz des § 2038 BGB, die gemeinschaftliche Verwaltung des Nachlasses, verschaffen. Hat hier ein Miterbe die Verwaltung alleine unter Ausschluss der Erbengemeinschaft geführt, so ist dieser entsprechend §§ 666, 681 BGB auskunftspflichtig.

 

Rz. 52

Um etwaige Unzulänglichkeiten zu vermeiden, wird dem pflichtteilsberechtigten Miterben aber ein Auskunftsanspruch gem. § 242 BGB zugebilligt.

Zitat

"In Fällen, in denen ein Recht auf Auskunft gegenüber den Verpflichteten die Rechtsverfolgung in hohem Maß erleichtert, oft überhaupt erst möglich macht, ist nach den Grundsätzen von Treu und Glauben dem Berechtigten ein Anspruch auf Auskunft bei Rechtsverhältnissen zu gewähren, deren Wesen es mit sich bringt, dass der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Rechts im Ungewissen, der Verpflichtete aber in der Lage ist, unschwer solche Auskünfte zu erteilen."[117]

 

Rz. 53

Demnach steht gem. § 242 BGB dem pflichtteilsberechtigten Miterben gegenüber den anderen beschenkten Miterben und beschenkten Nichterben ein Auskunftsanspruch im Hinblick auf lebzeitig vom Erblasser erhaltene Zuwendungen grundsätzlich zu.[118] Ein genereller Auskunftsanspruch zwischen Miterben kann aber auch aus § 242 BGB nicht hergeleitet werden; insoweit fehlt es an einer erforderlichen Sonderbeziehung.[119] Eine Auskunftspflicht besteht daher auch nicht hinsichtlich Umstände, die die Testierfähigkeit des Erblassers betreffen.

 

Rz. 54

Die Kosten für die Erfüllung des Auskunftsanspruchs fallen nicht wie bei § 2314 BGB dem Nachlass zur Last, sondern sind vom Auskunftsberechtigten selbst zu tragen.[120]

 

Rz. 55

Auch der Nacherbe ist wie der pflichtteilsberechtigte Miterbe nach dem Wortlaut des § 2314 BGB nicht auskunftsberechtigt. § 2121 BGB gibt dem Nacherben jedoch ein Recht auf Erstellen eines Verzeichnisses der zur Erbschaft gehörenden Gegenstände sowie einen Anspruch gem. § 2122 BGB auf Feststellung des Zustands der Erbschaft.

[116] BGH NJW 1973, 1866.
[117] BGHZ 61, 180, 184; BGHZ 97, 188.
[118] LM § 242 Nr. 131 = NJW 1993, 2737; BGHZ 108, 393, 395; Staudinger/Herzog, § 2314 Rn 39, Palandt/Weidlich, § 2314 Rn 5. A.A.: Sarres/Afraz, ZEV 1995, 433 f.
[119] BGH JR 1990, 16.
[120] Staudinger/Herzog, § 2314 Rn 40.

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